Editorial

Extra-Anhänger mit eingebauter Schnittstelle

(27.03.2019) Für die Aufreinigung werden Proteine meist mit kurzen Peptid-Tags versehen. Mit einem zusätzlichen SNAC-Tag kann man sie problemlos wieder entfernen.
editorial_bild

Nach der Expression und Isolierung rekom­binanter Proteine müssen die hierbei eingesetzten Affinitäts-Tags meist wieder abgespalten werden. Die hierzu häufig eingesetzte enzymatische Spaltung mit Proteasen schont zwar das exprimierte Protein, hat aber dennoch ein paar Mankos. So müssen die Proteasen in der Regel wieder aus der Probe entfernt werden, was einen zusätzlichen Reinigungsschritt erfordert.

Zudem funktionieren die teilweise teuren Enzyme nicht immer und versagen zum Beispiel bei Membranproteinen, wenn die enzymatische Erkennungssequenz nahe an der hydro­phoben Proteindomäne liegt. Hinzu kommt, dass die verwendeten Proteasen oft von Detergenzien und denaturierenden Substanzen außer Gefecht gesetzt werden, die für die Solubilisierung von Membranproteinen nötig sind.

Editorial
Unspezifisch und zu heiß

Die unerwünschten Anhängsel kann man aber auch auf chemischem Weg wieder los­werden. Altbekannt ist zum Beispiel die Spaltung von Proteinen mit Bromcyan, das aber sehr unspezifisch spaltet und nur einzelne Methionin-Reste erkennt. Deutlich genauer sind Systeme, die auf Metall-Ionen basieren. So kappen zum Beispiel Ni 2+-Ionen das Sequenz-Motiv XSXHZ, wenn es vor einem Serin-Rest liegt. Allerdings sind hierzu über mehrere Stunden Temperaturen von 50°C nötig, was für die exprimierten Proteine nicht gerade ideal ist.

Ein Team um den Membranprotein-Spezialisten William DeGrado von der University of California, San Francisco hat sich die chemische Abspaltung von Protein-Tags deshalb genauer angesehen und eine neue Tag-Sequenz entwickelt, die sich auch unter physio­logischen Bedingungen sehr leicht abtrennen lässt. Dazu konstruierte die Gruppe zunächst eine Phagen-Bibliothek, die aus Hexapeptiden bestand, die zwischen einem N-terminalen AVI-Tag und dem pIII-Protein des M13-Phagen angeordnet waren.

Effektiver Schnitt

Mit einem Phagen-Display selektionierte sie anschließend Peptid-Sequenzen, die sich von verschiedenen Metallionen (Ni 2+, Zn 2+, Co 2+, Cu 2+ und Mn 2+) möglichst schnell und bei niedriger Temperatur spalten ließen. Dabei erhielten sie die Konsensus-Sequenz -GSHHTDLP-, die von Ni 2+-Ionen sehr effektiv geschnitten wurde: neunzig Prozent der Test-Peptide, die diese Sequenz enthielten, wurden bei Raumtemperatur und einem pH-Wert von 8,2 innerhalb von achtzehn Stunden gespalten.

DeGrados Team spielte noch etwas mit der Sequenz herum und tauschte weitere Amino­säuren aus, um sie zu optimieren. Herauskam schließlich das Motiv GSHHW, das sich perfekt als sequenzspezifischer Nickel-assistierter Schnittstellen-Tag oder kurz SNAC-Tag eignet.

Der SNAC-Tag funktioniert auch in schwierigen Fällen, etwa bei der Abspaltung eines His-Tags von großen globulären Proteinen oder bei der Spaltung von T4-Lysozym-Fusions-Membranproteinen, in denen Proteasen mehr oder weniger komplett versagen. Er ist zudem kompatibel mit milden Detergenzien und kann auch unter denaturierenden Bedingungen eingesetzt werden, zum Beispiel mit 6M Guanidinium­chlorid oder 8M Urea. Auch bei der Nickel-Affinitäts-Säulenchromato­graphie mit His-getaggten Proteinen wird der SNAC-Tag zuverlässig geschnitten, wodurch das Protein von der Säulenmatrix gelöst wird.

Die optimalen Reaktionsbedingungen sind: etwa 1mg/ml Protein, 1 mM NiCl 2, 0,1 M CHES Puffer, 0,1 M Acetonoxim, pH 8,6 (mit nur geringen Einbußen bei leichten pH-Schwankungen), Inkubation bei Raumtemperatur und 0,1 bis 0,5 M NaCl.

Miriam Colindres

Dang B. et al. (2019): SNAC-tag for sequence-specific chemical protein cleavage. Nature Methods, 16:319–322



Letzte Änderungen: 27.03.2019