Der coolste Investitionstipp

Axel Brennicke


Editorial

(28.10.2011) Was sagen Sie? Sie haben im Moment kein Geld übrig? Ich auch nicht. Das macht aber nichts. Bei der Rendite, die es hier gibt, können wir uns die Kohle locker von der Bank leihen, zahlen die Zinsen und behalten noch eine ganze Menge übrig. Wie das geht, fragen Sie? Immer mit der Ruhe, kommt sofort. Immer der Reihe nach.

Zuerst der kapitalistische Aspekt. Es geht um eine todsichere Wertanlage. Immobilien, die weder kaputt gehen, noch großen Unterhalt erfordern und eine Rendite von sagenhaften 24 Prozent pro Jahr bringen. Mit anderen Worten, der Kaufpreis ist in weniger als fünf Jahren wieder herein gewirtschaftet.

Ich weiß, ich weiß, das hört sich unseriös an, rechnet doch der Immobilienprofi bei einem Wohnhaus mit einem angemessenen Kaufpreis von einer zehnfachen Jahresmiete, also 10 Prozent Einnahmen. Und darin sind bei Wohnungen jede Menge Unkosten zu berücksichtigen, kaputte Heizung, Renovierung, Mietausfälle, Dachsanierung und was weiß ich alles.

Nein, das renditestarke Objekt, das ich Ihnen vorstelle, braucht das alles nicht. Es ist absolut pflegeleicht, denn es handelt sich um Parkplätze an meiner Universität.

Editorial

In den letzten Jahren hat die Uni immer mehr Parkplätze geopfert für neue Gebäude, für das Größerwerden. Dadurch gibt es mehr Angestellte, mehr Mitarbeiter, mehr Studenten, mehr Kranke in den Kliniken und so weiter. Bis 7 Uhr morgens bekommt man noch einen passablen Parkplatz, bis 8 Uhr einen Wander-Parkplatz, von dem man etwa zehn Minuten bis zur Uni läuft – was für die Gesundheit und das Aufwachen gar nicht so schlecht ist. Nach 8 Uhr gibt es Fahrradparkplätze – oben auf dem Berg. Man könnte auch mit dem Bus zur Uni fahren, aber das machen so viele, dass man oft genug nicht einmal einen Stehplatz bekommt, sondern erst ein oder zwei überfüllte Dieselstaubschleudern vorbeiziehen lassen muss. Von den Käffern irgendwo um die schwäbische Alb braucht man ohnehin zwei- bis dreimal solange wie mit dem Auto, also eine Stunde statt zwanzig Minuten.

Sie sehen, es besteht akuter Bedarf und dringliches Interesse an weiteren Parkplätzen. Vermietung garantiert! Dies haben Universität und Klinikum inzwischen auch gemerkt, vielleicht hat ein dort zuständiger Verwalter einmal verschlafen und musste um 9 Uhr morgens mit seinem Auto umdrehen und wieder nach Hause fahren. Auf jeden Fall investiert die Universität jetzt laut Eigenwerbung zwei Millionen Euro für die Absperrung aller vorhandenen Parkplätze und für den Neubau von 700 weiteren Parkplätzen. Lassen wir einmal großzügig die Kosten für die Absperrung der bestehenden Parkplätze unberücksichtigt und tun so, als ob diese zwei Millionen Euro ausschließlich für 700 neue Parkplätze ausgegeben würden. Diese Parkplätze können die Mitarbeiter von Universität oder Klinikum für 60 Euro im Monat zur alleinigen Nutzung mit eigener persönlicher Schranke mieten.

Jetzt das Wichtigste, die Rechnung für unsere Investition: Die Gesamtkosten von zwei Millionen Euro geteilt durch 700 Plätze ergibt Kosten pro Parkplatz von 2.857 Euro. Inklusive Schranke. Seien wir wieder großzügig, sagen wir 3.000 Euro. Diese Summe muss den Grundpreis beinhalten, schließlich kann das Schottern von 25 Quadratmetern nicht so viel kosten; der Grund und Boden hier oben fern der Stadt besteht nur aus Wiese und Wald und kann nicht teuer sein.

Die Gegenrechnung: Die Mieteinnahmen summieren sich pro Platz bei 60 Euro im Monat auf insgesamt 720 Euro im Jahr. Nach vier Jahren und vier Monaten haben die Mieteinnahmen den Kaufpreis erreicht.

Die Renditeberechnung: Mit einem Geldeinsatz von 3.000 Euro erzielen wir eine Rendite von 720 Euro im Jahr, das macht 24 Prozent. Nun, habe ich ihnen zu viel versprochen? Oder sehen Sie heutzutage noch solch ein Geschäft? Steigen Sie mit ein! Kaufen Sie! Eine bessere Gelegenheit finden sie nie wieder. Wenn Sie etwas Geduld haben – viel brauchen Sie nicht – nach vier Jahren und vier Monaten haben sie bereits das Geld für ihren Kaufpreis auf ihrem Konto. Das Geldverdienen geht los!

