Transferförderung
Eine Brücke schlagen

Juliet Merz


Editorial

Der Ruf nach einem neuen Förderinstrument, das den Transfer von Wissen in die Wirtschaft finanziell unterstützt, wird immer lauter. Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und FDP fordern mehr Geld für die anwendungsorientierte Forschung. Was in der Schweiz, Österreich und auf Europa-Ebene schon funktioniert, lässt in Deutschland auf sich warten.

Ein gemeinsames Ziel vereint aktuell deutsche Fachhochschulen: Sie möchten finanziell mehr unterstützt werden und fordern deshalb eine staatliche Förderinitiative, die auf die anwendungsorientierte Forschung spezialisiert ist. Die Kritik: Im Vergleich zu Universitäten bekämen Fachhochschulen beziehungsweise Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs) kaum Fördergelder von Bund und Ländern.

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Illustr.: Juliet Merz

Tatsächlich gingen 2018 etwa bei der DFG nur knapp 0,5 Prozent ihrer gesamten Bewilligungssumme an HAWs. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vergab als Projektfördermittel immerhin 225 Millionen Euro und damit 16 Prozent. Diese Zahl gibt jedoch nur die reine Forschungsförderung wider und beinhaltet beispielsweise nicht die Exzellenzinitiativen, die nur den Universitäten zustehen. So dürfte die Diskrepanz bei der Fördermittelverteilung auch beim BMBF deutlich größer ausfallen und das, obwohl es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland etwa doppelt so viele staatliche HAWs wie Universitäten gibt – nämlich 218 zu 106.

Doch woher kommt dieses Ungleichgewicht? Die Aufgaben der Hochschulen (auch Universitäten) haben sich gewandelt. Mittlerweile tritt neben der Generierung von Wissen (Forschung) und der Weitergabe dieses Wissens an die nächste Generation (Lehre) eine dritte Leistungsdimension in den Fokus: der Transfer, also die Nutzbarmachung der wissenschaftlichen Ergebnisse für die Gesellschaft und Wirtschaft – wie Hans-Hennig von Grünberg, Physiker und Präsident der Hochschule Niederrhein, in einem Gastbeitrag in der DUZ schreibt (01/2019). Diese Leistungserweiterung formulierte der Wissenschaftsrat im Sommer 2013 in seiner Empfehlung „Perspektiven des deutschen Wissenschaftssystems“.

Editorial
Unis bevorzugt

Das wesentliche Merkmal der neuen Leistung „Transfer“ ist seine Brückenfunktion zwischen dem Ort, an dem das Wissen entsteht (Woher), und dem, wo das Wissen genutzt wird (Wohin). Diese Disziplin ordnet von Grünberg klar den HAWs zu: „Was in dem universitären Modell Bildung und Forschung sind, sind in dem fachhochschulischen die akademische Ausbildung und der Transfer. Erkenntnisorientierte Forschung hier, anwendungsorientierte dort.“

Hier liegt der Grund für das fachhochschulische Finanzierungsproblem begraben. Denn: „Deutschland verfügt über ein hervorragend ausgebautes System der Förderung von Hochschulforschung, das sich aber wesentlich auf einen klassischen Forschungstyp bezieht, der Erkenntnisgewinnung primär aus Erkenntnisinteressen begründet und wesentlich an Universitäten praktiziert wird“, referiert der Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Hartmut Ihne bei der Transferkonferenz der Hochschulallianz für den Mittelstand, einem Verbund aus zwölf Hochschulen. Ihne spricht hier von der Grundlagenforschung, die etwa durch die DFG in erstklassiger Weise vertreten würde. Das sei ein Segen und Fluch zugleich: „Segen, weil die deutsche Grundlagenforschung prosperiert, Fluch, weil andere Typen des Forschens mehr oder weniger ausgeblendet werden.“

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Marcus Baumann meint: „Die Unabhängigkeit der Wissenschaft ist gefährdet.“ Eine staatliche Förderung von anwendungsorientierter Forschung könnte den privatwirtschaftlichen Partnerzwang an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften durchbrechen. Foto: Wikimedia Commons /ThiLu (CC BY-SA 4.0)

Finanziert werden Forschungsprojekte an HAWs bislang maßgeblich durch Industrie-Partner – ein Finanzierungssystem, das der Grundlagenforschung weitestgehend verwehrt bleibt. Besonders stark kooperieren HAWs dabei mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), wie Marcus Baumann, Professor für Biotechnologie und Rektor der Fachhochschule Aachen in einem Zeitschriften-Beitrag schreibt (Forschung. Politik – Strategie – Management 3+4/2017: 118-123).

