Editorial

Warum heißt Ihre Firma eigentlich Eupheria, meine Herren?

(14.9.17) Rede und Antwort stehen die beiden Gründer des Dresdner RNA-Interferenz-(RNAi-)Start-ups Eupheria Biotech GmbH: der Systembiologe Frank Buchholz sowie der Betriebswirt Thomas Hadlak.
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Frank Buchholz und Thomas Hadlak (kleines Foto)
© Eupheria GmbH

'Euphoric for phenotypes' ist das Motto Ihrer Firma. Was macht Sie so euphorisch?

Frank Buchholz: Durch das Ausschalten von Genen durch RNAi entstehen unterschiedlichste Phänotypen, wie zum Beispiel Zelltod, Cell cycle arrest, Migrationdefekt, und so weiter. Das tolle bei RNAi ist ja, dass man über die Phänotypen sehr schnell und einfach auf Genfunktionen rückschließen kann. RNAi-Experimente lösen also eine "Euphorie" durch Phenotypen aus.

Und das spiegelt sich im Namen wider …

Buchholz: Das "Eu" ist von Euphoric, das "Phe" von Phenotypes, daraus haben wir dann "Eupheria" gemacht. Aber es gab damals noch viele weitere Vorschläge, zum Schluss wurde abgestimmt. Dieser Name hat am Ende das Rennen gemacht.

Thomas Hadlak: Ich glaube, wir hatten ursprünglich 30 oder 40 Vorschläge. Die haben wir dann abgeglichen, weil wir keinen Namen verwenden wollten, der in anderen Ländern oder Kulturkreisen negativ oder zweifelhaft besetzt ist, was andere Unternehmen manchmal schon leidvoll erfahren haben. Damit schieden bestimmte Kreationen aus. Letztendlich haben wir beim Marken- und Patentamt recherchiert, ob unser Name so anmeldbar ist oder es Interessenkonflikte gibt. Eupheria hat uns von Anfang an gut gefallen und auch jetzt, sieben Jahre nach der Gründung, sind wir noch immer sehr zufrieden damit.

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Was verkaufen Sie?

Buchholz: Unser erstes Produkt waren im Prinzip Endoribonuklease-präparierte siRNAs [short interfering RNAs, Anm. d. Red], kurz esiRNAs. Chemisch synthetisierte siRNAs sind sehr teuer. Ich habe damals in San Francisco mit einem Kollegen überlegt, ob man diese siRNAs nicht auch enzymatisch herstellen könnte. Wir haben dann das Protein RNase III aufgereinigt und dachten, damit müssten wir doch eigentlich auch lange doppelsträngige RNAs kleinschneiden können. Das hat tatsächlich funktioniert. Diese Technologie habe ich mit nach Dresden ans Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik genommen.

Wann haben Sie entschieden, jetzt ist es Zeit, eine Firma zu gründen?

Buchholz: Das kam aus der Wissenschaft heraus. Als ich 2002 nach Dresden kam, war die RNAi-Technologie in voller Blüte. Kurz zuvor war gezeigt worden, dass RNAi auch in Säugetierzellen funktioniert, wenn man kurze siRNAs einsetzt. Ich habe die Technologie dann weiter ausgebaut und erfolgreich gezeigt, dass man große Bibliotheken für Screenings herstellen kann, kostengünstiger als mit chemisch synthetisierten RNAs. 2004 haben wir das in Nature publiziert, als eine der ersten Gruppen, die wirklich genomweite RNAi-Screens in Säugetierzellen gemacht haben (doi: 10.1038/nature03159). Daraufhin haben wir viele Anfragen von Kollegen bekommen, die gerne diese Technologie nutzen wollten.

Die Nachfrage für die siRNAs stieg also merklich. Stießen Sie an Kapazitätsgrenzen?

Buchholz: Ja, und das wurde ein Problem für unser Labor. Als Wissenschaftler hat man ja auch eine Verpflichtung, Reagenzien mit Kollegen zu teilen. Und auf einmal war es so, dass sehr viele Ressourcen aus dem Labor praktisch dahin gingen, anderen Leuten diese esiRNAs herzustellen. Das hat unser Labor lahm gelegt. Aus dieser „Not“ heraus habe ich überlegt, wie wir das ändern können.

Nämlich?

Buchholz: Es gab damals einen Aufruf des BMBFs, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, namens GO-Bio, mit dem Ziel, akademische Projekte mit wirtschaftlichem Potential zu fördern. Wir haben diese GO-Bio-Förderung bekommen, und damit war klar, dass wir ausgründen würden.

Wer kauft Ihre Produkte?

Hadlak: Unsere Kunden kommen aus der ganzen Welt und sind im Wesentlichen in der forschenden Wissenschaft, sowohl Forschungsinstitute als auch Firmen, die Grundlagenforschung betreiben. Das heißt, es geht hier nicht um klinische Anwendungen. Dennoch haben wir in diesem Jahr zum Beispiel einen großen Auftrag von einem namhaften, eines des weltweit größten pharmazeutischen Unternehmen akquirieren können.

Sie haben mit Gene Silencing angefangen, jetzt bieten Sie auch Gene Editing Tools in Form von Crispr/Cas-Komponenten an, warum dieser Schritt?

Buchholz: Crispr/Cas9 ist ein sehr gutes zusätzliches Werkzeug. So kann man ein Gen komplett ausschalten, wohingegen mit RNAi ein Gen herunterreguliert wird, das sind also komplementäre Technologien. Zusätzlich braucht man für das Crispr/Cas-System eine RNA. Das passte einfach gut zu unserer Firma. Denn die Herstellung von RNAs, von vielen RNAs gleichzeitig, ist eine Kern-Expertise von Eupheria.

Hadlak: Das war aber auch eine strategische Entscheidung. Die Crispr/Cas9-Technologie ist sehr effizient und kostengünstig, sie verbreitet sich zügig. Wir haben uns die Frage gestellt, inwieweit RNAi als Technologie überhaupt noch interessant sein würde und ob hier etwas Neues entsteht, was unser bisheriges Brot-und-Butter-Geschäft gefährden könnte. Die Herausforderung war also, unser Portfolio abzurunden und etwaigen strategischen Risiken entgegenzutreten. Wir haben allerdings festgestellt, dass unsere Befürchtung, RNAi könne durch Crispr/Cas9 sogar obsolet werden, sich überhaupt nicht bestätigt. Das ist wirklich interessant.

Warum, glauben Sie, ist das so?

Hadlak: Wie Frank Buchholz sagte: Es sind komplementäre Technologien. Die Wissenschaftler nutzen nach wie vor eben auch RNAi; es ist eine sehr ausgereifte Technologie. Und die Forscher müssen feststellen, dass es auch mit Crispr/Cas9 Hürden gibt, die man erst einmal überwinden muss.

Die Fragen stellte Sigrid März

Steckbrief: Eupheria Biotech GmbH

Gründung: 2010

Sitz: Dresden

Mitarbeiter: 10

Produkt: Werkzeuge zur RNA-Interferenz (esiRNAs) und Gen-Editierung (Crispr/Cas-Komponenten).


Mehr über die Eupheria Biotech GmbH in der kommenden Laborjournal-Ausgabe  (Ausgabe 09/2017; erhältlich ab dem 15. September 2017)!

 



Letzte Änderungen: 06.10.2017