Sie sparen auf eine Rente? Nirgendwo besser als hier. Mit zehn Parkplätzen, also einer Investition von 30.000 Euro, haben sie bereits eine Monatsrente von 600 Euro in der Tasche. Sie meinen Sie sind zu alt? Wenn Sie jetzt 60 sind, haben Sie in fünf Jahren, bei Eintritt in das Rentenalter mit 65, den vollen Betrag in der Tasche. Leider habe ich im Moment nicht die zwei Millionen Euro übrig, die Bank hat auch abgewunken, deshalb wende ich mich an Sie, damit Sie mit einsteigen.

Sie haben Zweifel? Gehen Sie auf: www.uni-ulm.de/parken und Sie können sich überzeugen. Da steht auch die Alternativfinanzierung, die sich für den Investor Universität oder uns ebenso gut rechnet: Alle Parkplätze, die 1.300 alten und die 700 neuen, werden abgeschrankt und pro Tag zum Sonderpreis für einen Euro an die Mitarbeiter vermietet. Die fünfmal so teuren Plätzchen für Krankenbesucher lassen wir außen vor. Macht bei 200 Arbeitstagen 400.000 Euro im Jahr, die zwei Millionen Euro für die neuen Parkplätze sind nach fünf Jahren wieder drin. Ob dann die Miete abgeschafft wird? Das steht nicht zu befürchten. Dennoch finde ich die Monatsmiete für uns Investoren interessanter, sie ist weniger aufwändig einzutreiben. Und man müsste alles kaufen – leider, die Bank, wie gesagt. Daher schlage ich lieber die übersichtlichen Einzelplätze als Bausteine in unserer Rentenplanung vor.

Sie denken, das kann doch nicht legal sein? Doch, ist es. Ein Arbeitgeber muss für seine Angestellten keinen Parkplatz zur Verfügung stellen. Ein öffentlicher Arbeitgeber wie Universität oder Klinikum erst recht nicht. Die beiden haben auch keine moralische Verpflichtung, Parkplätze für ihre Mitarbeiter bereitzustellen, bloß weil Stadt und Land die Institute jwd in den Wald gestellt haben. Und weil sie das getan haben, brauchen sich jetzt auch die Grünen der Regierung und andere Umweltschützer nicht vor den Wald zu stellen und zu sagen, der muss stehen bleiben, da dürfen keine Parkplätze hin. Dann hätte man die Uni vielleicht doch woanders bauen sollen.

Uns als Kapitalanleger und Parkplatzbereitsteller lässt das alles kalt. Wir tun ein gutes Werk und entschärfen die Parkplatzsituation vor der Klinik. Jeder Besucher der Klinik wird uns dankbar sein. Jeder Mitarbeiter der Universität wird uns freundlich lächelnd begrüßen und die 60 Euro überweisen.

Natürlich könnte jeder Student in der Stadt eine Garage für 45 bis 50 Euro mieten, aber eben nicht an Universität oder Klinikum. Da haben wir das Monopol und die einmalige Gelegenheit, dass Universität und Klinikum die Preise festgelegt haben und wir als Kapitalisten und Ausbeuter nur auf diese Behörden zu verweisen brauchen, um auch den leisesten Verdacht von Abzocke souverän abzubügeln.

Angenommen, Universität und Klinikum könnten beschließen, dass sie diese Parkplätze nicht jedem beliebigen hergelaufenen Kapitalisten verkaufen wollen, so fordere ich als Mitarbeiter der Universität und Beamter des Landes Baden-Württemberg ein Vorkaufsrecht auf diese Parkplätze. Jeder Mitarbeiter sollte eine Option bekommen, einen solchen Parkplatz zu kaufen. Dabei brauchen Universität und Klinikum keine Angst zu haben, dass diese Parkplätze für die Mitarbeiter verloren sind, denn meine Mitinvestoren und ich werden auf jeden Fall dafür sorgen, dass der Rubel rollt und dass wir diese Parkplätze vermieten.

Und gern vermieten wir auch an die Uni zurück. Sie kann zum Beispiel hochqualifizierte Wissenschaftler in die Provinz locken, indem sie ihnen kostenlose Parkplätze als Zielvorgabe für die Aufbesserung ihres W3 Minimalgehaltes verspricht. Doch die Uni als Mieter ist sicher nicht optimal – sie zahlt selten pünktlich ihre Rechnungen und man kann sie schlecht verklagen. Denn wie in jeder Behörde ist nie jemand zuständig.

Mit einem solch moderaten Preis finden wir immer Mieter. Bedenken Sie, dass allein durch den Neubau der chirurgischen Klinik 2.200 neue Arbeitsplätze vor Ort entstehen. Da gehen die 700 neuen Plätze weg wie warme Semmeln. Außerdem wird gerade wieder ein neues Uni-Institut angefangen, ein weiteres fertig gestellt, insgesamt wiederum 200 Mitarbeiter, die sich alle locker 60 Euro im Monat leisten können. Die Studenten nicht zu vergessen: hier ist eine überproportionale Zahl an Medizinstudenten vorhanden, von denen nicht Wenigen zum Studienplatz mit einem Porsche oder etwas anderem Tiefergelegten gratuliert wird. Die haben nur das Problem, einen repräsentativen Platz zu finden. Bei uns. Vater zahlt pünktlich.

Na, wie wär‘s? Sind Sie dabei?