Pathetisches Uni-Shopping

Axel Brennicke


Editorial

(10.02.2015) Unis wollen ein gutes Klima schaffen. Und dies natürlich nach außen zeigen. Mit Corporate Identity. Oder eher Corporate Dilettante?

Insbesondere die Studenten müssen lernen, sich mit ihrer Uni zu identifizieren – visuell, haptisch und finanziell. Dafür gibt es handgesiedete Seife (5 €) und Kaffeebecher (13,50 €) mit dem Uni-Logo. Dazu die Aktion „T- und Sweatshirts mit der University“ ab 14,90 € beziehungsweise 29 €. Oder für die ganz schlichten Naturen die handgefertigten Devi-Puppen ‚Rosalie‘ und ‚Brumbrumm‘ für schlappe 27 €. (Fragen Sie mich nicht, was eine Devi ist – kommt vielleicht von Devil?) Aber auch die Profs sollen sich natürlich identifizieren; dafür können sie sich am NKD/kik-Designer-Stoffteddy mit Talar orientieren, gegen blasse 7,50 €.

Professionalität müssen die aus Universitäts-Steuergeldern finanzierten Marketing-Leute noch ein bisschen üben – damit die Umkanalisierung von Geldern für Forschung und Lehre in das Marketing sich auch tatsächlich lohnt und der Verkauf dieser Paraphernalia tatsächlich ihre Gehälter finanziert. Überschwängliche Anpreisungen wie „ultrascharf“, „wertig“, „höchst auflösend“, „Qualitäts-“ usw. sind neben den vorhandenen wie „handgefertigt“ essentiell, um die Verkaufszahlen auf ein spürbares Niveau zu heben. Aber vielleicht ist das auch nicht nötig, vielleicht geht der Krempel ja weg wie geschnitten Brot – und die Marketender finanzieren sich schon locker selbst oder bringen der Uni gar noch Geld für Forschung und Lehre.

Editorial

Für alle „Damen und Herren University“ wird für Tausende von Euros ein Briefkopflogo entwickelt (beziehungsweise entwickelt lassen). Die Uni-Regierung besucht die Fakultäten, investiert also ihre Zeit. Die Profs arbeiten dicke zusammen – für sich und insbesondere für die Uni. So ist eben Forschung. Und ganz logisch versuchen die Unis sich daher marketenderisch zusätzliches Viertgeld für Lehre und Forschung zu beschaffen. Dazu einige reale Beispiele.

Die Universität Tübingen bewirbt unter anderem das „Damentuch, gold“: „Für alle Festivitäten! 100% Seide Twill, gold/mattgold mit gewebtem Logo der Universität Tübingen“. Wie groß das Tuch ist, wie viel Stoff es also für die 22,50 € tatsächlich gibt, ist nicht ersichtlich. Klar ist dagegen: „Wir berechnen pro Bestellung eine Versandkostenpauschale von EUR 5,95.“ Für das gleiche Geld gibt es für die Jungs „Herren Krawatte, rot/gold“, umworben als „Für einen eleganten und professionellen Auftritt! 100% Seide Twill rot mit matt goldfarbenen Streifen und gewebtem Logo ‚Palme’. Maße: ca. 150 x 9 cm. Alternativ auch‚ [...] mit komplettem Logo.“ Naja. Immerhin hier mit Maßen. Sind ja auch essentiell für eine Krawatte, da gibt es schließlich kein Einheitsmaß. Anders als bei Damentüchern.

Bei dem „USB-Stick mit Unilogo in edler Geschenkbox“ tauchen unter „Details“ endlich professionelle Marketingbegriffe auf wie „hochwertig“, „exklusiv“ und so: „Neidische Blicke garantiert: Hier ist der exklusive Stick der Universität Tübingen mit Logogravur auf dem Schutzbügel. Komplett mit Umhängeband und hochwertiger Präsentbox, ebenfalls mit Logo. Kapazität: 4 GB.“ Für 11,90 € gibt es also 4 GB – na ja. Heute kein wirklich realistisches Schnäppchen mehr.

