Editorial

Bewegte Bilder statt Fotos
Strukturanalyse mit der NMR

Henrik Müller


Starre 3D-Strukturmodelle können die Funktion biologischer Makromoleküle nicht erklären. Eine dynamische Beschreibung der Konformations-Landschaft eines Proteins schon. Die Weiterentwicklung einer klassischen NMR-Methode wirft neues Licht auf die Schlüsselszenen im Leben von Proteinen.

Von 150.593 Proteinstrukturen in der Proteindatenbank (www.rcsb.org) sind 89,5 Prozent röntgen­kristallographisch, 8,5 Prozent mittels Kernspinresonanz­Spektroskopie (NMR) und zwei Prozent mithilfe der Elektronenmikroskopie (EM) aufgeklärt worden. Der Anteil EM-basierter Strukturen klingt wenig, hat sich in den letzten Jahren aber verzehnfacht. Und dieser Trend wird sich fortsetzen. Kryo-EM-Methoden werden in den nächsten Dekaden den strukturbiologischen Traum wahr werden lassen und Megadalton-große Proteinkomplexe in ihrer zellulären Umgebung entschlüsseln.

Für die Flüssig-NMR dagegen sind Makromoleküle mit mehr als 30 kDa eine Herausforderung. Ausnahmen bestätigen die Regel. Je größer das Objekt der Begierde, desto mehr Signale tauchen im NMR-Spektrum auf und umso schneller sind deren transversale Relaxations-Raten. Im Klartext bedeutet dies: zu viele und zu breite Peaks, die sich zu sehr überlappen. An Strukturbestimmung ist da nicht zu denken.

Die Festkörper-NMR kann zwar mit schwergewichtigen Proteinkomplexen umgehen. Mit ihr gelang es immerhin, die Strukturen von Membranproteinen, amyloiden Fibrillen und viralen Partikeln aufzuklären – wenn auch häufig nur teilweise. Ein Vergleich mit der Kryo-EM fällt in puncto Kosteneffizienz, Probenmenge und Zeitaufwand aber erneut zu Ungunsten der NMR aus.

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Die klassische Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) von Proteinen liefert nur ungefähre Atomabstände für die Berechnung der Proteinstruktur. Weitaus präzisere Abstandswerte erhält man mit der exakten Kern-Overhauser-Effekt-Spektroskopie (eNOE), die Roland Rieks Gruppe an der ETH Zürich entwickelte. Illustration: Universität Salzburg
Weg von statischen Strukturen

Die Funktion eines Proteins hängt nicht nur von einer einzigen statischen Struktur ab. Nicht die durchschnittliche Konformation eines Proteins ist von Bedeutung, sondern wie es mit Konformationsänderungen umgeht. Proteine ändern ihre 3D-Struktur in einer Zeitspanne, die von Picosekunden bis zu Tagen reicht. Strukturelle Unordnung, das heißt erhöhte Dynamik, ist eine fundamentale Eigenschaft des eukaryotischen Proteoms. Intrinsisch ungeordnete Proteine kommen sogar ohne jegliche definierte Struktur aus.

Kurzum, starre Proteinmodelle und einfache Schlüssel-Schloss-Prinzipien haben ausgedient: Essentiell für die Proteinaktivität ist die molekulare Dynamik. Und hier kommt, aus ganz pragmatischen Gründen, die NMR ins Spiel. Bio-NMR-Experte Roland Riek von der ETH Zürich erklärt: „Die Proteindatenbank enthält nur aus einem Grund wenige NMR-Strukturen: Ihre Berechnung ist zeitaufwendig. Nach der Aufnahme aller NMR-Spektren dauert es Monate, bis die Struktur aufgeklärt ist. In der Röntgenkristallographie und Kryo-EM sind es nur Tage. Deshalb haben sich die NMRler auf die Proteindynamik gestürzt und vielfältige Methoden zu deren Untersuchung entwickelt.“

Und das trägt Früchte. Mittlerweile kann die NMR die Konformationsdynamik eines Protein-Ensembles kinetisch und thermodynamisch unter die experimentelle Lupe nehmen – quantitativ, in atomarer Auflösung und unter physiologischen Bedingungen.

