Editorial

Elektrosauger
Produktübersicht: Elektronische Pipetten und Pipettierhilfen

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Pipetting
Foto: baylab

Wer regelmäßig Pipettier-Marathons absolviert, mutet nicht nur dem Daumen einiges zu. Wesentlich leichter geht das Ganze mit einer elektronischen Pipette.

So lange ist es noch gar nicht her, da war es in vielen Laboren gang und gäbe, selbst abstruseste Bakterien-Lösungen oder Säuren mit dem Mund zu pipettieren. Dazu saugte man am Endstück einer serologischen Glas- oder Plastikpipette und zog die Flüssigkeit bis zum gewünschten Volumen auf. Wer dabei etwas zu heftig an der Flüssigkeit sog, musste schon mal damit rechnen, dass er Teil des Experiments wurde und einen kräftigen Schluck der in der Regel nicht sehr erquicklichen Lösung in den Mund bekam.

Das Mundpipettieren ist deshalb zurecht verboten und akkubetriebene Pipettierhilfen haben inzwischen den Part der Lippen und der Lungen beim Ansaugen von Flüssigkeiten in serologische Pipetten übernommen.

Die Pipettierhilfen der einzelnen Hersteller unterscheiden sich nur wenig voneinander. Alle haben einen pistolenförmigen Griff, eine konusförmig senkrecht zum „Pistolenlauf“ nach unten angebrauchte Aufnahme für die Pipetten und zwei Bedienknöpfe im mittleren Teil des Griffes. Betätigt man den oberen, saugt die Pumpe der Pipettierhilfe Flüssigkeiten an, drückt man den unteren, lässt sie diese wieder auslaufen oder pumpt sie aktiv aus der Pipette. Selbst das Gewicht ist bei den meisten Modellen fast identisch und liegt meist zwischen 160 und 220 Gramm.

Nur wenige Bauteile

Auch das Innenleben der Pipttierhilfen sieht immer gleich aus: kleine Akkupacks aus Nickel-Metallhydrid oder Lithium Ionen treiben eine Mini-Pumpe an, die über einen Schlauch mit der Pipettenaufnahme verbunden ist. Die Pumpensteuerung sitzt zumeist auf einer kleinen Platine im Griff und ist im Grunde das entscheidende Detail des Geräts. Je feiner die Elektronik das Ansaugen und Ablassen der Flüssigkeiten dosiert, desto schneller und genauer kann man das gewünschte Flüssigkeitsvolumen einstellen.

Fein dosierbar

Bei einigen Geräten lässt sich die Pipettiergeschwindigkeit mit einer kleinen Rändelschraube auf der Rückseite des Griffs zusätzlich regulieren. Zumeist wird sie jedoch nur über den mehr oder weniger tief gedrückten Bedienknopf gesteuert. Wer eine Pipettierhilfe finden will, die optimal in der Hand liegt und sich perfekt dosieren lässt, kommt nicht umhin verschiedene Modelle auszuprobieren und im täglichen Einsatz zu testen.

Dieser simple Grundsatz gilt gleichermaßen auch für elektronische Pipetten, die wie ihre manuellen Verwandten meist als Luftverdrängungspipetten konzipiert sind. Bei diesen schiebt ein sich auf- oder abwärts bewegender Zylinder ein Luftpolster vor sich her, das die Flüssigkeit ansaugt oder ausstößt.

Schritt- oder DC-Motoren

Bei elektrischen Pipetten wird der Zylinder nicht mittels Daumen und Rückhol-Feder angetrieben, sondern durch einen Elektromotor. Die meisten Hersteller favorisieren hierfür Schrittmotoren, die mit Linear-Aktuatoren gekoppelt sind. Bei diesen dreht sich ein magnetischer, zahnradförmiger Rotor im Magnetfeld eines Stators, der aus vielen kreisförmig angeordneten kleinen Elektromagneten besteht. Eine Elektronik schaltet die Polung der Elektromagneten des Stators blitzschnell zwischen Süd- und Nordpol um, wodurch sich der Rotor in Bewegung setzt.

Hätte der Rotor nur zwei gegenüberliegende Zähne und der Stator nur zwei Elektromagneten, würde er sich nur einmal im Kreis drehen, bis sich die entgegengesetzten Pole gegenüberstehen. Da er jedoch sehr viele magnetische „Zähne“ hat und der Stator aus vielen Elektromagneten besteht, kann man sowohl die Geschwindigkeit als auch die „Schrittgröße“ des Rotors sehr fein einstellen. Der Linear-Aktuator setzt die Drehbewegung schließlich, ähnlich wie eine Schraube, die sich in einer Schraubenmutter dreht, in eine lineare Bewegung um.

Nicht alle Hersteller sind von Schrittmotoren überzeugt und verwenden stattdessen Gleichstrom-Motoren. Da sich deren Motorachsen einfach nur drehen, wenn sie an Strom angeschlossen sind, mussten sich die Ingenieure etwas einfallen lassen, um die Drehbewegung in eine exakt steuerbare Linearbewegung zu übersetzen.

Elektronische Bremse

Das Umwandeln der Rotation in eine Vorwärtsbewegung ist noch relativ banal und geschieht wie bei den Linear-Aktuatoren nach dem Schraubenprinzip. Schwieriger ist es, die Drehbewegung an einem genau definierten Punkt anzuhalten, der einem vorgegebenen Volumen entspricht. Ein optisches System tastet hierzu die sich drehende Schraube ab und aktiviert eine elektronische Solenoidbremse, sobald die vorgegebene Wegstrecke zurückgelegt ist.

Ähnlich wie bei Pipettierhilfen erfolgt die Bedienung elektronischer Pipetten über verschiedene Druckknöpfe. Häufig sind diese zusammen mit einem Display auf dem Kopfteil des Pipettengriffs angeordnet und werden mit dem Daumen betätigt. Bei einigen Modellen sind sie jedoch auch auf der Frontseite platziert oder dem Druckknopf einer manuellen Pipette nachempfunden.

Welche Variante einfacher zu bedienen und ergonomischer ist, muss jeder Nutzer für sich selbst herausfinden. Es sollte deshalb obligatorisch sein, dass man verschiedene elektronische Pipetten im Laboralltag testet, bevor man sich für ein Modell entscheidet.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 07/2013, Stand: Juni 2013, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 10.07.2013