Ob aber jemand den Ansteckpin mit Unilogo (nur 0,90 €) oder den Kühlschrankmagneten „Neue Aula bei Nacht“ für 2,80 € freiwillig kauft? Oder für 7,90 € den... „Rollerballpen in edlem bordeauxrot mit dem Logo der Universität Tübingen in weiß. Einzigartiger Tintenschreiber, der durch traumhaft leichtes Schreiben überzeugt. Kugel aus Keramik, Mine auswechselbar, sofort wischfest. Perfekt auch für Vergessliche: Trocknet ohne aufgesteckte Kappe über ein Jahr lang nicht ein!“ Damit scheint er wohl eher was für Profs.

Die Exzellenz-Uni Bremen verhökert dagegen ihren 2 GBStick für 9,50 € – ohne „hochwertige Präsentbox“ und ohne „Umhängeband“. Dafür gibt es einen „Fahrradsitzbezug“ in SPD-Rot für 3 € – zum Plattsitzen des Unilogos. Material ist unklar, steht nur bei der Nylongeldbörse dran. Anscheinend hat die Uni Bremen den Krempelverkauf an eine professionelle Merchandising-Agentur vergeben.

Die Exzellenz-Uni LMU München orientiert sich am Erfolg der Fußballprofis des FC Bayern: „Der LMU-Shop wird von der DistributionService Hagemann GmbH in Eichenau bei München betrieben. Das Unternehmen hat Erfahrung mit Merchandising; es vertreibt beispielsweise Artikel für Münchner Fußballfans im Allianz-Arena- Shop.“ Schweinsteiger und Guardiola mit LMU-Logo? Wie auch immer, die Profis haben immerhin die Profi-Wörter drauf: Nette Ideen und praktische Artikel mit hoher Qualität zeichnen das Sortiment der LMU aus:

Ladenhüter scheint in Bayern Lady- Fit „American Style“ zu sein – das „leicht taillierte T-Shirt, Rundhals, mit Druck LMU-Siegel mittig“ wird momentan für 9,90 verramscht statt 16,50 €. Auch die entsprechenden Herren stehen zum Oktoberfest offensichtlich nicht auf T-Shirt „American Style“ – das gibt es für 9,90 statt 12,50 €. Immerhin in drei Farben Oliv, Schwarz und Weiß. Dazu natürlich die obligatorische Tasse und Hoodies – jedoch keinen USB-Stick. Stattdessen aber die obligatorisch unverzichtbare Badeente „AbsolvEnte“ mit LMU-Logo für 4,90 €. Der fernöstliche Plüschbär sieht aus wie der von der UULM, kostet in LMU-Bayern aber 9,50 €. Natürlich immer plus Versand.

Die Uni Münster hat ihren Campus- Store sogar unter den Topadressen im Seitenbanner der Haupt-Webpage zum „Leben“ gelistet, muss also wohl wichtig sein und sich lohnen. Die üblichen T-Shirts, aber in drei Versionen für Damen – Slim 16,95 €, Style 19,95 € und Deluxe 19,95 €. Style kommt in einem merkwürdigen Blau und ist nicht wie an anderen Unis nur aus Baumwolle, sondern: „Stylisches Damen Shirt mit meliertem Farbton. Tailliert geschnitten. 50 % Polyester, 25 % gekämmte ringgesponnene Baumwolle, 25 % Viskose.“ Anscheinend vertragen in Westfalen alle Damen Polyester am Leib. Andererseits ist das „Damen Organic Round Neck Tee im colorado.design der Farbe navy“ mit 16,95 € nicht teurer – und dabei sogar ein „Modisches T-Shirt mit Rundhalsausschnitt 100% Bio-Baumwolle“. Dann doch lieber ein modisches „Bio“ als ein stylisches mit Polyester.

Wohl als Konkurrenz zur Mensa gibt es eine Lunchbox für 4,95 €. Wie groß die ist, muss man sich denken – und ob Plastik oder Blech, bleibt auch offen. Dann doch besser einen Gutschein für den Campusshop kaufen, mit dem kann man dann tolle Ansteckbuttons, vermutlich aus Blech, für 2 € kaufen: „Er ist wieder im Trend – der klassische Ansteckbutton im trendigem Design mit der Münsteraner Skyline, ca. 25mm Durchmesser.“ Endlich mal wieder ein richtiges Marketingwort: trendig! Dennoch – wer will mit so einem Teil am Pullover gesehen werden? Trendig?