Der dafür notwendige erste Schritt, die Strukturaufklärung, beruht in der Flüssig-NMR seit den 1980er Jahren maßgeblich auf dem Kern-Overhauser-Effekt (NOE) zwischen benachbarten Protonen. Nach der Magnetisierung relaxieren diese mit einer bestimmten Rate wieder in ihren Ruhezustand, die proportional zu ihrem räumlichen Abstand im Protein ist. Diese Kreuzrelaxations-Raten spiegeln sich in Nuclear-Overhauser-Effect-Spectroscopie-(NOESY)-Spektren, in den Intensitäten von 1H-1H-NOE-Cross-Peaks wider, aus denen Abstandsinformationen für Proteinrückgrat und Seitenketten gewonnen werden können. Je mehr, desto besser. Als Faustregel gilt, dass sich ein hochaufgelöstes Strukturmodell mit 15 bis 20 internuklearen Abständen pro Aminosäurerest berechnen lässt.

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Am Haken des Autokrans hängt das tonnenschwere und Millionen Euro teure Magnetsystem eines NMR-Spektrometers. Es enthält supraleitende und auf wenige Kelvin heruntergekühlte Magneten, die ein extrem starkes und äußerst homogenes Magnetfeld erzeugen. Taucht eine chemische Probe in das Magnetfeld ein, richten sich die magnetischen Momente der Atomkerne parallel zu dem Magnetfeld aus. Ein kleiner Radiofrequenz-Puls kippt sie aus der parallelen Orientierung, wodurch die Kerne eine Kreiselpräzession um die Achse des Magnetfeldes ausführen. Die hierdurch erzeugten winzigen Magnetfelder werden detektiert und in ein NMR-Spektrum überführt. Foto: ETH Zürich
Präzise Atomabstände

Bisher konnten aus den Peak-Intensitäten aber keine genauen Atomabstände sondern nur semiquantitative Abstandsgrenzen ermittelt werden. Aus diesen resultierten zwar auch Strukturmodelle. Revolutionär an dem verfeinerten Ansatz der Züricher Strukturbiologen Roland Riek und Beat Vögeli sowie des NMR-Bioinformatikers Peter Güntert von der Goethe-Universität Frankfurt ist aber eine bisher nicht gekannte Präzision. Güntert, der in Frankfurt eine Lichtenberg-Professur der VolkswagenStiftung inne hat und gleichzeitig in Rieks Gruppe an der ETH als Senior Scientist mitarbeitet, erklärt: „Seit Jahrzehnten ist es möglich, NMR-Strukturen zu berechnen, aber nur aus qualitativ interpretierten NOEs. Das Besondere an unserem Ansatz ist, dass man Distanzen viel genauer bestimmen und damit die wichtigste Eigenschaft von Proteinen, nämlich ihre Dynamik, sehen kann.“

Ihr in Molecules (22: 1176) erschienenes Protokoll beschreibt im Detail, wie 1H-1H-Abstände mit exakt gemessenem Kern-Overhauser-Effekt (eNOE) präzise bestimmt werden können. Berechnet haben Riek, Vögeli und Güntert die 1H-1H-Abstände für fünf Modellproteine mit 34 bis 165 Aminosäureresten. Seit kurzem wagen sie sich auch an Biomoleküle von 360 kDa heran (ChemBioChem 19: 16951701).

Die Größenlimits der Flüssig-NMR verschieben sich. Manchmal zahlt sich eine beharrliche Entwicklungsarbeit über Jahre eben doch aus.

Exakte NOEs konnten bisher nicht ermittelt werden: Zum einen aufgrund mangelnder Spektren-Qualität, zum anderen infolge des quantenmechanischen Phänomens der Spin-Diffusion. NMR-Sensitivität und Spektren-Auflösung verbesserten sich in den letzten Jahren entscheidend durch Ultrahochfeld-NMR-Spektrometer mit Kryo-Probenköpfen und der routinemäßigen Aufnahme heteronuklearer 2D-, 3D- und 4D-Spektren. Was den Weg für die NMR-Gemeinde frei machte, das Problem der Spin-Diffusion anzugehen.