Laut des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn definieren sich KMUs durch einen Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro und einer Beschäftigtenzahl unter 500 Mitarbeitern. „Als Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind diese Unternehmen für ihren andauernden wirtschaftlichen Erfolg besonders auf die Entwicklung innovativer Anwendungen und Projekte angewiesen – und die kommen in erster Linie aus der Forschung an HAWs“, meint Baumann. Aufgrund der engen regionalen Vernetzung der Hochschulen mit den KMUs ihrer jeweiligen Region einerseits und der Erfahrung ihrer wirtschafts- beziehungsweise industrieerfahrenen Professoren andererseits würden laut Baumann HAWs den Innovationsbedarf der Unternehmen bestens kennen. Risikoreichere Projektideen, bei denen der Erfolg nicht von vornherein garantiert ist, kämen oft nicht zum Zuge. Das ist in der Grundlagenforschung nicht anders.

Im Gegensatz zu Großunternehmen, die häufig eigene Abteilungen für Forschung sowie Entwicklung haben und auch hinsichtlich des zu erwartenden Forschungserfolges Risiken eingehen können, seien die finanziellen Kapazitäten der KMUs für ergebnisoffene Forschung begrenzt. „Mittelständische Unternehmen können nicht ohne weiteres fünf- bis sechsstellige Summen in ein Projekt investieren, das möglicherweise nichts wird“, so Baumann. „Großunternehmen können dieses Risiko schon eher in Kauf nehmen.“ Doch gerade das Potenzial der unabhängigen, rein wissenschaftsgeleiteten anwendungsorientierten Forschung sicherten die Marktposition oder gar die Existenz eines Unternehmens.

Die Bankengruppe „Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)“ berichtete für das Jahr 2017, dass die mittelständischen Unternehmen tendenziell weniger innovativ sind. Sprich: Sie produzierten weniger Produkte, Dienstleistungen oder Herstellungsverfahren, die für das betreffende Unternehmen oder den Markt neu oder in grundlegenden Merkmalen wesentlich verbessert sind. Und das, obwohl 2017 KMUs rund 31,3 Millionen erwerbstätige Personen beschäftigten. Ein neuer Höchststand. Nie hatten so viele Menschen ihren Arbeitsplatz im Mittelstand. Kooperationen mit anwendungsorientierten Hochschulen könnten den mittelständischen Unternehmen helfen, wieder innovativer zu werden und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Eine Chance

Fraglich ist dabei jedoch, inwiefern Projekte mit öffentlichen Mitteln finanziert werden sollten, mit denen letztlich Unternehmen ihr Geld verdienen. Der Hochschulpräsident Ihne sieht genau darin einen Vorteil, denn „jeder Cent, der in die forschungsbasierten Innovationspartnerschaften von Hochschulen mit Unternehmen fließt, fließt am Ende in Produktivität und Jobs in den Regionen zurück.“

Baumann erkennt in der staatlichen und damit unabhängigen Unterstützung für eine wissenschaftsgeleitete, anwendungsorientierte Forschung an HAWs eine erhebliche Chance: „Solch eine Förderung würde es ermöglichen, wirklich innovative Projekte zu verfolgen und Ideen zu verwirklichen, für die man vielleicht erstmal keinen Partner finden würde.“

Aktuell scheinen die HAWs durch die stiefmütterlich behandelte Forschungsförderung einem privatwirtschaftlichen Partnerzwang unterlegen zu sein: „Die Unabhängigkeit der Wissenschaft ist gefährdet, da HAWs nur dort effektiv forschen können, wo sie förderwillige Praxispartner finden“, stellt Baumann klar und ergänzt: „Wissenschaft wird quasi zur Wirtschaftsförderung instrumentalisiert, denn es ist ja klar: Wer die Musik bestellt, sagt auch, was gespielt wird.“

Die Lust auf Neues

Von Grünberg geht in seinem DUZ-Gastbeitrag einen Schritt weiter und zweifelt die bisherige Forschungsfinanzierung durch Industriepartner an, indem er den Erfindern eine Bringschuld zuweist: „Wie soll der, der später den Nutzen von einer innovativen Idee hat, vorab wissen, was ihm Neues bis dato gefehlt hat?“ Denn das Neue sei immer nur seinem Erfinder, nicht aber dem späteren Nutzer bekannt.

