Editorial

Differential Display PCR

von Ralf Neumann (Laborjournal-Ausgabe 01, 1995)


Differential Display PCR ist eine relativ einfache Strategie, mit der Gene aufgespürt werden können, die in verschiedenen oder veränderten Zellen unterschiedlich exprimiert werden. Geht es nach den Erfindern dieser Technik, Liang und Pardee (Science 257, 967-971), sieht man innerhalb von nur zwei Tagen die unterschiedlichen Expressionsmuster im Gel und hätte nach fünf Tagen die entsprechenden cDNA-Klone - und braucht dazu lediglich eine PCR-Ausstattung, zwei Hände voll Oligonukleotide und ein paar DNA-Sequenziergele. Kein Wunder, daß solche Verführungen die Gensucher anziehen wie ein Glas Sekt die entfleuchten Labor-Drosophilas. Ist ja auch eine nette Vorstellung: Jede Woche ein Klon und das Wochenende frei.

Die Idee ist im Grunde ganz simpel: Zu- erst isoliert man die komplette mRNA aus zwei verschiedenen Zelltypen - zum Bei- spiel normale und Tumorzellen - und transkribiert sie revers zu cDNA. Dann amplifiziert man beide cDNA-Gruppen mit- tels PCR, belädt zwei Spuren eines DNA-Sequenziergels mit den jeweils erhaltenen Amplifikaten und vergleicht sie. CDNA-Banden, die nur in der "Tumor"-Spur auf- tauchen, stammen von solchen Genen, die durch die Umwandlung zu Tumorzellen angedreht werden - Banden, die nur in der "normal"-Spur auftauchen, dagegen von Genen, die in den Tumorzellen abgeschaltet sind. Diese cDNAs isoliert man dann einzeln aus dem Gel, reamplifiziert die Sequenzen, kioniert sie und kann sie so weiter analysieren.

Anziehend wie Sekt auf Drosophilas

Der Schlüssel zum Erfolg sind allerdings die richtigen Oligonukleotid-Primer. Jede Primer-Kombination muß in der PCR zwei Dinge leisten: Nur etwa 50-100 der ursprünglichen mRNA-Sequenzen erkennen und von diesen auch nur jeweils Stücke von 50-500 Basenpaaren amplifizieren. Sonst kann man die PCR-Produkte im Gel nicht auswerten. Nach viel Herumprobieren und ein wenig Statistik fanden Liang und Pardee diese Bedingungen dann er- füllt, wenn sie definierte 5'-Primer in dem typischen Poly(A)-Schwanz der eukaryotischen mRNAs verankerten und als 3'- Primer willkürliche 10er-Oligonukleotide verwendeten. Da eine eukaryotische Zel- le aber etwa 15 000 verschiedene mRNAs enthält, muß man folglich über 200 Primer-Kombinationen durchspielen, um jede mRNA wenigstens statistisch zu erfassen.



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Limitierend ist die Pipettiererei

In modernen PCR-Blöcken kann man um die hundert Amplifikationen gleichzeitig laufen lassen. Zeitlich limitierend ist eher die elend viele Pipettiererei und das langweilige Gelefahren. Sucht einer beispiels- weise nach genau einem ausgefallenen Gen (in einer monogenischen Mutante), braucht er schon kräftige Daumen und ein dickes Fell, wenn er möglicherweise das gesuchte cDNA-Fragment erst mit Primer-Kombination Nr. 199 findet. Dennoch wird er erheblich schneller sein als mit alterna- tiven Strategien, wie z. B. substraktive Hybridisierung. Nur, mit differential display PCR hat er erst ein cDNA-Fragment des betreffenden Gens - den vollen Klonmuß er dann noch in DNA-Banken suchen. Vielleicht ist's also doch nichts mit den freien Wochenenden.



Letzte Änderungen: 19.10.2004