Editorial

Reisen und Forschen
Alexander-von-Humboldt-Stiftung

Ralf Schreck, Laborjournal 5/2020


(08.05.2020) Im Mittelpunkt der Aktivitäten der Alexander-von-Humboldt-Stiftung steht die Förderung von Forschungsaufenthalten internationaler Gastwissenschaftler in Deutschland sowie deutscher Wissenschaftler im Ausland. Mit einem Jahresbudget von 145 Millionen Euro vergibt sie mehr als 800 Stipendien und Preise pro Jahr. Hervorzuheben sind der mit 1,65 Millionen Euro dotierte Sofja-Kovalevskaja-Preis zum Aufbau einer Nachwuchsgruppe wie auch die mit bis zu 5 Millionen Euro geförderte Alexander-von-Humboldt-Professur.

„Alles ist Wechselwirkung. Nichts steht für sich allein.“ Davon war Alexander von Humboldt, der im letzten Jahr 250 Jahre alt geworden wäre, überzeugt. Einblicke in sein Leben und Werk erhält man online unter humboldt-heute.de. Humboldt (1769–1859) war Naturforscher, Entdecker, Universalgelehrter, Weltbürger und Weltenbummler, Netzwerker und Querdenker, Vielschreiber und Wissenschaftskommunikator – dazu Kritiker des Kolonialismus inklusive der Sklaverei, Vordenker von Nachhaltigkeit und Globalisierung und und und.

Seine Berühmtheit machte ihn für viele bereits zu Lebzeiten verdächtig und rief Kritiker wie Neider auf den Plan. So soll Friedrich Schiller über den frühen Humboldt gesagt haben: „Trotz all seiner Talente und rastlosen Tätigkeit wird er in seiner Wissenschaft nie etwas Großes leisten.“ Oder, ebenfalls von Schiller: „Humboldt hat keine gute Gabe zum Schriftsteller und seine Reise möchte leicht interessanter gewesen sein, als die Beschreibung derselben ausfallen dürfte.“

Mehr als 400 Tier- und Pflanzenarten sowie zahlreiche Gebirge, Gewässer, Straßen oder Schulen wurden nach Humboldt benannt. Auch heute noch hat die „Marke Humboldt“ einen hohen Bekanntheits- und Identifikationsgrad.

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Der Namenspatron in Marmor. Foto: AvH-Stiftung / Michael Jordan
Gleich drei Humboldt-Stiftungen

Daher ist es auch wenig überraschend, dass in der Vergangenheit drei deutsche Stiftungen unter der Bezeichnung Alexander-von-Humboldt-Stiftung etabliert wurden. Bereits ein Jahr nach dem Tod Humboldts wurde die Alexander-von-Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen ins Leben gerufen. Auf Initiative des vermögenden Physikers Gustav von Magnus und des Bankiers Ale­xander Mendelssohn gegründet, war sie der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zugeordnet. Sie förderte Forschungsreisen deutscher Wissenschaftler ins Ausland, bis ihr 1923 die Puste – sprich: das Geld – ausging.

Kurz darauf wurde die „neue“ Alexander-von-Humboldt-Stiftung auf Betreiben und mit Finanzierung des Auswärtigen Amtes gegründet. Diese war bis zum Ende des Deutschen Reiches im Jahr 1945 aktiv. Ausländische Studierende der Geisteswissenschaften, später aber auch ausländische Doktoranden und Wissenschaftler sollten während ihres Aufenthalts in Deutschland unterstützt und ihnen dabei insbesondere auch deutsches Kultur- und Gedankengut nahegebracht werden. Die heutige Alexander-von-Humboldt-(AvH)-Stiftung mit Sitz in Bonn-Bad Godesberg wurde am 10. Dezember 1953 auf Anregung ehemaliger Humboldt-Gastwissenschaftler und mit Unterstützung des damaligen Bundespräsidenten Konrad Adenauer durch die Bundesrepublik Deutschland und einem Kapitalgrundstock von 5.000 DM eingerichtet. Ihr erster Präsident war der Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg.