Die Abgeordneten der FDP reihen sich in einem Antrag an die Bundesregierung in von Grünbergs Argumentationskette ein (Drucksache 19/6265). Der Transferkanal aus der Wissenschaft in die Wirtschaft und Gesellschaft sei deutlich unterentwickelt. „Zudem melden sich antragsberechtige Unternehmen oft dann, wenn sie bei ihren bestehenden Produkten und Dienstleistungen einen Mangel feststellen, der behoben werden soll. Dadurch ist das Ergebnis angewandter Forschung oft eher Reparatur als neue Technologie und Entwicklung“, kritisiert die Fraktion.

Eine mögliche Lösung, die sowohl der Biotechnologe Baumann, als auch die Fachhochschul-Präsidenten von Grünberg und Ihne sowie die FDP begrüßen, wäre eine Deutsche Transfergemeinschaft (DTG).

Die Gründung einer DTG wurde erstmals 2016 vom Bad Wiesseer Kreis, einem Verbund aus Präsidenten beziehungsweise Rektoren der HAWs, empfohlen.

Doch wie sähe eine DTG im Idealfall aus? Das beschreiben sowohl FDP in ihrem Antrag als auch der Bad Wiesseer Kreis in einem Positionspapier („Vorschlag zur Gründung einer Deutschen Transfergemeinschaft (DTG)“, 9.6.18). Als Pendant zur DFG soll die DTG unabhängig, selbstverwaltet und als gemeinnütziger Verein organisiert sein. Eine Förderung durch die DTG würde in der Regel eine Kooperation mit einem oder mehreren regionalen oder überregionalen Partnern erfordern – hier natürlich insbesondere KMUs. Selbstverständlich fördert die DTG nur Anträge mit starkem Anwendungsbezug. Und wer entscheidet darüber? (Politisch) Unabhängige, in Transfer- und Innovationsprozessen erfahrene Gutachter aus Praxis und mehrheitlich Wissenschaft.

Im FDP-Antrag ist weiterhin vermerkt, dass mindestens eine inländische Hochschule oder ein Professor gemeinsam mit einem Unternehmen oder einer zivilgesellschaftlichen Organisation als Projektpartner beteiligt sein soll. Außerdem solle die Förderung themenoffen sein und die Fördersumme in der Endausbaustufe mindestens eine Milliarde Euro jährlich betragen. Dieses Budget empfindet Baumann als vollkommen realistisch: „Es wäre nur ein Bruchteil dessen, was derzeit für Grundlagenforschung ausgegeben wird.“

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Die Innosuisse in der Schweiz fördert mit rund 175 Millionen Euro jährlich größtenteils Innovationsprojekte. Foto: Innosuisse
Nicht bei der DFG

Unstimmigkeiten beziehungsweise Unklarheiten bestehen derweil noch, wie eine DTG aufgebaut werden könnte. Im FDP-Antrag stellt die Fraktion drei Möglichkeiten vor. „Man könnte sie erstens direkt unter dem Namen ‚Deutsche Transfergemeinschaft’ als eigenständige Organisation gründen. Zum zweiten könnte man sie als einen zusätzlichen Zweig bei der DFG ansiedeln.“ Diesen Vorschlag kritisierte der Schweizer Physiker Dieter Imboden, Aufsichtsratschef des österreichischen Wissenschaftsfonds, im Januar 2018 indirekt. Die DFG sei optimal auf das Ziel der Wissenschaftlichkeit ausgelegt und müsse gerade deswegen andere Kriterien außer Acht lassen. „Ob ein solches unabhängiges Pflänzchen [Anm. d. Red.: die DTG] innerhalb der großen und auf die klassische Forschungsförderung ausgerichtete DFG eine Chance hätte, ist zumindest zweifelhaft.“ Er ergänzt außerdem, dass Transferforschung in Deutschland zwar vom BMBF finanziert werde, aber dessen Auswahlverfahren weniger professionell und qualitätsgeleitet sei als das der DFG.

