Moderne Reiseplanung

Axel Brennicke


Editorial

(14.02.2013) Sehr geehrte Leitung des Dezernats III in der Zentralen Verwaltung der Universität, hiermit bedanke ich mich ganz herzlich für Ihr erleuchtendes Rundschreiben Nummer 25/2012, datiert auf den 21.11.2012.

Gerne nehme ich die Information zu dem neuen Vertragsreisebüro der Universität Ulm zur Kenntnis und freue mich, dass wir alle als Mitarbeiter der Universität Ulm ab dem 1.1.2013 über dieses als Landesreisebüro bezeichnete Unternehmen in Stuttgart buchen dürfen. Selbstverständlich werde ich als Beamter gehorsam Ihrer Bitte entsprechen, meine Dienstreisen nur noch über dieses Reisebüro zu buchen.

Ich bedaure sehr, dass sich mir aufgrund meiner mangelnden Kenntnisse dieser Materie einige Fragen stellen, die mir beim Durcharbeiten Ihres Schreibens leider unklar blieben. Diese meine Fragen richten sich an die Verhandlungsstrategen der Reise kostenabteilung, also die Chefs. Bitte missverstehen Sie mich richtig, ich schreibe dies nicht an die, die die wirkliche Arbeit mit den schludrig eingereichten Abrechnungen von Dienstreisen an der Uni machen und die wie immer alles ausbaden müssen.

Sie bitten mich, bei der ersten Buchung das beigefügte Profilformular für das Reisebüro auszufüllen. Als Rechnungsanschrift soll ich meine Abteilungsanschrift an der Uni Ulm angeben. Das verstehe ich nicht, da bereits vor mehreren Jahren alle Abteilungen der Universität in Institute umbenannt worden. Kann es sein, dass sowohl Ihr Schreiben als auch das persönliche Kundenprofil des Reisebüros ein wenig veraltet sind? Ich bin mir sicher, dass dieser Irrtum ausschließlich bei dem von Ihnen ausgesuchten Reisebüro liegt. Darauf deutet auch die Profilfrage dieses Reisebüros hin, ob ich bei der Buchung eines Flugtickets ebenso wie bei der Bahn „Raucher“ oder „Nichtraucher“ reservieren möchte. Nach meiner bescheidenen Kenntnis von Zug und Flug gibt es zum Glück seit vielen Jahren in Flugzeugen und Eisenbahnen in Deutschland keine Raucherabteile mehr.

Editorial

Da ich immer bemüht bin, die mir anvertrauten Gelder der deutschen Steuerzahler sparsam und optimal einzusetzen, möchte ich mir hier erlauben, Ihnen einen bescheidenen Vorschlag zu den von Ihnen vertraglich mit dem Reisebüro vereinbarten Servicegebühren zu machen. Zuvor gestatten Sie mir noch eine kleine Frage: Unter den exzellenten Konditionen, die Sie ausgehandelt haben, schreiben Sie, dass bei der Bahn eine Gebühr von 4,70 € pro Fahrkarte anfällt, die gleiche Gebühr auch bei einer Reservierung ohne Fahrkarte in Rechnung gestellt wird. „Wird eine Papierfahrkarte angefordert, wird hierfür zusätzlich ein Serviceentgelt von fünf Euro erhoben.“ Zu meinem Bedauern verstehe ich dies nicht, wie soll ich im Zug eine Fahrkarte zeigen, wenn nicht auf Papier?

