Editorial

Inkontinenz am Inn: Von Blinden, Standhaften und Süppchenkochern (7)

Was bisher geschah: Eine Phase III Studie wurde der EK nicht zur Stellungnahme vorgelegt und dennoch publiziert. Hrabcik vom Gesundheitsministerium blamiert sich mit einem Brief, der die Autoren der Studie entlastet aber juristisch unhaltbar ist.

Es stellt sich heraus, dass an der Studie auch sonst einiges nicht stimmt. Als Glossmann versucht, sich Klarheit über den Phase II Antrag zu verschaffen, erstatten Strasser und Bartsch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und legen Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Polizei und AGES ermitteln.

(23.12.2008) Folge 7 (April - Mai 2008): Strasser klagt, Bollmann klagt, Bartsch klagt

Am 1. April 2008, vielleicht ausgelöst durch den Besuch der AGES Inspektoren bei Innovacell, reichte Hannes Strasser über seinen Anwalt Czernich beim Landesgericht Innsbruck eine Feststellungsklage gegen die MUI ein. Strasser wollte gerichtlich bescheinigt haben, dass er am 14.2.2001 bei der EK eine Phase III Studie eingereicht habe. Der Anwalt der MUI wies nach, dass dieses Begehren juristisch unzulässig sei, worauf Czernich seine Klage änderte. Er will jetzt beweisen, dass die Kopie des Phase III Antrags identisch sei mit dem Original. Wie er den Beweis führen will - es existiert kein Original -, bleibt Czernichs Geheimnis.

Parallel zu der Auseinandersetzung zwischen Bartsch/Strasser/Czernich und Scheil/Glossmann hatte der Rechtsanwalt Dieter Bollmann, er wurde von Strasser erfolglos mit Urocell behandelt, die TILAK Mitte 2006 auf Schmerzensgeld und Spesen verklagt. Er sei von Strasser nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass es sich bei Strassers Inkontinenz-Therapie um eine experimentelle, wissenschaftlich nicht anerkannte Methode handele. Bollmann war am 24. September 2006 in 1. Instanz vom Bezirksgericht Innsbruck abgewiesen worden, jedoch beim Landgericht in Berufung gegangen. Dieses hatte am 10. Januar 2007 der Berufung stattgegeben und die Sache zurück ans Bezirksgericht verwiesen. Am 8. April 2008 kam es dort zur Verhandlung. Andreas Scheil sagte als Zeuge aus. Das Gericht vertagte auf den 8. Mai 2008.

Georg Bartsch, der nach der Verhandlung eine Pressekonferenz geben wollte, erhielt vom Rektor und der TILAK Redeverbot. Auf der Sitzung des Universitätsrats am 22. April 2008 durfte Bartsch dann doch seinen Standpunkt vertreten. Ob er die Anhörung erbeten hatte oder dazu vorgeladen worden war, ist unklar. Was Bartsch dem Rat vortrug, wurde EK-Mitglied Glossmann auf seine schriftliche Nachfrage bei der Ratsvorsitzenden Fischer nicht mitgeteilt. Die Presse (Echo am Freitag) will es jedoch erfahren haben: Es sei wieder von Glossmanns Brief an Lancet und der angeblichen Mitgliedschaft von Marksteiner an Glossmanns Institut die Rede gewesen. Gegen Bartsch und Strasser sei eine Intrige geplant.

Kurz vor dem zweiten Prozesstermin Bollmann gegen TILAK am 8. Mai 2008 erhält die Polizei, diesmal praktischerweise direkt, ein Email mit angehängten PDF von "nichtsalsdiewahrheit" unterschrieben von "Aufrichtige Mitglieder der Medizinischen Universität Innsbruck". Es enthält die alten Behauptungen, die in Lancet publizierte Studie sei angemeldet gewesen, die EK habe sich für nicht zuständig erklärt, Glossmann habe versucht, die Lancet Publikation zu torpedieren, Glossmanns Verlangen nach Details der Urocell Herstellung sei illegal etc. Neu ist der Vorwurf, Glossmann habe als Miteigentümer der Firma Biocrates ein Interesse daran, Urocell bzw. Innovacell zu vernichten. Biocrates ist eine österreichische Biotechfirma, die sich auf Metabolomics spezialisiert hat und einen Kit vertreibt, mit dem sich massenspektrometrisch aus einigen Mikrolitern Plasma innert einiger Minuten 160 Metaboliten bestimmen lassen. An Zelltherapien forscht Biocrates nicht. Schon zuvor, am 30. April 2008, war in der Kronen Zeitung ein Artikel erschienen, der Glossmann auf Grund seiner Biocrates Beteiligungen Befangenheit vorwarf und anscheinend auf den Unterlagen beruht, die dem anonymen Email der "Aufrichtigen Mitglieder" angehängt waren.

Die Verhandlung im Bollmann Prozess am 8. Mai und das Redeverbot für Bartsch lösen ein Rauschen im Blätterwald aus: Österreichische Ärztezeitung, Kronen Zeitung, Tiroler Tageszeitung berichteten und auch ausländische Medien, wie der Focus. Strassers Vorwurf einer Intrige Glossmanns gegen ihn fand bei der österreichischen Presse teilweise Gehör, bei der ausländischen, insbesondere beim Focus, nicht. Letzterer wurde prompt von Bartsch wegen unrichtiger Sachverhaltsdarstellung verklagt.



Hubert Rehm

Kleine Weihnachtspause bis 29. Dezember.



Letzte Änderungen: 23.12.2008