Färbelösung made in Südafrika
Kristallviolett (KV), das bisher vornehmlich aus der Färbung Gram-positiver Bakterien (Peptidoglykane) sowie DNA bekannt ist, funktioniert genau anders herum. Als kationisches Molekül bindet es an negativ geladene Aminosäuren und müsste sich daher auch zur Proteinfärbung eignen – dachte sich der südafrikanische Malaria-Forscher Dean Goldring von der University of KwaZulu-Natal in Pietermaritzburg, Südafrika und entwickelte mit zwei seiner Mitarbeiter eine neue KV-Färbelösung für SDS-PAGE-Gele und Zymogramme.
Das Forschertrio inkubierte SDS-PAGE Gele, die mit Proben aus E.coli-Lysaten beladen waren, nach der Elektrophorese mit einer Lösung aus 0,001% Kristallviolett in 10% Methanol und 1,5% Essigsäure. Nach dreißig Minuten tauchten gut sichtbare Proteinbanden auf, nach etwa zwei Stunden zeichneten sie sich vor einem sauberen und klaren Gel-Hintergrund ab. Erhitzte die Gruppe die Lösung auf 60°C, reichten bereits dreißig Minuten für eine anständige Färbung aus. Auf die bei CBB übliche Entfärbung kann man getrost verzichten – dank der wesentlich geringeren Farbdosierung (0,001% KV statt 0.1% CBB) ist sie nicht nötig.
Sensitive Kombination
Der wahre Vorteil der KV-Färbung ist aber die Sensitivität. Mit der KV-Lösung allein lassen sich sechzehn Nanogramm Protein nachweisen. Kombiniert man KV und CBB-Färbung, indem man die Färbung in einer Mixtur aus 0,001 % KV und 0,001% CBB, gelöst in 50% Methanol und 1,5% Essigsäure durchführt, lassen sich bereits zwei Nanogramm sichtbar machen.
Kristallviolett ist auch für Western Blots interessant. Anders als CBB, das den Proteintransfer gewaltig stört, beeinträchtigt KV die Wanderung der Proteine auf die Blotmembran nur marginal. Netter Nebeneffekt: Größenstandards (protein ladder) müssen nicht die teureren prestained Varianten sein. Wenn man will, kann man das Gel vor dem Transfer entfärben oder man entfärbt die Membran.
Zumindest für die Peroxidase/Luminol-basierte Detektion auf Nitrozellulose-Blots ist die KV-Färbehistorie kein Problem. PVDF haben die Forscher leider nicht getestet, ebensowenig wie alternative Detektionsmethoden. Bleibt also das Risiko, dass sich KV, etwa bei Infrarot-/Fluoreszenz-markierten Antikörpern, doch noch als Spielverderber erweist.
Einen direkten Beleg dafür, dass die Banden auf KV-gefärbten SDS-Gelen tatsächlich von Proteinen und nicht von DNA stammen, liefert das Trio zwar nicht. Goldrings Team geht jedoch davon aus, dass KV in SDS-Gelen keine DNA anfärbt. Der Grund hierfür ist der unterschiedliche pH-Wert von Agarose und SDS-PAGE-Gelen. In Agarose-Gelen, die für die Trennung von DNA verwendet werden, liegt er bei pH 8. In der von der Gruppe verwendeten KV-Färbelösung für SDS-PAGE-Gele dagegen bei pH 2,7.
Praktische Proteasen-Detektion
Die KV-Färbung ist auch praktisch für die Detektion von Proteasen mit Zymogrammen. Das Team belud nicht-reduzierende SDS-Gele, die Gelatine enthielten, mit Trypsin-Proben sowie einem Größenstandard. Nach der Elektrophorese färbte es die Gele zunächst mit einer Lösung mit geringer KV-Konzentration (0,00025%). Die hieraus resultierenden Banden lieferten den Größenstandard, den die Gruppe in einem Foto festhielt. Anschließend färbte sie das Gel in einer konzentrierteren KV-Lösung (0,01%), um die proteolytischen Spaltprodukte sichtbar zu machen, deren Größe sie mit mithilfe des Standards ermittelte.
Die KV-Färbung hat als sensitivere Alternative zur CBB-Färbung durchaus ihren Reiz. Solange man Proteinextrakte direkt miteinander vergleicht, lassen sich mit ihr qualitative und quantitative Aussagen treffen. Vorsicht ist aber geboten, wenn man Proteinmuster von KV- und CBB-gefärbten Gelen, etwa aus dem eigenen Laborbuch oder in Publikationen, gegenüberstellt. Einzelne Banden, die in KV-gefärbten Gelen der Gruppe auftauchten, fehlten in CBB-R250-gefärbten Gelen. Die Ursache hierfür könnte das gegensätzliche Bindungsprinzip der beiden Farbstoffe sein.
Andrea Pitzschke
Krause R. et al. (2018): Crystal violet stains proteins in SDS-PAGE gels and zymograms. Analytical Biochemistry, 566:107-15