Wissenschaftlicher Exzellenz verpflichtet

Die AvH-Stiftung wird zu 95 Prozent mit jährlichen Zuwendungen aus Bundesmitteln durch das Bundesforschungsministerium, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert. Stiftungszweck ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie der interkulturellen Verständigung. Die Förderung erfolgt dabei zuvorderst personen- und nicht projektbezogen. Laut Eigenaussage ist hier alleine die wissenschaftliche Qualität des Bewerbers ohne vorgegebene Quoten hinsichtlich Fachdisziplin oder Nationalität ausschlaggebend.

Zentrale Stiftungsorgane sind ein Präsident, seit 2018 der Neurophysiologe Hans-Christian Pape, ein Geschäftsführer, seit 2010 der Biologe Enno Aufderheide, sowie ein zehnköpfiger Stiftungsrat. Der Stiftungsrat gibt die Marschrichtung der AvH-Stiftung vor und ist äußerst prominent besetzt – unter anderem mit den Bundesministern Heiko Maas und Anja Karliczek oder den Präsidenten von Max-Planck-Gesellschaft und Deutschem Akademischem Austauschdienst (DAAD). Zentral für das Stiftungshandeln sind ihre Auswahlausschüsse. Diese sind interdisziplinär und entsprechend der Anzahl durchschnittlich eingehender Anträge pro Fachdisziplin besetzt. Neben Vertretern beteiligter Ministerien stellen dabei Wissenschaftler aus deutschen Einrichtungen das Gros der stimmberechtigten Mitglieder und werden durch die Stiftung auf eine dreijährige Amtszeit berufen, die zweimal verlängert werden kann.

Reichhaltiges Förderportfolio

Die AvH-Stiftung bietet knapp dreißig unterschiedliche Preis- und Fördermaßnahmen an, die zum Teil gemeinsam mit inländischen Forschungsorganisationen wie Max-Planck-Gesellschaft und Fraunhofer-Gesellschaft oder ausländischen Partnergesellschaften, Ministerien und Förderorganisationen wie JSPS (Japan), MOST (Taiwan) oder CAPES (Brasilien) beworben, ausgeschrieben oder vergeben werden. Stipendien sind dabei primär für den wissenschaftlichen Nachwuchs bis zu vier und für erfahrenere Wissenschaftler bis zu zwölf Jahre nach Promotion vorgesehen.

Preise decken weitere Alters- und Karrierestufen ab. So unterstützt der mit 45.000 Euro dotierte Friedrich-Wilhelm-Bessel-Forschungspreis bis zu zwanzig Wissenschaftler pro Jahr aus dem Ausland, deren Promotion weniger als 18 Jahre zurückliegt. Der mit 60.000 Euro ausgelobte Humboldt-Forschungspreis für das wissenschaftliche Lebenswerk wird seit 1972 jährlich auf der Basis einer Nominierung durch deutsche Wissenschaftler an bis zu hundert ausländische Wissenschaftler vergeben. Verbunden mit dem persönlichen Preis ist eine Einladung zu einem Forschungsaufenthalt in Deutschland durch den Nominierenden. Die nach Fördervolumen größten AvH-Förderprogramme sind für Forscher aus Deutschland das Feodor-Lynen-Forschungsstipendium sowie für Wissenschaftler aus dem Ausland das Humboldt-Forschungsstipendium und das Georg-Forster-Forschungsstipendium mit Fokus auf Entwicklungsländern.