Indirekte Magnetisierung

Güntert erklärt: „Alle Protonen eines Proteins sind Teil eines Netzwerks dipolarer Kopplungen, in dem Kernspin-Magnetisierung fließt. Spin-Diffusion bedeutet, dass die ­Magnetisierung von Proton A zu Proton B nicht direkt übertragen wird, sondern indirekt über ein näher liegendes Proton C, obwohl der Gesamtabstand ACB länger ist als AB.“

Der quantitative Charakter der AB-Übertragung geht somit zum Ärger des Bio-NMRlers flöten. Kreuzrelaxations-Raten sind nicht länger direkt proportional zu den Intensitäten einzelner NOE-Cross-Peaks und die ermittelten Atomabstände damit nur Näherungen.

Abhilfe schafft das eNOE-Protokoll aus Zürich. Im ersten Schritt werden mehrere sogenannte 3D-HMQC/HSQC-NOESY-Spektren 15N- und 13C-gelabelter Proteine aufgenommen. In diesen würfelförmigen Datensätzen sind die chemischen Verschiebungen von 15N- oder 13C-Kernen in der ersten Dimension mit denen benachbarter 1H-Kerne in der zweiten und dritten Dimension korreliert. Die Pulssequenzen enthalten eine variable Mischzeit, in der die Magnetisierung zwischen benachbarten Protonen transferiert wird.

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Zu den mit der eNOE-Methode berechneten Proteinstrukturen zählen die WW-Domäne von Pin1 (34 Reste), die dritte Domäne des Immunglobulin-Binde-Proteins GB3 (56 Reste), die PDZ2-Domäne der humanen Tyrosin-Phosphatase 1E (97 Reste) sowie humanes Cyclophilin A (165 Reste). Illustration: AG Riek

Je länger die Mischzeit und je näher sich die Protonen sind, umso intensiver sind die entsprechenden Cross Peaks. In einem zweiten Schritt werden die Kreuzrelaxations-Raten, also die zeitlichen Entwicklungen der Peak-Intensitäten, extrahiert. Anschließend werden aus den Kreuzrelaxations­Raten Abstandsgrenzen berechnet und aus diesen ein vorläufiges Strukturmodell. Das Ganze in der Proteindatenbank zu hinterlegen, wäre der Schlusspunkt einer herkömmlichen Strukturbestimmung. So weit also nichts Ungewöhnliches.

Der entscheidende Schritt kommt danach. Aus den 3D-Koordinaten des herkömmlichen Strukturmodells geringer Auflösung berechnet das neue Protokoll den zu erwartenden Effekt der Spin-Diffusion auf alle Peak-Intensitäten und zieht ihn von den jeweiligen Kreuzrelaxations-Raten ab. Aus dem verbesserten Datensatz kann es nicht nur die oberen Abstandsgrenzen berechnen, sondern exakte internukleare Abstände und somit ein verfeinertes Strukturmodell.

Inklusive Spin-Diffusion

Allerdings ist das einfacher gesagt als getan. Zur Berechnung der Spin-Diffusion müssen alle Wege des Magnetisierungs-Transfers zwischen allen Atomkernen gleichzeitig in Betracht gezogen werden. Und das ist im 3D-Protonen-Netzwerk eines Proteins nicht ganz einfach, versichert Güntert: „Wir stellen eine Ma­trix auf, die alle Atompaare enthält. Jeder Ma­trixeintrag bildet die Übertragungsrate der Magnetisierung ab, die proportional zur Distanz des jeweiligen Atompaares im Strukturmodell ist. Und dann berechnen wir die zeitliche Entwicklung der Matrix, nicht nur für den direkten Transfer sondern inklusive aller indirekten Pfade.“ Wer sich von einer quantenchemischen Betrachtung dieser Pfade nicht abschrecken lässt, dem sei Beat Vögelis Review empfohlen (Prog. Nucl. Magn. Reson. Spectrosc. 78: 146).

