Editorial

Laborgeschichten (3) - Spurenelemente

Spurenelemente finden sich nur in geringen Mengen im Körper - daher der Name. Dieses "in geringen Mengen" sollte man auch beim Anrühren einer Spurenelement-Lösung immer auf dem Schirm haben, wenn keine Elementsoße daraus werden soll.

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(1. Oktober 2010) "Was ist das?" fragt Betreuer R. beim Anblick der trüb-rosa Flüssigkeit auf dem Rührer. "Spurenelement-Lösung", antwortet Diplomandin A.. "Wieso sieht das so aus?" fragt R.. "Ist noch nicht aufgelöst", erklärt die Diplomandin. "Was hast Du da rein getan?" will er wissen. A. hätte gerne geantwortet "Spurenelemente", entscheidet sich aufgrund des zweifelnden Gesichtsausdruckes ihres Betreuers aber für ein kleinlautes "Das, was auf dem Blatt stand".


Diplomandin A. sollte nach folgenden Angaben aus einem alten Protokoll eine 100-fache Spurenelement-Lösung herstellen:

 

g/l
 
58 500 EDTA
180 MnCl2 ·4 H2O
140 H3BO3
14 ZnCl2
48 Na2MoO4 ·2 H2O
48 CoCl2 ·6 H2O
120 NiCl2 ·2 H2

 

Der Betreuer sagt noch: "Pass auf, das sind Milligramm!" – "Ja klar, Gramm wären ja auch ein bisschen viel...", murmelt A. in ihren Bart.

 

EDTA, Magnesiumchlorid und Borsäure ließen sich problemlos aus den großen Dosen entnehmen. Vom Zinkchlorid war mehr als eine halbe Dose nötig, aber zum Glück war noch genug da – Spurenelement-Lösung stellt man ja auch nicht ständig her. A. denkt noch bei sich, dass man wohl bald mal wieder was bestellen müsste. Wundert sich aber nicht weiter über die Mengen. Beim Molybdänhydrat ist die Dose dann wieder angemessen groß.

 

Cobaltchlorid jedoch macht Probleme. Die Dose hätte voll sein müssen, um genug herzugeben. Ist sie aber nicht. Also die halbfertige Brühe erst mal auf den Rührer und intensiv nachdenken.

 

Bevor A. eine brauchbare Lösung für das Problem findet, kommt R. schon wieder um die Ecke. Wie sich herausstellt, sind die Gramm weder Gramm noch Milligramm, sondern Mikrogramm. Das Hexengebräu ist unbrauchbar. Tausendfach überkonzentriert. Eine Verdünnung kommt wegen der großen Wägeungenauigkeiten nicht in Frage. Also alles wieder neu. Die restlichen Chemikalien reichen lässig für eine neue Lösung – man braucht ja auch nur Spuren davon.

 

Valérie Labonté



Letzte Änderungen: 04.03.2013