„Wir fördern ein Leben lang“

Das Netzwerk der Humboldt-Stiftung wächst dadurch stetig und zählt nach eigenen Angaben rund 80.000 Humboldtianer aus 140 Ländern, darunter auch 55 Nobelpreisträger. Hierbei werden alle seit Gründung der AvH-Stiftung geförderten Wissenschaftler und deren Gastgeber erfasst. Unter dem Motto „Einmal Humboldt, immer Humboldt“ legt die AvH-Stiftung großen Wert auf den Ausbau und die Pflege dieses Netzwerks. Die Online-Plattform „Humboldt Life“ ermöglicht den virtuellen Austausch unter den Humboldtianern. In der realen Welt steht ein attraktives Paket für Alumni zur Verfügung. Das geht los bei Rückkehrstipendien und Wiedereingliederungshilfen sowie finanzieller Unterstützung von wiederholten Kurzaufenthalten, beinhaltet Konferenzteilnahmen von bis zu dreißig Tagen oder Forschungsaufenthalte von bis zu neunzig Tagen, und schließt zudem Geräte- und Druckkostenbeihilfen oder Institutspartnerschaften zwischen in- und ausländischen Einrichtungen mit ein. Der (über-)regionalen Vernetzung dienen darüber hinaus weitere Formate wie Humboldt-Kollegs, Humboldt-Kolloquien oder Netzwerktagungen.

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Stets sehr international: Die Jahrestagung der Humboldt-Stipendiaten. Foto: AvH-Stiftung / David Ausserhofer

Raus in die Welt

Das Feodor-Lynen-Forschungsstipendium fördert Auslandsaufenthalte von Wissenschaftlern aus Deutschland. Im Fokus stehen zwei Zielgruppen: Postdocs bis zu vier und erfahrene Wissenschaftler bis zu zwölf Jahre nach Promotion. Seit 1979 wurden bereits knapp viertausend Stipendien, also durchschnittlich rund hundert pro Jahr, vergeben. Das Stipendium für Postdocs ist für einen durchgehenden Aufenthalt zwischen 6 und 24 Monaten vorgesehen, während erfahrene Wissenschaftler ihr bis zu 18-monatiges Stipendium bei Bedarf auf drei Aufenthalte über einen Zeitraum von 3 Jahren ausdehnen können. Die AvH-Stiftung fördert hier mit einer Reisekostenpauschale und einem Stipendium, dessen Höhe sich nach Zielland und Familiensituation richtet. Letzteres setzt sich aus Grundbetrag, Auslandszuschlag und einer monatlichen Sachmittelpauschale von 250 Euro sowie gegebenenfalls Familien- und Kinderzuschlägen zusammen. Um die Steuern, die im jeweiligen Gastland oder zu Hause unter Umständen anfallen, kümmert sich die AvH-Stiftung nicht.

Als Single können Sie somit als AvH-Stipendiat mit monatlich 2.960 Euro in der Tasche unter dem Eiffelturm flanieren oder aber mit 3.506 Euro dem Boston Symphony Orchestra lauschen, wenn Ihnen der Laboralltag dazu Zeit lässt. Nehmen Sie Ehepartner und zwei minderjährige Kinder mit, erhöht sich der Betrag für Paris auf 4.763 beziehungsweise für Boston auf 5.645 Euro. Wären Sie in Boston mit einem EMBO-Fellowship unterwegs, erhielten Sie mit 6.075 Euro etwas mehr, mit einem Human Frontier Postdoc Fellowship mit 4.830 Euro deutlich weniger – wobei das letztere Stipendium durch den Gastgeber noch weiter aufgestockt werden kann.

Apropos Gastgeber: Auch bei der AvH-Stiftung wird „angestrebt“, dass sich der Gastgeber an etwa einem Drittel des Stipendienbetrags beteiligt. Für bestimmte Länder und Konstellationen gibt es hiervon aber Ausnahmen. Im Anschluss an das Auslandsstipendium wird die Rückkehr in heimatliche Gefilde durch die AvH-Stiftung mit einem bis zu einjährigen Rückkehrstipendium über 3.150 Euro monatlich und weiteren möglichen Pauschalen erleichtert.