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie nun freundlich auf eine Neuerung aufmerksam machen, die mir kürzlich zugetragen wurde. So habe ich das Gerücht gehört, dass es ein sogenanntes ‚Internet‘ geben soll. In diesem sei fast alles wie im wirklichen Leben möglich, zum Beispiel könne man dort sogar Fahrscheine für die Deutsche Bahn kaufen. Diese unsere Deutsche Bahn ist ja nun wirklich nicht hochmodern, und technisch schon gar nicht. Sonst liefe es bei der Bahn so wie beim Shinkansen, wo die Lokführer nicht streiken, sondern sich für Verspätungen von mehr als zwei Minuten rechtfertigen und manchmal sogar Strafe zahlen müssen. Anscheinend nutzt aber sogar die altmodische Diesellok Deutsche Bahn, die es nicht schafft, den Strom der Windmühlen auf ihre Loks zu bekommen, diese neumodische Erfindung ‚Internet‘. Dort soll es nämlich möglich sein, dass jeder Fahrgast sich sein Ticket ohne Gebühren kaufen kann. Mir wurde zugetragen, dies könne jedermann in diesem ‚Internet‘ selbst tun, es heiße ‚Online-Ticket‘. Zwar muss man diese Fahrkarte selbst auf Papier ausdrucken, aber das ist doch billiger als die 5 € in Ihrem Reisebüro, glaube ich.

Nun schreiben Sie in Ihrem Rundschreiben Nr. 25/2012, dass Sie mich nicht verpflichten, über das von Ihnen mir angediente Landesreisebüro zu buchen. Diese von Ihnen eingeräumte Freiheit finde ich ausdrücklich demokratisch, liberal und freundlich – was mich natürlich nicht erstaunt, da es so ganz Ihrem normalen konstruktiven, menschlichen Umgang entspricht, mit uns Antragstellern auf Verwendung unseres eigenen Geldes umzugehen. Umso erstaunter bin ich über Ihren nächsten Satz, über einen, darf ich vermuten, Ausrutscher Ihrerseits. In diesem verpflichten Sie mich, einen Nachweis zu bringen, dass das Angebot Ihres Reisebüros teurer war, als dort, wo ich meine Fahrkarte gekauft habe. Daher meine Frage, wie es sich mit dieser modernen Erfindung der ‚Online-Buchung‘ verhält, die zugegeben leider keine Raucherplätze in Bahn oder Flugzeug zur Buchung zulässt, anders als Ihr Landesreisebüro.

Mit diesem ‚Internet‘ kann man auch, Sie werden sicher sehr erstaunt sein, sogenannte E-Mails im Bruchteil von Sekunden kostenlos verschicken. Ich wäre Ihnen auch dankbar, wenn Sie Ihrem Landesreisebüro von dieser Möglichkeit Kenntnis geben. Um über dieses Reisebüro im 100 km entfernten Stuttgart mein Eisenbahnticket nach Stuttgart zu kaufen, möchte ich dem Reisebüro als sinnvoll nahelegen, moderne Kommunikationsmöglichkeiten wie die eben erwähnte kostenlose E-Mail zu nutzen. Gehe ich nun aber in jenes ‚Internet‘, um mein Ticket bei diesem Reisebüro zu bestellen, so hätte ich durchaus auch die Möglichkeit, in der gleichen Zeit mein Ticket selbst über Bahn. de zu kaufen.

Liebe Verwaltung, Sie schreiben, dass mein Bahnticket bei dem Reisebüro 4,70 € Gebühren kostet und dass ich jedes Mal nachweisen muss, dass der von mir gekaufte Fahrschein billiger ist. Darf ich Ihnen zu bedenken geben – ich möchte nur anregen, keinesfalls möchte ich die Verfahrensabläufe in Ihrer Verwaltung stören – ob es sich nicht einrichten ließe, dass ich nicht jedes Mal ein Ticketangebot des von Ihnen befohlenen Landesreisebüros parallel zu dem von mir im ‚Internet‘ ohne Gebühren gekauften Fahrschein mit vorlegen muss? Eine andere Möglichkeit, mit der Sie Ihr Gesicht und Ihr Verhandlungsgeschick wahren können, wäre es, dass Ihr Reisebüro uns eine Liste mit den Kostenvoranschlägen für die gängigen 100 Ziele in Deutschland schickt, die wir dann unserer bei Ihnen eingereichten, im ‚Internet‘ kostenfrei gekauften Fahrkarte in Kopie beilegen. Ich vermute, dass dieses auch per ‚E-Mail‘ möglich wäre, möchte Sie aber keinesfalls zu solchen Experimenten mit unsicherem Ausgang verleiten.

