Forschung an den Wasserwegen

Zitationsvergleich 2001 bis 2004: Urologie
von Lara Winckler, Laborjournal 06/2007


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Ranking Urologie
Editorial
Die deutschsprachige Urologie hatte in den Jahren 2001 bis 2004 einen eindeutigen Forschungsfokus auf urologischen Karzinomen. Neben Berlin und Hamburg zählen Basel, Bern und Innsbruck zu den urologischen Hotspots – und das nicht nur in der Krebsforschung.

Die Urologie beschäftigt sich mit den harnbildenden und harnableitenden Organen, also Niere, Harnblase, Harnleiter und Harnröhre, und den Geschlechtsorganen des Mannes einschließlich der Prostata. In diesem Zitationsvergleich werden allerdings diejenigen Wissenschaftler, die sich schwerpunktmäßig mit der Niere und ihren Krankheiten befassen, außen vor gelassen, da sie in einem eigenen Vergleich Nieren- und Hochdruckforschung berücksichtigt werden (siehe Laborjournal 04/2007).


Editorial
Vor allem Krebs

Obwohl die Urologie auch ohne die Nierenforschung noch ein breitgefächertes Fachgebiet ist, konzentrierte sich die überwältigende Mehrheit der Top 50-Urologen im deutschsprachigen Raum in den Jahren 2001 bis 2004 auf die Erforschung von Prostata- und Blasen-Karzinomen: 47 der Top 50 hatten ihren Schwerpunkt auf der Krebsforschung.

Fünf Städte tun sich besonders hervor, wobei neben Berlin und Hamburg Basel, Bern und Innsbruck einmal mehr auf die starke Medizin in Österreich und der Schweiz hinweisen. Elf der Top 50 haben in den Jahren 2001 bis 2004 zumindest zeitweise in der Schweiz gearbeitet. Guido Sauter (1.) wechselte erst 2005 vom Kantosspital Basel, wo er die Molekulare Pathologie leitete, als Pathologie-Ordinarius nach Hamburg. Sauter forscht an Biologie und Pathologie des Harnblasenkarzinoms. Er ist Mitentwickler des Tissue-Microarray (TMA). Mit diesem lassen sich potentiell Tumor-relevante Gene – wie etwa HER2, das neben Mammakarzinom auch in Karzinomen von Prostata und Harnblase überexprimiert wird – an tausend verschiedenen Gewebeproben gleichzeitig untersuchen. Zwei seiner Microarray-Artikel gehören zu den zehn bestzitierten, ein Review zum Thema landete auf Platz eins.

Trotz der Übermacht der Krebsforscher wurden Artikel aus zwei anderen urologischen Fokusthemen von der Community am meisten zitiert: Auf Platz 1 landete eine Studie zur überaktiven Blase der Arbeitsgruppe um Ian Milsom vom Hospital im schwedischen Göteborg, an welcher der Mainzer Urologe Joachim Thüroff (18.) mitwirkte. Ein Artikel zur benignen Prostatahyperplasie, den Klaus Hoefner von der MH Hannover mitverfasste, schaffte es auf Platz 3, eine Studie zu urologischen Symptomen bei sexueller Dysfunktion, an welcher Jens Altwein beteiligt war, auf Platz 6.

Urologen aus dem deutschsprachigen Raum scheinen allgemein beliebte Mitautoren an internationalen Multicenter-Studien zu sein: Fünf der zehn meistzitierten Artikel gehören dazu, mit jeweils nur einem Autor aus Deutschland.



Starke Gruppen

Von den Österreichern fällt vor allem das Team an der Innsbrucker Urologie auf: Drei Wissenschaftler um Klinikvorstand Georg Bartsch (2.) – Helmut Klocker (23.), Martin Thurnher (50.) und Wolfgang Horninger (26.), Leiter des Prostatazentrums, das 1991 als europaweit erstes gegründet wurde – finden sich unter den Top 50 wieder. Sie forschen gemeinsam mit dem Innsbrucker Pathologen Hermann Rogatsch (46.) an Medikamenten und Immuntherapien gegen benigne Prostatahyperplasie und Prostatakarzinom.

Die Urologie der Charité Berlin entsendet mit sieben Top 50-Urologen die meisten Forscher. Klinikdirektor Stefan Loening (3.) und seine Team – darunter Klaus Jung (4.), Carsten Stephan (19.) und Serdar Deger (21.) – arbeiten unter anderem über Biomarker für Tumoren. Prostata-spezifisches Antigen (PSA) etwa und Kallikrein sind gebräuchliche Tumormarker für Prostatakarzinome.


Urologische Dysfunktionen

Neben all den Krebsforschern fallen der Essener Mediziner Martin Michel (22.), der Rezeptorsysteme im Urogenitaltrakt – etwa für die Kontraktion der Blase – untersucht, und der Bonner Urologe Albrecht Hesse (38.), der Harnsteine zum Thema hat, kaum auf. Dabei gehört gerade die Behandlung von Harnsteinen zu den ältesten Anwendungen in der Urologie – bereits vor 3000 Jahren wurden in Ägypten Blasensteine mithilfe von bronzenen Blasenkathetern entfernt.

Udo Jonas (9.) von der Kinderurologie der MH Hannover forscht neben Nieren-, Blasen- und Prostata-Karzinomen und der Prostataektomie auch an der Behandlung von Inkontinenz und überaktiver Blase durch Nervenstimulierung und Gabe von Anticholinergika wie Tolterodine. Ein drittes wichtiges Nicht-Karzinom-Thema ist die erektile Dysfunktion. Christian Stief (40.) erforscht deren molekulare Mechanismen neben pharmakologischen und hormonellen Aspekten von Blasen- und anderen urologischen Krebsformen. Stief ist einer von sechzehn Direktoren, die sich unter den Top 50 eingefunden haben, und Nachfolger von Alfons Hofstetter (28.) an der Urologie der LMU München, der im April 2004 emeritierte.

Nur drei Frauen sind unter den Top 50 vertreten, darunter Ruth Knüchel von der Aachener Uniklinik, die ihren Forschungsfokus auf urologischer Onkologie hat und 2003 als erste Frau einen Lehrstuhl in der Pathologie einnahm. Fiona Burkhard (31.) ist Oberärztin in der Urologie am Inselspital Bern. Sie gehört zusammen mit Urs Studer (10.) und George Thalmann (37.) zum Berner Urologie-Kader”, der seit Januar als erstes Team in der Schweiz mit dem vierarmigen Operationsroboter da Vinci” an endoskopischen Eingriffen arbeitet.


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Letzte Änderungen: 24.10.2007