Ran an den Speck

Bewerber aus Deutschland suchen zunächst einen Gastgeber im Ausland. Dieser ist insofern nicht ganz frei wählbar, da er entweder aus den rund 15.000 aktiven Wissenschaftlern des Humboldt-Netzwerks oder aber aus Trägern renommierter Wissenschaftspreise wie Fields-Medaille, Lasker- oder Nobelpreis ausgesucht werden muss. Bei der AvH-Stiftung gibt es hierzu eine Suchmaske, mit der nach Land, Fachgebiet et cetera recherchiert werden kann. Für die Bewerbung ist ein altersgemäßer, überdurchschnittlicher wissenschaftlicher Werdegang erforderlich, der durch entsprechende hochwertige Publikationen in den „richtigen“ Journalen nachzuweisen ist.

Erfahrene Wissenschaftler müssen darüber hinaus ein eigenes wissenschaftliches Profil mit mehrjährig selbstständiger wissenschaftlicher Tätigkeit vorweisen. Dies kann beispielsweise über eine Juniorprofessur oder Nachwuchsgruppenleitung nachgewiesen werden. Zur Bewerbung brauchen Sie ferner zwei Referenzgutachten vom Doktorvater oder anderer Wegbegleiter, die Ihnen eine glorreiche Zukunft bescheinigen, sowie eine Arbeitsplatzzusage und Stellungnahme des Gastgebers.

Die eigentliche Projektbeschreibung umfasst fünf Seiten. Damit Sie formal alles richtig machen, stellt die AvH-Stiftung umfassende Infomaterialien inklusive einer 64-seitigen Broschüre mit Richtlinien und Hinweisen sowie FAQs zur Verfügung. Es gibt pro Jahr drei Auswahlrunden im Februar, Juni und Oktober. Die Erfolgsquote lag dabei in den letzten Jahren nach Stiftungsangaben bei erstaunlich hohen vierzig Prozent.

Für Aufenthalte in Japan und in Taiwan sind die Stipendien von AvH-Partnerorganisationen zu nutzen: Die Japan Society for the Promotion of Science (JSPS) vergibt jährlich insgesamt bis zu 16 Kurz- und Langzeitstipendien (bis 24 Monate) an Bewerber, deren Promotionsalter sechs Jahre nicht übersteigt. Das Ministry of Science and Technology (MOST) aus Taiwan spendiert zwei weitere bis zu zwölfmonatige Stipendien.

Auf dem Weg zur Nachwuchsgruppe

Das Angebot an Nachwuchsgruppen-Programmen wie dem Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) den Starting Grants des European Research Councils oder den Nachwuchsgruppen in außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie den Max-Planck-Instituten ist zwischenzeitlich recht groß. Die AvH-Stiftung hat mit dem vom Bundesforschungsministerium finanzierten Sofja-­Kovalevskaja-Preis bereits seit 2002 ein entsprechendes Angebot im Portfolio. Der Preis soll vielversprechenden Nachwuchswissenschaftlern aus dem Ausland hierzulande den Einstieg in eine wissenschaftliche Karriere ermöglichen. Gefördert wird der Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe an einer Forschungsinstitution eigener Wahl.

Während in der Anfangszeit die Preisträger im Zweijahresrhythmus ausgezeichnet wurden, werden die Preise seit 2014 jährlich vergeben: Aktuell sechs per anno bei einer Erfolgsquote von etwa zehn Prozent. Ein knappes Drittel der Preise aus den letzten fünf Jahren ging dabei an Wissenschaftlerinnen.

Aber auch als „Deutscher“ können Sie sich bewerben. Dies erfordert laut AvH-Stiftung den Nachweis, dass sich Ihr Lebens- und Arbeitsmittelpunkt seit mehr als zehn Jahren im Ausland befindet. Kommen Sie lediglich auf mehr als fünf Jahre, muss eine zusätzliche Bedingung erfüllt werden – etwa eine zeitlich unbefristete Anstellung, zusätzliche Staatsbürgerschaft im Aufenthaltsland oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Ebenso sollten Sie sich in den 18 Monaten vor Antragseinreichung nicht in Deutschland aufgehalten haben.