Diese Aussage kommt auch dem dritten Vorschlag der FDP nicht wirklich zu Gute: „Als dritte Möglichkeit böte sich an, sie als Organisationseinheit unter Federführung des BMBF und des BMWi [Anm. d. Red.: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie] aufzustellen mit dem Ziel einer späteren Ausgründung.“

Einen vergleichbaren Weg ging man bereits in der Schweiz. Dort wurde Anfang 2018 die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes, welche die wissenschaftsbasierte Innovation im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz fördert, in die öffentlich-rechtliche Förderanstalt Innosuisse umgewandelt – quasi das Pendant zur DTG. Die Innosuisse verfügt über ein jährliches Förderbudget von rund 200 Millionen Schweizer Franken (etwa 175 Millionen Euro). Der größte Teil davon fließt in die Förderung von Innovationsprojekten. Wie aus dem Tätigkeitsbericht 2016 hervorgeht, gingen zumindest damals fünfzig Prozent der Gelder an die insgesamt sieben Schweizer Fachhochschulen.

Und auch in Österreich gibt es eine eigens für den Transfer zuständige nutzenorientierte Förderorganisation – die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Sie wurde 2004 gegründet und förderte 2017 mit insgesamt 562 Millionen Euro Forschungs- und Innovationsprojekte, von denen nicht nur Fachhochschulen und Universitäten profitierten, sondern auch Großunternehmen, KMUs, Forschungseinrichtungen, Kompetenzzentren und sonstige Organisationen.

Und auch auf Europa-Ebene wird der Transfer besser gefördert als bisweilen in Deutschland. Als Gegenstück zum European Research Council hat die EU das European Innovation Council (EIC) ins Leben gerufen. Mit insgesamt 2,7 Milliarden Euro stellt das EIC in der Pilotphase zwischen 2018 und 2020 eine stolze Summe zur Verfügung. Die Förderung ist an Wissenschaftler oder Unternehmen mit Ideen oder Innovationen gerichtet, die sich radikal von bestehenden Produkten, Dienstleistungen oder Technologien unterscheiden, sehr riskant sind und zusätzliche Mittel brauchen, um auf den Markt zu kommen. Die Themenpalette ist dabei bewusst offen gehalten. Zusätzlich zu den finanziellen Förderungen, die es beispielsweise auch in Form von EIC Horizon Prizes gibt, stehen den KMUs auch Coaching- und Netzwerkprogramme zur Verfügung.

Was sowohl die Innosuisse, als auch die FFG und das EIC gemein haben: Sie richten sich nicht ausschließlich an HAWs. Das würde sich Biotechnologe Baumann zu Beginn einer DTG anders wünschen: „Die HAWs sollten erstmal einen Schutzbereich haben, um etwas aufzuholen.“ Doch nicht auf lange Sicht. Als klares politisches Bekenntnis für die anwendungsorientierte Forschung soll sie auch den Universitäten, allen voran den Technischen Universitäten, offenstehen, so Baumann.

Aber bitte ohne Abstriche!

Doch woher soll die DTG ihr Förderbudget nehmen? Hat möglicherweise am Schluss die DFG weniger Etat zur Verfügung? Das hofft Baumann nicht. „Ich bin dafür, dass keine Abstriche in der Grundlagenforschung gemacht werden,“ stellt Baumann klar. „Der Staat muss für die Förderung anwendungsorientierter Forschung zusätzlich Geld in die Hand nehmen. Immerhin dürfte das Bruttosozialprodukt durch vermehrte innovative Produkte steigen und eine Investition über eine DTG quasi ausgleichen.“

Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek sprach sich in einem Interview mit der Zeit gegen eine DTG aus: „Ich bin nicht dafür, ständig neue Strukturen aufzubauen“ („Gleichwertige Wege“, 28.11.18). Stattdessen hatte das Bundeskabinett im August 2018 beschlossen, eine Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen zu gründen. Innovationsmanager der Agentur sollen zeitlich befristet Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit Sprunginnovationspotenzial auswählen, steuern und beenden oder fortsetzen. „Geförderte Ideen werden über Ausgründungen, durch Unternehmen oder auch durch den Staat selbst, im Rahmen der öffentlichen Beschaffung verwertet und in den Markt eingeführt“, heißt es in einer Pressemitteilung des BMBF (075/2018). In der Experimentierphase, die für die kommenden zehn Jahre angelegt ist, sind Mittel in Höhe von rund einer Milliarde Euro eingeplant. Zum Vergleich: Das amerikanische Vorbild, die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), aus deren Innovationen Unternehmen wie Apple und Google entstanden sind, verfügt über ein Budget von circa drei Milliarden US-Dollar (rund 2,66 Milliarden Euro) – pro Jahr.

Gut gemeint

Baumann ist grundsätzlich von der Idee der BMBF-Agentur, nämlich der Förderung anwendungsorientierter Forschung, begeistert. Sie hat dennoch einen grundlegenden Nachteil, wie der Biotechnologe erläutert: „Die Idee setzt an der falschen Stelle an.“ Es dürfe nicht nur darum gehen, bereits bestehende Erkenntnisse sofort in Produkte umzuwandeln, sondern Innovationsideen überhaupt zu generieren. Das ginge laut Baumann am besten bei kleineren Projekten in der anwendungsorientierten Forschung, und zwar ausgehend von den Wissenschaftlern selbst.

Am 12. März bezog der Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Stellung zu dem Thema. Die HRK fordert ein Programm für anwendungsbezogene Forschung, dass beim BMBF angesiedelt und für mindestens fünf und maximal zehn Jahre mit wenigstens 500 Millionen Euro im Jahr gefördert werden soll. Dabei soll es allen Hochschulen offenstehen.

Die Inhalte des Programms unterscheiden sich von denen der DTG kaum. Von Industriepartnern hingegen, wie es im FDP-Antrag erwähnt ist, steht in der HRK-Forderung nichts. Stattdessen sollen Forscher bessere Möglichkeiten erhalten, eigene Anwendungs­ideen unabhängig von externen Vorgaben voranzutreiben. Die bisherige Förderung anwendungsnaher Forschungsprojekte sei entweder primär vom Erkenntnisinteresse getrieben oder stark auf die Nachfrage aus Wirtschaft und Gesellschaft ausgerichtet, heißt es in der dazugehörigen Pressemitteilung. Dennoch sollen die geförderten Projekte neben der wissenschaftlichen auch eine gesellschaftliche beziehungsweise wirtschaftliche Relevanz vorweisen.

Baumann begrüßt diese Entwicklung: „Das geht in die völlig richtige Richtung. Der Name ‚Deutsche Transfergemeinschaft‘ wurde an den HAWs ohnehin gewissermaßen als Arbeitstitel interpretiert. Wenn die anwendungsorientierte Forschungsförderung nun anders umgesetzt wird, dann können wir auch damit leben.“ Doch das vorgeschlagene Programm muss zuerst einmal realisiert werden. Baumann ist optimistisch: „Wenn die HRK in einer Stellungnahme solch eine Forderung äußert, ist das schon ein Gewicht in der Waagschale.“ Dennoch bleibt abzuwarten, ob das BMBF zustimmt und welche Ergebnisse das Förderprogramm letztlich erzielt.

„Wenn das Vorhaben umgesetzt wird, müssen wir in ein bis zwei Jahren evaluieren: Wurden die richtigen Impulse gesetzt? Erzielen wir die erhofften und geforderten Erfolge?“, gibt Baumann zu bedenken. „Wenn das Programm unsere Erwartungen erfüllt, brauchen wir eine DTG nicht. Andernfalls müssen wir uns noch einmal an einen Tisch setzen, prüfen und neu nachdenken. Dann kann eine DTG möglicherweise wieder ein Lösungskonzept sein.“



Letzte Änderungen: 29.11.2019