Editorial

Bunte Virus-Detektion

(06.05.2020) Ein Cas13-basierter Assay kann 169 verschiedene humane Viren-Spezies unterscheiden und selektiv nachweisen.
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Die CARMEN-Mikrotiterplatte mit hunderten Miniaturvertiefungen

Kommen in einer Patienten­probe verschiedene Viren als Erreger in Frage, muss diese entsprechend viele verschie­dene Tests durchlaufen. Bei den unzähligen Viren-Spezies, die Menschen infizieren können, ist dies eine ziemliche Mammut­aufgabe.

Einfacher wäre es, wenn man viele verschie­dene Viren parallel detektieren könnte. Ein Forscher­team um das Multitalent Pardis Sabeti (sie singt in ihrer Freizeit bei der Band Thousand Days) vom Broad Institute entwickelte deshalb die Test-Plattform CARMEN-Cas13 (Combinatorial Arrayed Reactions for Multiplexed Evaluation of Nucleic Acids), die 169 Viren-Spezies gleichzeitig detektieren kann – darunter auch SARS-CoV-2.

Für CARMEN-Cas13 wird die Viren-Zielsequenz mit spezifischen Primern amplifiziert und mit einer CRISPR-Cas13-basierten Strategie nachge­wiesen. Hierzu wird Cas13 mit einer crRNA zur komple­mentären Zielsequenz geführt. Ist in der Probe eine komple­mentäre Sequenz enthalten, dockt die crRNA an diese an und aktiviert die Nuklease-Funktion der mitgeführten Cas13. Anders als Cas9 schneidet Cas13 aber nicht vor Ort, sondern schnippelt wahllos herum. Das macht sie zum perfekten Reporter-Enzym. Als Substrat schiebt man ihr eine RNA unter, die an einem Ende eine fluoreszierende Gruppe und am anderen einen Quencher trägt. Zerschneidet Cas13 die RNA, fluoresziert diese und zeigt hierdurch eine positive Probe an.

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Viele Proben, ein Reporter

Wie aber kann man die vielen Proben mit nur einem Reporter-Molekül auf dutzende Viren gleichzeitig untersuchen? Der Trick besteht darin, sowohl die amplifizierten Proben als auch die crRNAs, mitsamt Cas13 sowie Fluoreszenz-Reporter (Detek­tionsmix), in winzigen, mit AlexaFluor-Farbstoffen codierten Tröpfchen unter­zubringen. Farbstoff- und Nuleinsäure­moleküle sind hierbei nicht kovalent verbunden, sondern liegen nur im selben winzigen Tröpfchen vor.

Für die Farbcodierung füllt man einen 8er-PCR-Streifen mit den verschie­denen Proben und einen weiteren mit dem Detektionsmix der unter­schiedlichen crRNAs. In jedes Tube gibt man anschließend eine individuelle Farb­lösung sowie eine fluorhaltige Ölver­bindung als Tensid. Ein automatischer Tröpfchen­generator generiert danach aus den Ansätzen Emulsionen.

Da man anhand der Fluoreszenz­farbe von jedem Tröpfchen weiß, welche Probe beziehungs­weise crRNA es enthält, kann man alle 64 Emulsionen in einem gemeinsamen Tube poolen. Anschließend spült man die Lösung über eine spezielle Mikrotiter­platte. Diese enthält hunderte Miniatur­vertiefungen, in denen jeweils zwei Tröpfchen Platz finden.

Farbcode entlarvt Virus

Sind alle Tröpfchen in den Wells eingelocht, stellt man mit einem Fluoreszenz-Mikroskop ihre Identität fest. Mithilfe eines elektrischen Feldes werden die Tröpfchen danach vereint, wodurch die Cas13-Detektions­reaktion eingeleitet wird. Anhand des Farbcodes kann man schließlich heraus­finden, welches Virus sich hinter einer positiven Reaktion verbirgt.

Sabetis Gruppe hatte ihr Manuskript schon vor dem Ausbruch von SARS-CoV-2 eingereicht. Während des Peer Reviews entwickelte sie aber auf die Schnelle noch ein Coronavirus-Test-Panel, das auch SARS-CoV-2 enthält. Mit diesem können mehr als 400 Proben parallel getestet werden.

Andrea Pitzschke

Foto: Michael James Butts (MIT)

Ackerman C. et al. (2020): Massively multiplexed nucleic acid detection using Cas13. Nature, DOI: 10.1038/s41586-020-2279-8





Letzte Änderungen: 06.05.2020