Teeküche inklusive

Wichtig ist, dass die Promotion des Antragstellers vor nicht mehr als sechs Jahren abgeschlossen wurde. Das Preisgeld von bis zu maximal 1,65 Millionen Euro über fünf Jahre kann zur Deckung des Lebensunterhalts, sprich Finanzierung der eigenen Stelle bis zur höchsten Entgeltgruppe E15, verwendet werden, falls sie nicht anderweitig durch Gastinstitut oder andere Förderprojekte abgedeckt ist.

Die gastgebende Institution erhält eine üppige Verwaltungspauschale in Höhe von 15 Prozent aus dem Preisgeld – immerhin bis zu 50.000 Euro pro Jahr. Diese kann für Infrastruktur mit Forschungsbezug oder aber auch zur Finanzierung eines „Wohlfühlpakets“ mit Maßnahmen zur Integration von Preisträgerin oder Preisträger samt Partner oder Partnerin eingesetzt werden. Aus den FAQs erfährt man, dass auch die Kosten für das dienstliche Mobiltelefon, Besuche in- und ausländischer Wissenschaftler, Betriebsausflüge der Nachwuchsgruppe oder die gruppeneigene Teeküche aus Stiftungsmitteln beglichen werden können. Der Rest bleibt für die Forschung, um zum Beispiel Doktoranden oder technische Angestellte zu entlohnen.

Ob das Programm jedoch auch zukünftig in der jetzigen Form beziehungsweise überhaupt weiterläuft, ist leider momentan unklar. Auf den Seiten der Stiftung heißt es dazu: „Im Zuge einer derzeit stattfindenden Strategiediskussion wird die Ausschreibung des Sofja-Kovalevskaja-Preises geprüft. Deshalb werden zurzeit keine Bewerbungen entgegengenommen.“ Dies ist etwas verwunderlich, da das Programm noch 2016 im Rahmen einer externen Evaluierung bezüglich der Umsetzung seiner Zielsetzung als „insgesamt sehr positiv“ eingestuft wurde.

Flexibel und individuell reagieren

Zudem wurde auch die AvH-Stiftung aktuell von der Corona-Pandemie überrollt. Momentan versucht sie, den Betrieb irgendwie aufrechtzuerhalten, auch wenn die individuelle Mobilität als zentrale Voraussetzung für Förder- und Vernetzungsaktivitäten stark eingeschränkt ist. Zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt, verschoben oder laufen, falls möglich, virtuell. Das Alumni-Programm wurde ebenfalls stark eingeschränkt. So werden beispielsweise nicht abschließend evaluierte Anträge auf neue Forschungsaufenthalte an den Antragsteller zurückgegeben, bereits genehmigte Aufenthalte sollen ins nächste Jahr verschoben werden.

Betroffen ist vor allem der wissenschaftliche Nachwuchs, der im wahrsten Sinne des Wortes auf gepackten Koffern sitzt: Der letzte Vertrag schon ausgelaufen, vielleicht schon ein Apartment im Gastland angemietet, doch die Labore in der Forschungseinrichtung nur eingeschränkt nutzbar, wenn nicht gar geschlossen. Oder man hat umgekehrt den Wunsch, schnellstmöglich das Stipendium abzubrechen, um ins Heimatland zurückzukehren.

Hier versucht die Stiftung im Rahmen ihrer Möglichkeiten, individuelle und pragmatische Lösungen zu finden. So erhalten Stipendiaten weiterhin ihre monatlichen Zahlungen, auch wenn sie Ihre Aktivitäten auf das Homeoffice beschränken müssen. Weiterhin werden Stipendiaten nach Förderende auch weiter unterstützt, wenn sie ihr Gastland aufgrund von Reisebeschränkungen nicht verlassen können.

