Editorial

Meist mittendrin

Publikationsvergleich 1997-99: Virologie
von Ralf Neumann, Laborjournal 3/2001


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Die meisten Zitierungen verbuchten deutsche Virologen, wenn sie mit ausländischen Gruppen oder mit Nicht-Virologen kooperierten.


Die Maul- und Klauenseuche ist wieder in aller Munde. Vor etwas über hundert Jahren dagegen regten sich wegen dieses Themas nur einige wenige auf. Obwohl Friedrich Löffler und Paul Frosch damals gerade das verursachende Virus isoliert hatten, das erste tierische Virus überhaupt. Seither gilt das Jahr 1899 als Geburtsjahr der medizinischen Virologie.

Große Traditionen also, auf die die deutschsprachigen Virologen zurück blicken. Gemessen an den Zitierungen aktueller Paper werden diese offenbar am erfolgreichsten an der Uni Erlangen gepflegt. Auf vier der zehn bis heute meistzitierten Veröffentlichungen der Jahre 1997 bis 1999 mit Beteiligung deutscher Virusforscher zieren Angehörige des dortigen Virologie-Instituts die Autorenliste.

Darunter auch das mit Abstand meistzitierte, das Paper Nature 386: 517“. Die Hemmung der Todesrezeptor“-induzierten Apoptose durch virale Proteine ist sein Thema, fast 300mal wurde es bis heute zitiert. Allerdings rangieren die Erlanger Helmut Fickenscher, Edgar Meinl und Frank Neipel dort nicht auf den Schlüsselpositionen der Autorenliste. Vielmehr glänzen als Seniorautoren die Apoptose-Forscher Jürg Tschopp aus Genf sowie Marcus E. Peter aus Heidelberg - und vorne“ deren Mitarbeiter. Die Erlanger belegen die Positionen vier bis sechs unter den insgesamt 14 Autoren.

Deren Beitrag muss deshalb nicht zweitrangig sein. Aber es scheint typisch für Deutschlands Virologen. Auf den sechs meistzitierten Papers findet sich kein echter“ deutscher oder Schweizer Virologe als Erst- oder Letztautor. Entweder sind es Forscher aus anderen Disziplinen oder Virologen aus dem angelsächsischen Ausland. Erst auf Platz sieben mit 79 Zitierungen ein Paper unter Federführung eines deutschen Virologen: Hans Will vom Hamburger Heinrich Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunolgie samt Erstautor Thomas Sternsdorf.


Hamburg stark, Erlangen stärker

Damit wären auch die dominierenden Städte der Zitationsanalyse genannt: Die ersten sieben Plätze teilen sich vier Erlanger und drei Hamburger: Die drei schon erwähnten Koautoren des Apoptose-Papers - Neipel, Meinl und Fickenscher - belegen in dieser Reihenfolge die Plätze 1, 5 und 7, Bernhard Fleckenstein, deren Chef am großen Erlanger Institut, rangiert auf 2. Aus Hamburg belegen der ebenfalls bereits erwähnte Hans Will Platz 6, das HIV-Forscher-Ehepaar Paul Racz und Klara Tenner-Racz vom Bernhard-Nocht-Institut die Positionen 3 und 4.

Zum ersten der Liste, Frank Neipel: Er ist keineswegs nur“ wegen des einen vielzitierten Apoptose-Papers auf Position eins. Zöge man es ab, bliebe er immer noch auf Platz 2. Zudem ist er Erstautor des am neuntmeisten zitierten Papers, immerhin das drittbeste rein virologische“ Paper der Liste. Und, zusammen mit seinem Institutschef Bernhard Fleckenstein sowie Jens-Christian Albrecht (23), schrieb er den meistzitierten Review zwischen 1997 und 99 - als Erstautor.

Auch zu den Raczs“ vom Hamburger Bernhard Nocht-Institut für Tropenmedizin bleibt etwas zu sagen. Von Hause aus Pathologen bezeichnen sie sich selbst als HIV-Forscher. Und publizieren daher gut in virologischen Journals. Unter denjenigen jedenfalls, die sich in Deutschland und der Schweiz mit HIV beschäftigen, kommen sie auf die meisten Zitierungen, und zeichneten die beiden Paper mit den dritt- und viertmeisten Zitierungen - wenn auch wieder mittendrin“.

Überhaupt ist interessant, mit welchen Themen sich viele Zitierungen sammeln ließen. HIV war klar, auch das zweit-platzierte Paper mit dem Neu-Marburger Matthias Dobbelstein (13) handelt davon. Die Erlanger machten“ - abgesehen von dem Apoptose-Paper - die meisten Zitate mit ihren Arbeiten über Herpesviren und ihre Rolle beim Kaposi-Sarkom. Hepatitis B-Experte Hans Will (6) erregte die größte Resonanz mit seinen Publikationen zu nucler dots“, große Proteinkomplexe im Zellkern, deren Struktur eine Handvoll Viren bei Infektion verändert. Wolfgang Hammerschmidt vom Neuherberger GSF auf 8 arbeitet über das Epstein Barr-Virus, der Essener Michael Roggendorf auf 9 ist Hepatitis C-Spezialist. Auf 11 dann der erste Veterinär-Virologe, Thomas C. Mettenleiter, Direktor der Bundesanstalt für Viruserkrankungen der Tiere auf der Insel Riems. Und gerade noch auf Platz 50 schaffte es quasi ein Exot: Michael Wassenegger vom MPI für Biochemie in Martinsried. Sein Thema: Pflanzenviren.


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Letzte Änderungen: 08.09.2004