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Zitationsvergleich 2001 bis 2004: Rheumaforschung
von Lara Winckler, Laborjournal 05/2007


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Das Hauptinteresse der Rheumatologie galt in den Jahren 2001 bis 2004 den molekularen Grundlagen und Therapiemöglichkeiten von Rheumatoider Arthritis und Systemischem Lupus Erythematodes. Zentrum der deutschsprachigen Rheumaforschung ist das DRFZ Berlin, doch auch Wien, Zürich und Erlangen stehen mit mehreren Top 50-Forschern gut da.

Was man nicht erklären kann, sieht man gern als Rheuma an... Dieser Spottvers gibt die Schwierigkeiten wieder bei der Eingrenzung und Diagnose der knapp 400 Einzelerkrankungen, die unter dem Oberbegriff Rheuma zusammengefasst werden, und die sich in Symptomatik, Verlauf und Prognose oft stark unterscheiden.

Rheuma beziehungsweise Krankheiten des rheumatischen Formenkreises sind Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat, die mit fließenden (daher der Name), reißenden und ziehenden Schmerzen einhergehen.


Gelenke und Weichteile

Zu den Hauptgruppen gehören autoimmun bedingte Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis und Psoriasisarthritis, Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen) und Vaskulitiden (entzündliche Gefäßerkrankungen) wie systemischer Lupus erythematodes (SLE) und Wegener-Granulomatose. Des weiteren degenerative rheumatische Erkrankungen wie Arthrosen, Stoffwechselstörungen wie Gicht und Hämochromatose, sowie rheumatische Erkrankungen der Weichteile wie die Polymyositis.

Die Rheumatologen rekrutieren sich entsprechend in erster Linie aus der Immunologie und der Inneren Medizin und natürlich den rheumatologischen Abteilungen. Auch einige Dermatologen finden sich unter ihnen, denn die Haut kann bei vielen rheumatischen Erkrankungen betroffen sein. Nicht selten liefert sie sogar den ersten Hinweis, beispielsweise die Psoriasis oder das Exanthem bei SLE.


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Rheuma-Zentrum in Berlin

Berlin entsendet bei weitem die meisten Wissenschaftler in diesem Zitationsvergleich: Achtzehn Rheumatologen waren zumindest zeitweise in den Jahren 2001 bis 2004 in Berlin beschäftigt, der größte Teil von ihnen am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), darunter vier der Top 10.

Joachim Sieper (4.), der sich auf Spondyloarthriden konzentriert, ist zudem Mitautor des meistzitierten Artikels - eine von mehreren klinischen Studien zum Immunsuppressivum Infliximab, die Sieper gemeinsam mit seinen Berliner Kollegen Jan Brandt (7.), Joachim Listing (12.), der stellvertretenden DRFZ-Direktorin Angela Zink (16.), Martin Rudwaleit (22.) sowie Jürgen Braun (3.), der 2000 Berlin verließ um den Posten des Ärztlichen Direktors am Rheumazentrum Herne zu übernehmen, veröffentlicht hat.


Europas Nummer drei

Laut einem amerikanischen Zehn-Jahres-Ranking, das im Januar auf der Basis des US-"Essential Science Indicators" erstellt wurde, ist die MedUni Wien eines der zehn weltweit führenden Forschungszentren für Rheumatoide Arthritis, europaweit belegen die Wiener Wissenschafter Platz drei.

Da nimmt es nicht Wunder, dass auch in unserem Zitationsvergleich sechs der Top 50-Rheumatologen des deutschsprachigen Raums aus Wien kommen, allen voran Josef Smolen auf Platz 1. Zusammen mit seinen Kollegen Günter Steiner (19.), Kurt Redlich (30.) und Georg Schett (28.), der vor einem Jahr an die Uni Erlangen wechselte, beschäftigt sich Smolen mit Autoimmunreaktionen bei SLE, der Bedeutung von Osteoprotegerin - das Osteoklasten daran hindert, Knochen abzubauen - für die Therapie von Arthritis und Osteoporose, der Rolle von Stressproteinen bei rheumatischen Erkrankungen sowie der Entwicklung wirksamer Medikamente etwa gegen die Rheumatoide Arthritis. Dies ist auch Thema des Papers auf Platz 2 der meistzitierten Reviews, das Smolen zusammen mit Steiner verfasste.

Auf Platz 3 des Städterankings liegen Zürich und Erlangen, die beide jeweils fünf Forscher, darunter auch Top 10-Forscher, vorzuweisen haben. Joachim Kalden (2.), Direktor der III. Medizinischen Klinik der Uni Erlangen, hat seinen Forschungsfokus auf systemischen Vaskulitiden, insbesondere SLE. In klinischen Studien untersucht er die Wirkung von Medikamenten wie Methotrexat, das auch als Zytostatikum in der Chemotherapie zum Einsatz kommt, und dem Zytokinhemmer Etanercept bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen. In einer internationalen Studie, an der Kalden mitwirkte und die auf Platz 2 der meistzitierten Artikel landete, werden diese beiden Arzneistoffe miteinander verglichen.


Zürcher Meistzitierte

Die Zürcher Experimental-Rheumatologen Renate Gay (9.) und Steffen Gay (5.), die 2004 vom Thomson ISI unter «The most cited scientists in Clinical Medicine» gelistet wurden, sind zusammen mit Beat Michel (14.), Michel Neidhart (33.) und Oliver Distler (40.) der molekularen und zellulären Basis der Gelenkzerstörung bei der Rheumatoiden Arthritis und der systemischen Sklerose auf der Spur. Insbesondere interessieren sie sich für die Gene und Signalmechansimen, die dabei eine Rolle spielen.

Zusätzlich arbeiten sie an der Entwicklung effektiverer Medikamente gegen rheumatische Erkrankungen. In der Studie auf Platz 10 der meistzitierten Artikel wird in diesem Zusammenhang die Wirkung antiinflammatorischer Medikamente bei herzkranken Patienten untersucht.




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Letzte Änderungen: 30.05.2007