Wird das Stipendium hingegen vorzeitig abgebrochen, unterstützt die Stiftung den Ausreise- sowie gegebenenfalls noch den Folgemonat und bietet die Möglichkeit, das Stipendium nach Ende der Pandemie ohne größeren bürokratischen Aufwand fortsetzen zu können. Ebenso können Stipendiaten nach Abbruch des Aufenthaltes im Gastland ihr Stipendium in der Heimat fortsetzen – dann allerdings nur mit dem Stipendien-Grundbetrag ohne Auslandszuschlag. Anfallende Stornokosten wie für bereits gebuchte Zimmer können vorzugsweise bei Stipendiaten aus Schwellen- und Entwicklungsländern sowie Postdocs ohne regelmäßiges Einkommen übernommen werden.

Die Stiftung rät allen Betroffenen, umgehend den Kontakt zum jeweiligen Betreuer in der AvH-Stiftung zu suchen, um Unterstützungsmöglichkeiten abzuklären.




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Foto:Thomas Roese
„Wunderbare Nachwuchsförderung“ - SOFJA-Kovalevskaja-Preis

Die Pflanzenforscherin Isabel Bäurle promovierte 2004 in der Gruppe von Thomas Laux an der Universität Freiburg. Danach war sie mit Unterstützung durch EMBO, Robert-Bosch-Stiftung und der Royal Society sechs Jahre am John Innes Centre, Norwich, UK, tätig. 2010 wurde sie mit dem Sofja-Kovalevskaja-Nachwuchsgruppenpreis der Humboldt-Stiftung ausgezeichnet und wechselte an das Institut für Biochemie und Biologie der Uni Potsdam. Seit 2019 ist Isabel Bäurle dort Professorin für Epigenetik der Pflanzen.

Laborjournal: Was bewog Sie, nach ihrem Auslandsaufenthalt wieder nach Deutschland zurückzukehren?

Isabel Bäurle » Ich habe sehr gerne in England gelebt und gearbeitet und sehr viel von dort mitgenommen. Zur Rückkehr haben mich mehrere Gründe bewogen. Zum einen waren es familiäre Gründe – zum anderen ist es in meinem Gebiet in Deutschland insgesamt etwas einfacher, Drittmittel einzuwerben. Den Ausschlag hat am Ende aber der Sofja-Kovalevskaja-Preis gegeben, der ein wunderbares Instrument der Nachwuchsförderung ist.

Welche Bedeutung hatte der Kovalevskaja-Preis der AvH-Stiftung für Ihre wissenschaftliche Karriere? Und sind Sie nach Auslaufen der AvH-Förderung noch im Humboldt-Netzwerk aktiv?

Bäurle » Dieser Preis hat es mir ermöglicht, zu einem relativ frühen Zeitpunkt in meiner Karriere unabhängig ein neues und spannendes Forschungsgebiet zu erschließen. Der Förderzeitraum von fünf Jahren und die mit dem Preis verbundene Flexibilität haben es mir erlaubt, längerfristige Projekte zu verfolgen, an denen meine Arbeitsgruppe zum Teil heute noch arbeitet. Dem Humboldt-Netzwerk bin ich weiterhin sehr verbunden. Zum Beispiel begutachte ich regelmäßig Stipendienanträge und nehme an Jahrestagungen für Stipendiaten teil.

Ihr Karrieretipp für Nachwuchswissenschaftler?

Bäurle » Wissenschaft bedeutet, ins Unbekannte hinauszusegeln. Als Nachwuchswissenschaftler ist man manchmal versucht, sich auf (vermeintlich) sichere Projekte zu konzentrieren, die sich schnell veröffentlichen lassen. Das hat karrieretechnisch sicher eine gewisse Berechtigung. Dennoch sollte man sich trauen, auch große Fragen zu stellen. Ein weiterer Tipp wäre, in den Aufbau eines wissenschaftlichen Netzwerkes zu investieren.