Die Verfeinerung wird so lange wiederholt, bis das Strukturmodell nicht weiter verbessert werden kann. Woher weiß der NMRler aber, wann ein 3D-Modell den erhaltenen Datensatz optimal erklärt? Jedes NMR-Modell besteht nicht nur aus einer rigiden Struktur, sondern aus einem Ensemble der energetisch niedrigsten Konformere. Je ähnlicher diese Konformere sind, umso präziser ist das Strukturmodell. Um dessen Qualität zu bewerten, wird für alle Konformere die Wurzel aus der mittleren quadratischen Abweichung (RMSD) der räumlichen Positionen aller Rückgrat-Atome berechnet. Die Modellqualität kann so in einem RMSD-Wert ausgedrückt werden. Zudem ist es mit dem RMSD-Wert möglich, Strukturmodelle zu vergleichen.

Mit den exakten NOEs konnten Güntert, Riek und Vögeli die 1H-1H-Abstände in Ubiquitin (76 Reste), dem wohl bestuntersuchten NMR-Versuchskaninchen, bis zu einer Entfernung von fünf Ångström sehr genau bestimmen: Der zufällige experimentelle Fehler lag bei 0,07 Å. Bei den von anderen Gruppen mit NMR- und Röntgenstrukturanalyse erzielten Strukturmodellen für Ubiquitin (Einträge 1D3Z beziehungsweise 1UBQ in der Proteindatenbank) liegt der RMSD-Wert für die gleichen 1H-1H-Abstände dagegen bei 0,24 Å (J. Am. Chem. Soc.13147: 17215-25).

Man könnte nun meinen, der zusätzliche Nutzen von eNOEs läge nur in besseren Strukturen. Das ist aber nicht alles. Der erste Vorteil ist, dass zur Verfeinerung eines Strukturmodells nicht länger komplementäre Datensätze herangezogen werden müssen. ­Etwa Torsionswinkel aus chemischen Verschiebungen oder skalaren Kopplungen sowie Ausrichtungstensoren, die aus residualen dipolaren Kopplungen (RDC) resultieren. eNOEs enthalten genauso viel strukturelle Information wie der kombinierte Datensatz aus herkömmlichen NOEs, RDCs und skalaren Kopplungen (J. Struc. Biol. 191: 306-17). Das verringert die Anzahl notwendiger NMR-Experimente und Proben beträchtlich.

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Mit Berechnungen herkömmlicher NOEs (links) sind bei dem Modellprotein GB3 nur lose Bündel der 20 energetisch niedrigsten Konformere zu sehen. Dagegen sind im eNOE-Strukturensemble (rechts), auf Anhieb zwei verschiedene in blau und rot eingefärbte Proteinzustände zu erkennen. Illustration: AG Riek
Auch für Makromoleküle

Zweitens bieten eNOEs gegenüber den meisten Flüssig-NMR-Methoden einen methodischen Vorteil. Der NOE-Transfer wird mit zunehmenden Rotationskorrelationszeiten effizienter. NOESY-Spektren können also auch für große Makromoleküle aufgenommen werden. Da überlappende Cross Peaks von Proteinen mit mehr als 150 Resten aber die Extraktion brauchbarer eNOEs limitieren, griffen Beat Vögeli und Kollegen zu einem weiteren Trick: „Wir können trotzdem immer größere Moleküle untersuchen, und zwar mithilfe von protonierten Methylgruppen in deuterierten Molekülen“, erklärt Vögeli.

Die Gruppe deuterierte kurzerhand das 360 kDa-Halb-Proteasom von Thermoplasma acidophilium und verbarg es so vor der NMR. Dann markierte sie alle Methylgruppen in den Seitenketten von Isoleucin, Valin und Leucin selektiv mit 1H und 13C und konnte schließlich vier Dutzend eNOEs extrahieren. Diese Anzahl reichte aus, Aspekte zweier Kristallstrukturen des Halb-Proteasoms mit und ohne 11S-Aktivator-Komplex zu validieren. Die Studie erbrachte bisher zwar keine neuartigen mechanistischen Erkenntnisse. Aber sie demonstrierte das Potenzial von eNOEs, Änderungen in der 3D-Struktur infolge von Ligandenbindung oder allosterischen Effekten zu lokalisieren.

