Editorial

Pizzabrot mit Karottensalat

Kai Herfort


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Resteverwertung de luxe: Herzhaft heiß und knackig frisch. Fotos: Helga Lorenz und Kai Herfort

Der Grillabend war ein voller Erfolg: Fleisch bis zum Abwinken, und alle sind pappsatt wieder Zuhause. Die Kleider stinken nach Lagerfeuer ­– bestimmt auch die des Nachbarn, die er zum Trocknen auf den Balkon gehängt hatte. Ein schweres Gefühl macht sich vom Magen ausgehend breit. Dann, im Schweiße unseres Angesichts, versuchen wir zum Zwecke der Reinigung eingebranntes Fleisch vom Grillrost abzukratzen. So wie immer nach einem Grillabend. Stellt sich nur eine Frage: Wohin mit dem vielen übriggebliebenen Brot?

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Karotten reiben

Packen Sie es in eine Plastiktüte und warten auf den Tag, an dem Ihr Magen wieder aufnahmebereit ist – und dann gibt‘s selbstgemachtes Pizzabrot. Da haben Sie auch die Kinder immer auf Ihrer Seite – sofern Sie welche haben. Dazu einen Karottensalat mit Apfel und Ingwer, das bringt Frische ins Spiel und ist gesund.

Die Kombination Tomate, Basilikum, Mozzarella ist natürlich der klassischen Pizza ­Margherita entlehnt. Und farblich heftig italienisch-patriotisch. Dass König Umberto I. diese Pizza 1889 für seine Frau Margherita beim lokalen Pizzaservice bestellt habe und der Name daher komme, ist inzwischen geschichtlich widerlegt. Richtig ist, dass Königin Margherita sich mindestens ab 1880 immer wieder mal eine Pizza kommen ließ. Man hat damals alles Mögliche nach Königin Margherita benannt: ein Brot, einen Berggipfel, eine Wanderhütte und eben eine Pizza.

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Apfel und Ingwer schneiden

Eine richtige Pizza zuzubereiten, ist Zuhause eigentlich unmöglich. Es sei denn, man hat einen Pizzaofen, der 400 bis 500 Grad Celsius erreicht, und in dessen Inneren man den Teigling auf Stein betten kann. Die meisten haushaltsüblichen Öfen machen ab 250 Grad schlapp und beginnen, nach Dichtungsgummi zu riechen.

Wir wenden uns also in Demut getränkt vom Original ab und solchermaßen geläutert der Fälschung zu. Um das Beste aus dem zu machen, was wir haben: Das Brot soll knusprig werden, der Mozzarella nicht zu weit zerlaufen, und die Tomate sollte noch als solche erkennbar bleiben.

Einkaufsliste
für 2 Personen

» Brot/Baguette:Reste
» Basilikum/Majoran:je 1 Stängel
» Mozzarella:2 Kugeln
» Orangensaft:mind. 150 mlg
» Tomaten:3-4
» Karotten:5-6
» Petersilie:1 Bund
» Apfel:1 großer
» Ingwer:1 Spielwürfel großes Stück

Außerdem: italienischer Weißweinessig, Olivenöl, Knoblauch und Salz

Material:» 1 Backofen
» 1 Rost
» 1 Küchenmesser
» 1 Kochmesser
» 1 Reibe
» 1 tiefer Teller
Los geht‘s!

» Den Backofen auf 250 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen.

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Orangensaft angießen

» Karottensalat. Fünf größere Karotten reiben sowie ein Spielwürfel großes Stück Ingwer schälen und möglichst klein schneiden. Einen Apfel schälen und in Stückchen schneiden. Einen halben Bund Petersilie hacken und zugeben. Vier Esslöffel Olivenöl, zwei Esslöffel italienischen Weißweinessig und etwa 150 Milliliter Orangensaft dazugeben. Salz nach Geschmack. Gut durchmischen und ein bisschen ziehen lassen.

» Belag. Frischen Basilikum und Majoran zupfen, Tomaten in circa fünf Millimeter dicke Scheiben schneiden, ebenso den Mozzarella. Eine Knoblauchzehe schälen.