An der Uni Jena vertickt die „Stabsstelle Kommunikation“ den inzwischen bekannten Trödel. Halten wir uns nicht mehr mit den langweiligen T-Shirts auf, auch nicht den Schiller-Shirts „Weiber“ oder „Ruf“. Hat der Uni-Shop Jena vielmehr ein Alleinstellungsmerkmal? Vielleicht der „Who‘s Who FSU“ mit 440 Seiten für 9,50 €? Oder – für jeden Studi erschwinglich – ein Peter Halley-Kunstdruck für 600 €? Die Postkarte „Maria mit Kind als Himmelskönigin“? Die „Jumboteetasse mit einem Volumen von 0,3l aus hitzebeständigem Glas mit Untertasse, Deckel und Glasfilter“ für lässige 19 €? Der „USB-Stick silber mit Gravur ‚Light.Life.Liberty’ und der Webadresse www.uni-jena.de“ kostet hier mit 2 GB glatte 10 €. Doch ja, hier ist es endlich: „Kaffeepaddose, gefüllt mit einer Prinzenrolle und bedruckt mit Jenas Skyline“. Wie bitte – oh schade, nicht lieferbar.

Jetzt mal wieder eine Bundesligauni – die Uni Paderborn. Jede Menge Leute für den Korporierten Entwurf..., pardon, Corporate Design – aber außer dem „Apple on Campus“ nicht die Spur eines Ladens. Wie wollen die die Bundesliga finanzieren? Der ASTA hat immerhin einen Copyservice und verkauft Geodreiecke. Echt wahr: Geodreiecke!

Die Universität des Saarlandes ist dagegen ein bisschen Retro – kein Online-Shop. Immerhin Infos zum Laden: „Neben kleinen praktischen Dingen wie Feuerzeugen und Kaffeetassen können sich Kunden auch im Uni-Stil einkleiden. Damit ist man bei schlechtem Wetter (Mütze, Regenjacke, Schirm) genauso passend unterwegs wie bei Sonnenschein mit einem Sommer-Top oder einem Retro-Shirt.“ Ganz schön Retro, der Uni-Stil.

Uni Augsburg – da ist der coole Knüller: „Bleichertuch – in Kooperation mit dem Staatlichen Textil- und Industriemuseum auf historischer Webmaschine gefertigtes Geschirrtuch, erhältlich in dt. und engl., EUR 9,00.“ Nicht ganz so gut, aber bayrisch: „Einkaufstasche in Lebkuchenherz-Optik, EUR 3,00‘ Fast so modisch wie „Pin mit Schmetterlingsdornverschluss, EUR 0,50“. Ach ja, der „USB-Stick, silber-schwarz, 1 GB Speicherplatz, auf dem Stick sind ein Film über die Uni Augsburg in dt. und engl. sowie die Uni-Broschüren in dt., engl., frz., ital. und span. aufgespielt, EUR 8,50“. Gut, dass ich nicht dort bin.

Wie sieht es eigentlich bei den Vollprofis aus? Harvard hat neben Ralph Lauren auch Stühle, Lampen und Uhren im Angebot: Harvard Presidential Clock für 500 US-$ oder den Traditional Harvard Swivel Chair für 660 US-$. Zu Weihnachten bietet sich der „Blown Glass 5 ½’ Snowman with Harvard ‚Veritas’ design“ für 25 $ an.

Stanford hat sogar ein Mietbett für149 $ im Angebot, oder eine Partyperücke in Stammesfarben für 20 $. Der Autokennzeichenrahmen der Uni kostet ebenfalls schlappe 20 $. Ansonsten sieht’s eher dürftig aus für eine private Uni, die eigentlich hinter Zusatz-Einnahmen her sein müsste.

Aber vielleicht lohnt sich der ganze Marketing-Quatsch eben doch nicht – weshalb Stanford die Studis den Laden betreiben lässt und sich sonst vornehm aus solchem Kleinkram heraushält.

Wie wohl die Bilanzen dieser diversen Unishops aussehen?