Sehr geehrte Verhandlungsstrategen und Oberleiter der Reisekostenabteilung, bitte verzeihen Sie mir meine umfassende Unwissenheit und erlauben Sie mir noch eine bescheidene Frage: Wie kann ich für meine BahnCard 25 nachweisen, dass mein Abonnement bei der Deutschen Bahn, das ohne Gebühren läuft, billiger ist als die Gebührenstaffel des von Ihnen angeordneten Stuttgarter Büros? Dies fällt mir im Moment schwer, da das Reisebüro kein Serviceentgelt für die BahnCard angegeben hat. Vermutlich (siehe Raucherabteile) stammen die Informationen dieses Büros noch aus der Zeit, bevor es die BahnCard überhaupt gab.

Die Gebührenstaffel des Reisebüros ist ja nicht nur von akademischem Interesse, sondern ist sicherlich auch für das finanzielle Wohlergehen der Uni Ulm wichtig. Dabei wäre es interessant zu erfahren, wie viele Prozente von diesen Gebühren bei der Uni bleiben und ob die geschickten Verhandlungsstrategen für ihre hervorragende Leistung beim Ausfeilschen dieser Gebühren auch angemessen honoriert werden. Dabei gehe ich selbstverständlich und natürlich davon aus, dass nur die, die die Verträge aushandeln, finanziell anerkannt werden und nicht auch die kleinen Arbeiterbienen wie ich, die bei der täglichen Arbeit laufen und scharren und hetzen und sich bemühen, bis der Rücken nachgibt – aber nicht aufgeben. Es wäre ja schön, wenn zumindest ein Teil der Steuergelder, die wir als Gebühren an das Reisebüro abdrücken, an uns, an die Universität zurückfließen könnte. Bitte lassen Sie mich wissen, wenn ich hier etwas beitragen und fördern kann.

Nun habe ich noch eine kleine technische Frage zu der Buchung in dem von Ihnen angeordneten Reisebüro. Wie kann ich nachweisen, dass das Straßenbahnticket, das ich in Leipzig am Hauptbahnhof kaufe, um zum Institut der dortigen Uni in der Ernst-Thälmann-Straße zu fahren, an dem Automaten der Straßenbahnhaltestelle oder bei dem Fahrer billiger ist als der Fahrschein aus dem Landesreisebüro? Wie von Ihnen gefordert, benötige ich ja einen Nachweis, dass das Angebot des Reisebüros teurer war. Ist dazu jeweils ein Einzelnachweis, das heißt eine Anfrage von mir im Landesreisebüro notwendig, oder könnten wir hier vielleicht auch, um Arbeit zu sparen, meinen Vorschlag zu den Fahrkarten der Deutschen Bahn aufgreifen und von diesem Reisebüro eine Liste aller Nahverkehrsbetriebe erstellen lassen, in der sich die Preise viel schneller und leichter vergleichen lassen? Diese Liste könnte bei Ihnen in der Abrechnungs-Abteilung deponiert sein und würde uns allen, nicht zuletzt Ihnen, aber auch dem Reisebüro, viel Arbeit ersparen.

Ich bitte Sie sehr höflich um Verzeihung für mein mangelndes Verständnis der verwaltungstechnischen Vorgänge, sowie der Abläufe zur Kostenersparnis an der Universität. Ich bin mir sicher, dass Sie, ebenso wie ich, verantwortungsbewusst mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, das wir ja unter anderem auch dringend für den Bau von neuen Flughäfen wie in Berlin benötigen, in denen auch Flugzeuge mit Rauchersitzen abgefertigt werden können.

Vielen Dank für Ihr freundliches Verständnis! Erwartungsvoll blicke ich Ihren kon struktiven Erläuterungen und sogar für mich verständlichen Erklärungen entgegen.

Hochachtungsvoll,
Ihr ergebener Dienstreisender
Axel Brennicke