Sichtbare Proteindynamik

Als weiterer Pluspunkt kommt hinzu, dass die meisten Proteinstrukturen nur eine gemittelte Momentaufnahme eines komplizierten strukturdynamischen Bildes repräsentieren. Güntert gibt zu bedenken: „Ein Molekül, das sich bewegt, kann nicht durch eine einzige Struktur erklärbar sein.“ Für die Untersuchung der Dynamik eines Proteins sind Strukturmodelle der isolierten Konformations-Zustände daher Gold wert.

Vögeli, mittlerweile Assistant Professor an der University of Colorado in Denver, folgt hier einem Trend der modernen Bio-NMR: „Normalerweise sehen wir nur Signale von Grundzuständen. Neue Methoden ermöglichen aber die indirekte Bestimmung von wenig besetzten, hochenergetischen Zuständen, die nur in einstelligen Prozentzahlen vorkommen.“

Damit bezieht er sich auf NMR-Techniken wie paramagnetische Relaxationsverstärkung oder die Messung transversaler Relaxationsdispersion. Diese erlauben es zwar, die Kinetik und Thermodynamik des Austauschs zwischen unterschiedlichen Proteinzuständen zu messen. „Aber stets nur punktuell. Relaxationszeiten offenbaren, wie beweglich ein Atom ist und in welchem Zeitbereich die Bewegung stattfindet. In welche Richtung sich aber ein Sekundärstruktur-Element bewegt oder ob allosterische Effekte auftreten, ist mit eNOEs leichter greifbar. Denn sie enthalten nicht nur Informationen für einzelne Atome, sondern immer für Atompaare“, erklärt Güntert. „Mit eNOEs können wir nachschauen, welche Konformationen von einem Protein oder einem Protein-Ligand-Komplex gleichzeitig da sind.“

Denn exakte NOEs sind NMR-Messgrößen, die über alle vorhandenen Proteinkonforma­tionen sowie die Zeit gemittelt sind. In den ersten Versuchen, die Struktur des 56-Reste-Modellproteins GB3 nur mit eNOEs zu berechnen, waren manche der experimentell ermittelten 1H-1H-Abstände leicht widersprüchlich zu anderen. Diese Inkonsistenzen erstaunten, da ein genauerer Datensatz die Strukturberechnung ja vereinfachen sollte. Sobald Güntert, Riek und Vögeli aber versuchten, mehr als nur einen Proteinzustand durch den eNOE-Datensatz zu erklären, verschwanden alle Ungereimtheiten. Erst ein Ensemble aus drei GB3-Zuständen wurde allen eNOEs gerecht.

Präzise eNOEs erlauben es also, nicht nur den Mittelwert sondern mehrere im Struktur­Ensemble vorhandene Proteinzustände zu identifizieren. Dieser hochaufgelöste Einblick in die Übergänge von Konformations-Zuständen ist natürlich ein wichtiger Schritt, um die Funktion eines Proteins mechanistisch aufzuklären. Der eNOE-Datensatz eines Enzym-Substrat-Gemischs enthält zum Beispiel das komplette dynamische Bild aller Konformations-Zustände des Enzyms: Substrat-frei, Substrat-gebunden vor der Katalyse, Übergangszustand, Substrat-gebunden nach der Katalyse. Konventionellen NOEs entgehen derartige räumliche Fluktuationen – wie auch den meisten anderen strukturbiologischen Techniken.

Aus Fotoaufnahmen, die den zufälligen Zustand eines Proteins festhalten, werden dank eNOEs quasi Filmaufnahmen, die Schlüsselszenen aus dem Leben des Proteins zeigen. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis mit ihrer Hilfe biologisch relevante Mechanismen von Proteinen und Nukleinsäuren aufgeklärt werden können.



Letzte Änderungen: 10.09.2019