Wurm-Monitoring im Karton
(20.01.2021) Ein ausrangierter Karton, ein USB-Mikroskop und etwas Klebstoff – vielmehr ist nicht nötig, um ein C.-elegans-Tracking-System für Praktika zu basteln.
Gut 22 Jahre ist es her, dass mit dem Wurm Caenorhabditis elegans der erste Vielzeller vollständig sequenziert wurde. Der nur einen Millimeter lange, unscheinbare Fadenwurm ist dank überschaubarer Zellzahl, bescheidenen Ansprüchen und kurzer Generationszeit ein beliebter Modellorganismus von Zell- und Entwicklungsbiologen. Das Würmchen eignet sich aber auch als Untersuchungsobjekt für Praktika in Schule und Studium. Die Studenten können zum Beispiel die Verhaltensweisen des Wurms beobachten und hieraus eigene Experimente entwickeln.
Wissenschaftler, die sehr exakte und statistisch auswertbare Daten von Experimenten mit C. elegans verlangen, benötigen für diese natürlich ein professionelles Tracking-System. Für viele Praktika dürfte aber die selbstgebastelte Beobachtungsstation ausreichen, die sich Nicholas Leonard und Andrés G. Vidal-Gadea von der Illinois State University ausgedacht haben.
Gleiches Prinzip
Dem Wurm-Tracking-System der beiden liegt das gleiche Beobachtungsprinzip zugrunde, wie bei kommerziellen Imaging-Systemen: Die Agarplatten, auf denen die Würmer wachsen, werden in einer verschließbaren Kammer auf eine Unterlage gestellt und von unten beleuchtet. Von oben ragt das Objektiv eines Mikroskops in die Kammer, das Bilder des Wurms liefert und diese an einen Computer zur Auswertung weiterleitet. Eine entsprechende Software sammelt die empfangenen Bildinformation und übersetzt sie in nutzerfreundliche Daten.
Im Gegensatz zu kommerziellen Geräten besteht die DIY-Wurm-Arena aber aus wesentlich schlichteren Materialien, die nur wenige Euro kosten. So werden die Bauteile für die Beobachtungskammer anhand einer Schablone ganz einfach aus stabilem Karton herausgeschnitten und mit Klebstoff zusammengefügt. Als optisches System dient ein handliches USB-Mikroskop, das in eine Kartonlasche eingewickelt und danach über dem „Probentisch“ der Kammer aufgehängt wird. Als Probentisch fungiert ein U-förmig gefalteter Kartonstreifen mit einem Loch in der Mitte, durch das die Probe von unten mit einer LED-Lampe beleuchtet wird. Um das Licht gleichmäßig zu verteilen wird das Loch einfach mit einem Küchenpapier abgedeckt.
Kriech- und Schlängelparameter
Über einen USB-Anschluss gelangen die Aufnahmen der Würmer als avi- oder TIFF-Dateien zu einer Tracking-Software, welche die Bilder auswertet. Da das bei Wurmforschern sehr beliebte Tracking-Programm TIERPSy zu große Anforderungen an das Computer-System stellt, verwendeten die beiden Amerikaner das einfacher zu installierende Programm wrMTrck (www.phage.dk/plugins/wrmtrck.html). Das Programm ist kostenlos und kann wichtige Parameter wie Wurm-Größe, Kriechgeschwindigkeit oder Schlängel-Frequenz bestimmen. Dafür braucht man im Zweifelsfall nicht einmal einen Computer, ein Smartphone mit entsprechender App kriegt das auch hin. Wie das Wurm-Tracking mit wrMTrck funktioniert, wird in entsprechenden Tutorials erklärt (als PDF oder Video).
Andrea Pitzschke
Leonard N. & Vidal-Gadea A. (2021): Affordable C. elegans tracking system for classroom use. BioRxiv, DOI: 10.1101/2020.12.28.424585
Bild: N. Leonard & A. Vidal-Gadea