Editorial

Weißbier vor dem Marathon

Ist Weißbier gut für's Training? Münchner Forscher überprüften eine alte Sportlerweisheit.

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Bayerische Sportlermahlzeit

(26. August 2011) Eignet sich alkoholfreies Weißbier als Getränk für Marathonläufer? Sportmediziner um Johannes Scherr von der Technischen Uni München (TUM) führten Tests mit Teilnehmern des München-Marathons durch. Für die Studie – gesponsert von einer ortsansässigen Brauerei – hatten die Probanden über fünf Wochen hinweg täglich eine bis anderthalb Maß alkoholfreies Weißbier zu trinken. Anscheinend senkten Inhaltsstoffe aus dem Weißbier bei den Läufern Entzündungsreaktionen und ließen sie seltener Erkältungen bekommen.

 

Das Immunsystem von Sportlern ist nach intensiven Trainingsphasen besonders anfällig für Infekte der oberen Atemwege und allgemeine Entzündungen. Schon länger wurde vermutet, dass pflanzliche Polyphenole dem entgegenwirken. Diese sind entzündungshemmend, anti-oxidativ und anti-pathogen, zudem interagieren sie in Signalwegen, die an der Zellteilung und -proliferation oder der Apoptose beteiligt sind. Zu den Polyphenolen zählen unter anderem Farb- oder Gerbstoffe aus dem Sekundärstoffwechsel der Pflanze, beispielsweise Flavonole oder Gallussäure, die natürlicherweise in pflanzlichen Lebensmitteln und auch in Bier vorkommen. Verschiedene Biersorten enthalten zwischen 366 und 875 Milligramm Polyphenole pro Liter (Piazzon et al., J Agric Food Chem 2010, 58(19):10677–83). „Bei uns in Bayern wird ja schon seit längerem postuliert, dass sich alkoholfreies Weißbier als isotonischer Durstlöscher bei Sport eignet – das war aber bisher noch nicht nachgewiesen. Daher lag es nahe, die positiven Eigenschaften, die Polyphenolen nachgesagt werden, zu untersuchen“, erklärt Erstautor Scherr die Idee hinter der Forschung.

An der „Be-MaGIC“-Studie (Beer, Marathon, Genetics, Inflammation and the Cardiovascular System) nahmen 277 Läufer teil. Die Probanden waren allesamt Männer von durchschnittlich 42 Jahren und mussten drei Wochen vor dem München-Marathon 2009 und zwei Wochen danach täglich 1 bis 1,5 Liter alkoholfreies Weißbier trinken. Die Hälfte der Gruppe erhielt doppelt verblindet ein extra gebrautes Placebo, das keine Polyphenole enthielt, aber laut Angabe der Autoren geschmacklich kaum vom Original zu unterscheiden war. Scherr und Co. entnahmen den Sportlern regelmäßig Blutproben, um Entzündungsparameter zu bestimmen. Zudem führten die Sportler selbst in den beiden Wochen nach dem Lauf Protokoll über Erkältungssymptome.

Heraus kam: Die Läufer, die im Experiment das alkoholfreie Weißbier getrunken hatten, bekamen in den zwei Wochen nach dem Marathon rund dreimal seltener eine Erkältung, als die aus der Kontrollgruppe, die das Placebo erhalten hatten. Wurden sie doch krank, waren die Symptome leichter. Auch die Pegel der Entzündungsparameter im Blut waren niedriger. So war die Konzentration an Interleukin 6 (IL-6) direkt nach dem Lauf bei ihnen signifikant niedriger als bei der Kontrollgruppe, die Gesamtleukozytenzahl lag nach dem Lauf und 24 Stunden später um 20 Prozent niedriger (Scherr et al., Med Sci Sports Exerc 2011 [Epub ahead of print]).

Die Autoren – selbst Marathonläufer – schließen daraus, dass der Konsum von alkoholfreiem Weißbier in der entsprechenden Menge bei Marathonläufern nach einem Rennen allgemeine Entzündungsreaktionen und Erkältungssymptome lindert.

Der nächste München-Marathon ist übrigens am 9. Oktober. Das heißt es ist noch genügend Zeit um sich mit einer Weißbierkur optimal darauf vorzubereiten!


Valérie Labonté
Bild: Rob Stark/Fotolia.com



Letzte Änderungen: 04.03.2013