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Tomaten und Mozzarella schneiden

» Brot. Das Rezept funktioniert mit allen möglichen Brotsorten. Pumpernickel oder Roggenbrote würden dem Ganzen allerdings die Leichtigkeit nehmen. Das Brot in Scheiben schneiden und auf einem Rost verteilen, ein Backblech unterlegen. Die Brotscheiben mit ein wenig Olivenöl beträufeln und auf der mittleren Schiene circa vier Minuten vorrösten. Die Kanten dürfen gerade so ein wenig braun werden. Dann raus damit und kurz abkühlen lassen. Anschließend die Brotscheiben mit Knoblauch abreiben.

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Mit Knoblauch abreiben

» Pizzabrot. Die Brotscheiben mit den geschnittenen Tomaten und Mozzarella belegen. Auf einige Scheiben können Sie auch geriebenen Käse streuen, zum Beispiel Emmentaler, Parmesan oder Gouda. Für vier bis fünf Minuten im Ofen auf mittlerer Schiene backen. Das Brot sollte am Rand braun werden, der Käse nicht unbedingt. Dem Mozzarella und der Tomate tut es gut, wenn sie nicht zu heiß werden.

Am Schluss geben Sie die Kräuter auf die Pizzabrote und servieren sie zusammen mit dem Salat.

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Brotscheiben belegen



Karotten

Das Wurzelgemüse ist meistens unser erstes Pflanzenerlebnis. Gleich nach der Muttermilch. Unser erstes Gläschen, direkt von Onkel Hipp zubereitet.

Warum Karotten? Karotten sind süß, leicht verdaulich und enthalten wichtige Nährstoffe. Carotin, Vitamin C, Kalium und Eisen. Sie haben durch ihren hohen Pektingehalt eine leicht stopfende Wirkung auf die Verdauung. Bei Kleinkindern manchmal sehr willkommen. Das β-Carotin färbt allerdings den Windel­inhalt orange. Gibt es jeden Tag Karottenbrei, färbt sich das ganze Kind. Da wird Carotin in der Haut zwischengelagert, um später vielleicht Vitamin A daraus herzustellen.

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Farbe

Die Urmöhre war mit Sicherheit nicht orange. Weiße Karotten stammten aus dem Mittelmeerraum, gelbe und rotvio­lette aus Afghanistan. Um 60 n. Chr. werden sie erstmals schriftlich erwähnt. Als Gartenpflanze, aber auch in der Wildform als Arzneimittel.

Und unsere Feld-, Wald- und Wiesenmöhre? Die orange? Die finden wir zum ersten Mal im 16. Jahrhundert auf einem Ölbild. Und, wer hat‘s erfunden? Natürlich die Niederländer.

Carotin

Benannt ist es natürlich nach der Karotte. Und dort kommt es als β-Carotin auch reichlich vor. Vor allem in der orangefarbenen. Aber tatsächlich sind die Carotinoide eine ganze Stoffklasse. Es sind grob gesagt Tetraterpene mit einem Ring an jedem Ende, die durch eine Kohlenstoffkette mit neun Doppelbindungen verbunden sind (siehe Abbildung oben). Das Molekül ist hydrophob, deshalb sollte man immer etwas Öl an die Speisen geben, um das Carotin zu lösen. Besonders viel β-Carotin ist übrigens auch im Grünkohl vorhanden. Der passt aber nicht zum Pizzabrot.


β-Carotin

Vitamin A

Das β-Carotin ist eine Vorstufe des Vitamins A. Die β-Carotin-15,15′-Monooxygenase spaltet es in zwei Retinal-Moleküle. Und Retinal ebenso wie Retinol, Retinsäure und Retinylpalmitat zählen zur Vitamin-A-Gruppe. Obwohl der Mensch nur einen geringen Anteil des aufgenommenen β-Carotins in Vitamin A umwandeln kann, reicht es offenbar sogar für Veganer.

Wenn man kein Gemüse hat, bleibt nur, das Vitamin A direkt zu sich zu nehmen. Am meisten davon befindet sich normalerweise in der Leber. Das kommt daher, dass überschüssiges Vitamin A kaum abgebaut werden kann und sich in besagtem Organ anreichert. Eisbärenleber enthält sogar so viel Vitamin A, dass der Verzehr für den Menschen toxisch ist. Aber Eisbären gibt es bald eh‘ nicht mehr.



Letzte Änderungen: 17.06.2019