Editorial

Tausendmal billiger als ein ELISA

(12.05.2021) Schweizer Forscher übertrugen den klassischen ELISA für den Nachweis von SARS-CoV-2-Antikörpern auf einen Mikrofluidik-Chip mit 1.024 Kammern.
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Grundlage des Tests ist eine vereinfachte MITOMI-Mikrofluidik-Plattform

Getestet, geimpft oder genesen – wer zur Gruppe der „3G“ gehört, genießt bald Privilegien. Für den Weg zur ersehnten Normalität ist aber die Frage umso wichtiger, wie es um die Herden­immunität steht, und wer nach einer Infektion Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet hat. Hier hilft nur eine massen­taugliche Test­strategie. Möglich wäre diese mit einem Hochdurchsatz-Immunoassay im Nanomaßstab, den Sebastian Maerkls Gruppe von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne zusammen mit Isabella Eckerle von der Universität Genf entwickelt hat.

Herzstück des Schweizer Nanoimmuno­assays (NIA) ist ein wenige Zentimeter großer rechteckiger Mikrofluidik-Chip, auf dem 1.024 Einzelzellen eingearbeitet sind (Methods Mol Biol, 786:97-114). Jede Zelle enthält eine kreisförmige Spotting-Kammer und direkt darüber eine über winzige Nanoventile mit dieser verbundene Immunoassay-Kammer. In der Spotting-Kammer landen die Patienten­proben, das eigentliche Test­geschehen spielt sich jedoch in der Immunoassay-Kammer ab. Der darin stattfindende Nanoimmuno­assay ist wie ein klassischer Sandwich-ELISA aufgebaut: Ein biotinylierter anti-His-Maus-IgG, der ein His-getaggtes SARS-Cov-2-Spike-Protein erkennt, wird an dem Avidin-beschichteten Boden der Kammer verankert. Enthält die Patienten­probe anti-Spike-IgG, binden diese an das Spike-Protein und werden schließlich mit einem Fluoreszenz-markierten anti-Mensch-IgG nachgewiesen.

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Serum-Kleckse auf Glasplättchen

Doch wie schafft man es, dass die hierfür nötigen Reaktionen in allen 1.024 Kammern des Mikrofluidik-Chips gleichzeitig ablaufen? Die erste Aufgabe übernimmt ein Microarray-Spotter, der die Serumproben der Patienten im Kontakt-Printing-Verfahren auf ein Glas­plättchen aufträgt. Danach wird der Mikrofluidik-Chip exakt auf der Glasplatte mit den Serum-Klecksen ausgerichtet und mit dieser verklebt. Anschließend geht es weiter mit den Vorberei­tungen der Immunoassay-Kammern für die Mini-ELISAs, bei denen die Ventile zwischen Spot- und Immunoassay-Kammern noch verschlossen bleiben.

Zunächst wird eine BSA-Biotin-Lösung durch die Mikrokanäle geleitet, gefolgt von einer Avidin-Lösung, um die Oberfläche der Immunoassay-Kammern mit Avidin zu beschichten. Auf dem Avidin haften die im nächsten Schritt eingeleiteten biotinylierten anti-His-Maus-IgG. Fehlt nur noch eine Lösung mit dem His-getaggten SARS-CoV-2 Spike-Protein, die anschließend durch die Immunoassay-Kammern fließt. Erst danach werden die Sperrventile zu den Spotting-Kammern geöffnet, wodurch die angetrock­neten Proben resolubilisiert werden. Sind darin anti-Spike Antikörper enthalten, binden sie an das in den Immmuno­assay-Kammern immobilisierte SARS-CoV-2 Spike-Protein und werden schließlich, nach erneutem Verschließen der Ventile, mit dem Fluoreszenz-markierten Sekundär­antikörper nachgewiesen.

Kleinste Probenmengen reichen

Für den Nanoimmuno­assay sind nur winzige Mengen Blut notwendig. Die Schweizer testeten deshalb, ob er auch mit Proben funktioniert, die von kommerziellen Blutproben­sammel-Kits (10 µl) oder simplen Glukose-Teststreifen stammten. Tatsächlich genügten für den Assay schon 0,6 Mikroliter Blut auf einem Glukose-Teststreifen, die bei Raumtemperatur sechs Tage stabil blieben. Um die Proben abzulösen, schnitten die Forscher die Teststreifen in kleine Stücke, die in Eppendorf-Gefäße passten, und eluierten das Blut über Nacht bei 4°C mit einer PBS/Tween-Lösung. Danach pipettierten sie die Proben in eine Mikrotiter­platte, aus der sie der Microarray-Spotter entnehmen konnte.

Sensitivität und Spezifität des Nanoimmuno­assays sind mindestens so gut wie bei klassischen ELISAs, die Kosten sind aber um den Faktor 1.500 niedriger. Die Schweizer schätzen, dass ein Labor­mitarbeiter mit der NIA-Apparatur an einem Tag 1.024 Proben analysieren kann. Ihrer Meinung nach wäre er auch für Massentests geeignet. Dazu müsste man einen Mini-Kit mit einer sterilen Nadel und einem Glukose-Teststreifen an Haushalte verteilen. Diese könnten die getrockneten Streifen mit den Proben an ein zentrales Labor schicken oder in einer Apotheke abgeben. Spätestens nach einer Woche läge dann das Ergebnis vor.

Andrea Pitzschke

Swank Z. et al. (2021): A high-throughput microfluidic nanoimmunoassay for detecting anti–SARS-CoV-2 antibodies in serum or ultralow-volume blood samples. PNAS, 118(18):e2025289118

Bild: Sebastian Maerkl/2021 EPFL





Letzte Änderungen: 12.05.2021