Editorial

Und wieder grüßt das Murmeltier...

Am 27.10.2004 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Hochschule beschlossen. Es geht, Sie ahnen es, um den Juniorprofessor.

(28.10.2004) Das Bundesverfassungsgericht hatte Ministerin Bulmahn am 27. Juli 2004 einen Prügel zwischen die Beine geworfen: Sie habe mit der Abschaffung der Habilitation ihre Kompetenzen überschritten, den genauen Weg zum Professur festzulegen sei Ländersache. Damit war die mit soviel Mühsal, Streit und Intrigen (siehe "Forschen auf Deutsch" 4. Auflage, die mit dem Rollmops) durchgeboxte 5. HRG-Novelle nichtig. Frau Bulmahn hat nun zwei Probleme. Es sind Rettungsprobleme.

Zum einen muss sie verhindern, dass sich Forscher aus dem Befristungsrecht retten, indem sie sich auf Dauerstellen einklagen. Dazu setzt sie die bisherigen Befristungsregelungen rückwirkend zum 23.2.2004 wieder in Kraft. Zudem verlängert sie die Übergangsregelung zum Befristungsrecht. Die sollte am 28.2.2005 auslaufen, dauert nun aber bis zum 29.2.2008.

Zum anderen muss Frau Bulmahn den Juniorprofessor retten. Da die Erfahrung zeigt, dass sich Juniorprofessur und Habilitation gegenseitig ausschließen, heißt Rettung der Juniorprofessur aber auch Abschaffung der Habilitation. Doch Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen werden nicht das Bundesverfassungsgericht angerufen haben, um dann in der Habilitationsfrage doch nachzugeben.

Wie packt Frau Bulmahn dieses Problem an? Der verschwurbelten Sprache ihrer Presseerklärungen ist das nicht zu entnehmen. In der Tat scheint ihr dazu nichts eingefallen zu sein. Im Paragraph 44 der Änderung steht zu "Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen und Professoren":

Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen und Professoren sind neben den allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich

1. ein abgeschlossenes Hochschulstudium,

2. pädagogische Erfahrung

3. besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die in der Regel durch die Qualität einer Promotion nachgewiesen wird, oder besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit, und

4. darüber hinaus je nach den Anforderungen der Stelle:

- a. zusätzliche wissenschaftliche Leistungen,

- b. zusätzliche künstlerisch Leistungen, oder

- c. besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mehrjährigen beruflichen Praxis.

Es können also "zusätzliche wissenschaftliche Leistungen" gefordert werden. Damit ist die Habilitation gemeint.

Was schließen wir daraus?

Der eigentliche Kampf um den Kernpunkt der Reform, die Abschaffung der Habilitation, steht noch aus. Der findet wohl hinter den Kulissen der Kultusministerien der Länder statt. Wir wünschen der Ministerin dabei viel Erfolg!

Siegfried Bär



Letzte Änderungen: 28.10.2004