Editorial

Was die Zelle betrifft...

Zitationsvergleich 2000 bis 2002: Zellbiologie
von Lara Winckler, Laborjournal 11/2005


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Die meistzitierten Zellbiologen rekrutieren sich zu einem Großteil aus zwei MPIs, dem EMBL Heidelberg und dem IMP in Wien. Doch ihnen wird das Feld nicht kampflos überlassen.

Vier Städte machen die zellbiologische Forschung praktisch unter sich aus: Heidelberg hat vierzehn Top-Wissenschaftler vorzuweisen, elf von ihnen gehörten zumindest zeitweilig dem European Molecular Biology Laboratory (EMBL) an. Mit einigem Abstand folgen Martinsried, Dresden und Wien.

Auch die bestzitierten zellbiologischen Artikel aus den Jahren 2000 bis 2002 stammen aus diesen "Hochburgen". Die "Nr. 1" von Pierre Gönczy (26.), Karen Oegema (34.) und Anthony Hyman (6.) vom MPI für Molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI CBG) in Dresden handelt von einem zellbiologischen Kernthema: der Zellteilung. Am zweithäufigsten zitiert wurde ein Artikel über Lipid-Rafts in Zellmembanen von J. K. Heinrich Hörber vom EMBL Heidelberg, der haarscharf die Top 50 verpasst hat, und Kai Simons (9.), der bis 2000 das Zellbiologie-Programm am EMBL leitete und seither Direktor am MPI CBG in Dresden ist.


"Brain Flow" nach Dresden?

Der "Brain Flow" nach Dresden scheint in Heidelberg Programm zu sein: Marino Zerial (27.) verließ das EMBL im Januar 1998, um am Dresdener MPI für Molekulare Zellbiologie und Genetik, das sich damals noch im Aufbau befand, Direktor zu werden. Hyman tat es ihm 1999 nach, Simons 2000. Auch Wieland Huttner (28.) ging 1998 als vorerst nebenamtlicher, mit Fertigstellung des Instituts hauptamtlicher MPI-Direktor nach Dresden. Christoph Thiele (38.) war Postdoc bei Huttner in der Heidelberger Neurobiologie. Doch er folgte dem Dresdener Sog erst nach einem Jahr als Gastwissenschaftler bei Gerrit van Meer in Amsterdam. Michael Way (47.) verabschiedete sich 2001 vom EMBL. Er arbeitet jetzt in den Lincoln's Inn Fields Laboratories in London.

Natürlich lag das EMBL danach nicht verlassen da. RNA-Forscherin Elisa Izaur-ralde (5.) kam 1999 von der Uni Geneva nach Heidelberg und ist zur Zeit Interims-Koordinatorin der Gene Expression Unit. Zu dieser Unit gehören auch Leibniz-Preisträger Matthias W. Hentze (19.) und Jan Ellenberg (44.). EMBL-Generaldirektor Iain Mattaj belegt Platz 11.


Hohe Auszeichnungen

Neun Leibniz-Preisträger finden sich unter den Top 50 der Zellbiologie, drei schaffen es gar unter die Top 10. Allen voran Eduard C. Hurt (1.), der seit 1998 Stellvertretender Direktor des Biochemie-Zentrums Heidelberg (BZH) ist und sich für mRNA-Export und Splicing interessiert. Hurt erhielt den Preis 2001, Endosomen- und Exozytose-Forscher Reinhard Jahn (7.) aus Göttingen im Jahr 2000. Franz-Ulrich Hartl (10.), der am MPI für Biochemie Martinsried unter anderem Chaperone untersucht, nahm den Preis 2002 entgegen.

Dietmar Vestweber (23.), Leibniz-Preisträger und Gründungsdirektor des MPIs für Molekulare Biomedizin in Münster, wäre einer von zwei Münsteranern im Vergleich, wenn Klaus Schulze-Osthoff (8.) nicht mittlerweile an der Molekularen Medizin der Uni Düsseldorf Apoptoseforschung betreiben würde.

Mit Ingrid Grummt (42.) vom DKFZ Heidelberg, Forschungsschwerpunkt RNA-Polymerasen und Transkription, nahm erstmals eine Zellbiologin den Leibniz-Preis entgegen - 1990 gab es ihn schon fünf Jahre -, Mitochondrienforscher Nikolaus Pfanner (35.) aus Freiburg und Chloroplastenforscher Jürgen Soll (39.) aus Kiel sind die bisher letzten: ihnen wurde der Preis 2004 überreicht.

Nachdem Zelladhäsionsforscher Reinhard Fässler (2.) 2001 aus dem schwedischen Lund zurückgekehrt ist, stellt das MPI für Biochemie Martinsried mit Hartl zwei Top 10-Forscher, zwei Top-Forscherinnen - Frauke Melchior (41.) und Andrea Pichler (49.) - und zwei Leibniz-Preisträger - Hartl und Stefan Jentsch (32.). Das kann sich durchaus sehen lassen. Überhaupt ist die Präsenz der Max-Planck-Institute beeindruckend: Von den Top 50 forschten 19 Zellbiologinnen und Zellbiologen an MPIs.

Ebenfalls gut vertreten ist das Research Institute of Molecular Pathology (IMP) in Wien. Jedoch wird Kim Nasmyth (3.), Zellteilungsforscher und IMP-Direktor, im neuen Jahr mit seiner Arbeitsgruppe an die Biochemie der University of Oxford umsiedeln. Zytokinetiker Michael Glotzer (44.) und sein Labor sind bereits an die Molekulargenetik und Zellbiologie der University of Chicago gewechselt.


Wer bleibt draußen?

Es ist schwierig, die Zellbiologie zur Biochemie und besonders zur Immunbiologie abzugrenzen. Daher geht es hier nur um Belange der Zelle als Ganzes, etwa Ribosomen oder Apoptose. Immunologen und Molekularbiologen dürfen sich auf ihr eigenes Ranking freuen.


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Letzte Änderungen: 10.01.2006