Editorial

Kein russisches Roulette mehr

(9.11.16) Die beiden russischen Forscher Azamat Karginov und Michael Agaphonov untersuchen Membranproteine von Hefezellen. Mit konventionellen Methoden konnten sie diese jedoch nicht in Immunoblots nachweisen.
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Den Russen wurde bei ihrer Analyse immer wieder zum Verhängnis, dass die empfindlichen Membranproteine in konventionell aufgearbeiteten Proben in zu geringer Menge vorliegen. So gelang es ihnen nur selten das Membranprotein Pho87 von Hansenula polymorpha mit einem Western Blot nachzuweisen. Meist erhielten sie nur eine schwache Bande für das komplette Membranprotein und eine starke, die sie als ein Abbauprodukt von Pho87 identifizierten.

Was also tun? Karginov und Agaphonov benötigten einen neuen Ansatz, mit dem sie die Membranproteine anreichern und im Immunoblot zuverlässig detektieren konnten. Den beiden war klar, dass das Kochen der Proben zu einer Aggregation der Membranproteine führen kann. Und aus ihren Erfahrungen mit löslichen Proteinen wußten sie, dass wiederholtes Kochen die Stabilität der Proteine ebenfalls negativ beeinflusst. Zudem gingen sie davon aus, dass SDS die Proteine anfälliger für die Hydrolyse durch vakuoläre Proteasen macht. So konnten sie komplettes Pho87 selbst dann nicht detektieren, wenn sie die Probe nicht in Lämmli-Puffer kochten und dem Lysat einen Protease-Inhibitor-Cocktail zugaben. Also drehten sie an den zwei Stellschrauben Temperatur und Pufferzusammensetzung und entwickelten ihr eigenes Protokoll für die Anreicherung von Membranproteinen (BioTechniques 61:260-61).

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Pho87 lässt sich aus der isolierten Membranfraktion mit einer Tischzentrifuge aufkonzentrieren. So erhält man aus Pflanzenmaterial sowie Hefezelllysaten eine für den Immunoblot geeignete Membranfraktion durch Zentrifugation (21000 x, 2 h beziehungsweise 16000 x g, 45 min). Durch eine erhöhte Salzkonzentration während des Zellaufbruchs wollten die zwei Forscher Pho87 vor dem Abbau schützen und gleichzeitig die Fällung stimulieren.

In Vorversuchen setzten sie unterschiedliche Ammoniumacetat-Konzentrationen (0, 1, 2 und 3 M) während der Zelllyse ein, inkubierten unterschiedlich lange (0.5, 1, 2 und 15 h) und variierten die Dauer der Zentrifugation bei 16000 x g (2, 10, 20 und 40 min). Hierbei fanden sie heraus, dass eine Inkubation für zwei Stunden mit 1 M Ammoniumacetat ausreichte, um die Fällung von Pho87 deutlich zu verbessern. Um das Kochen der Proben zu vermeiden und eine schnelle Denaturierung der zellulären Proteine einschließlich Proteasen sicherzustellen, benutzten sie einen SDS-Probenpuffer mit einer hohen Harnstoff-Konzentration als chaotropes Agens.

Fertig war ihr Drei-Schritt-Verfahren zur Probenvorbereitung von Membranproteinen. Doch wie gingen sie im Detail vor?

Im ersten Schritt suspendierten sie die Zellen (ca. 30 mg) in 100 ml Puffer (1 M Ammonium Acetat, 150 mM NaCl, 30 mM Tris-HCl-pH-Wert 7,5, 10 mM Phenylmethylsulfonylfluorid, 5 mM EDTA sowie ein Protease-Inhibitor-Cocktail). Die Zellen brachen sie durch Vortexen mit Glasperlen (4 °C, 7 min) auf, gaben anschließend 0,5 ml des Puffers zu und vortexten erneut. Danach entnahmen sie 0,5 ml des dispersen Überstands und kühlten diese für zwei Stunden auf Eis.

Im zweiten Teil des Protokolls zentrifugierten sie den aliquotierten Überstand (16000 x g, 10 min), um die enthaltenen Membranproteine zu pelletieren. Den Niederschlag wuschen sie mit 1 M NaCl, um restliche Ammoniumionen zu entfernen.

Anschließend lösten sie das Pellet unter Rühren bei Raumtemperatur in 200 ml Harnstoff-SDS-Probenpuffer (50 mM Tris-HCl pH 6,8, 2% SDS, 8 M Harnstoff, 1% 2Mercaptoethanol, 2 mM EDTA, 5% Glycerol, 0,004% Bromphenolblau). Restliches unlösliches Material entfernten sie durch Zentrifugation (16000 x g, 10 min).

Diesen Ansatz verglichen sie mit Routine-Methoden (Kochen in Lämmli-Probenpuffer nach dem Zellaufbruch mit Glasperlen oder nach alkalischer Behandlung). Hierzu analysierten sie mehrere Proteine von H. polymorpha (Pho87, Sup35, Pmr1, CPY, Gas1, Tpd3 und Tubulin) sowie Saccharomyces cerevisiae (Sup35, Sup45, Gas1, Hsp104, Rnq1 und Tubulin) mit Immunoblots.

Bei den membranassoziierten Proteinen Pho87, Pmr1 und Gas1 sowie Tpd3 und Tubulin führte die russische Probenvorbereitungs-Methode zu deutlich besseren Ergebnissen als mit den konventionellen Techniken. Die gemeinsame Fällung von Tpd3 und Tubulin führten die beiden auf Wechselwirkungen mit dem Spindelpolkörper zurück. Offensichtlich ist ein Teil von Tpd3 im Zellkern lokalisiert, was die Fällung erleichtert. Dass die zwei Russen Sup35 mit ihrer Methode nachweisen konnten bestätigt die frühere Beobachtung, dass dieses mit dem Tubulin-Zytoskelett assoziiert ist.

Bei den löslichen Proteinen (Hog1, CPY, Sup45, Hsp104 und Rnq1) schnitten jedoch die konventionellen Methoden besser ab. Die beiden Russen vermuten, dass diese Proteine im zweiten Schritt ihres Protokolls nicht mit pelletiert werden. In der Tat enthielten die Überstandsfraktionen die Proteine CPY und Sup45, die in der Pelletfraktion kaum nachzuweisen waren. Sie enthielten jedoch weder Pho87, Pmr1, Gas1, Tpd3 noch  Tubulin, die im Pellet angereichert waren. Lösten sie das Pellet bei Raumtemperatur in Harnstoff-Puffer auf (statt es wie üblich in Lämmli-Puffer zu kochen) konnten sie die gefällten Membranproteine, insbesondere Pho87, sicher nachweisen.

 

Irene Doering



Letzte Änderungen: 28.11.2016