Editorial

Infertilität und Klonrinder

Zitationsvergleich 2001 bis 2004: Reproduktionsbiologie
von Lara Winckler, Laborjournal 10/2007


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Kalb

Die Reproduktionsbiologen und -mediziner im deutschsprachigen Raum interessierten sich 2001 bis 2004 vor allem für geklonte Tiere und die männliche Infertilität. Besonders hervorgetan hat sich hierbei das Münsteraner IRM, doch auch Münchner und Wiener Tierzüchter stehen gut da.

Reproduktionsbiologen und Reproduktionsmediziner befassen sich mit der Fortpflanzung und Fortpflanzungsproblemen. Obwohl das Gebiet recht gut abgegrenzt scheint, gibt es Überschneidungen vor allem mit Gynäkologie und Andrologie - im Hinblick auf Fertilität und Fertilitätsstörungen -, aber auch der Genetik und der Urologie. Inhalte der Reproduktionsmedizin sind Methoden der natürlichen und künstlichen Fortpflanzung, wie die In vitro-Fertilisation (IVF) und die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), ebenso wie das nach wie vor kontrovers diskutierte Klonen. Das Klonen, in erster Linie von Tieren, ist denn auch ein zentrales Thema in diesem Zitationsvergleich, ebenso wie männliche Infertilität.


Wenig Selbstständigkeit

Selten existiert die Reproduktionsbiologie als selbstständiges Institut, meistens wird das Thema in einer Arbeitsgruppe behandelt, die in einem Institut für Gynäkologie, Andrologie oder auch Endokrinologie angesiedelt ist, in einzelnen Fällen auch in der Genetik.

In dieser Situation fallen zwei große Institute für Reproduktionsmedizin auf: Das Institut für Hormon- und Fortpflanzungsforschung Hamburg und das Institut für Reproduktionsmedizin (IRM) der Uni Münster, das 1987 aus der Fusion der Abteilung für Experimentelle Endokrinologie und der klinischen Forschungsgruppe für Reproduktionsmedizin der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) entstand. Elf der Top 50 forschten zumindest zeitweise in den Jahren von 2001 bis 2004 im Münsteraner Institut für Reproduktinsmedizin. Damit belegt es Platz 1 im Instituts-Ranking, und bringt Münster den ersten Platz im Städte-Vergleich. Auf den Plätzen zwei bis vier finden sich Institute für Tierzucht, die per se eng mit Reproduktionswissenschaften verknüpft sind: das Institut für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der LMU München in Oberschleißheim entsendet fünf Wissenschaftler; die Abteilung für Tierzucht und Genetik an der Wiener Veterinär-Uni - dort sind Gottfried Brem (8.) und Mathias Müller (9.) in der Tierproduktion beschäftigt - stellt drei der Top 50, ebenso wie die Reproduktionsmedizin an der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) Hannover. Hier arbeiten Christine Wrenzycki (12.) und ihre Kolleginnen Edda Töpfer-Petersen (29.) und Anna Petrunkina (41.) über der Wechselwirkung zwischen Spermien und Ovidukt, der Qualität von Embryonen und epigenetischen Reprogrammierungstechniken.

Andrologie und Tierproduktion

Aus dem Münsteraner und dem Münchner Institut rekrutieren sich vier der Top 5 Reproduktionsforscher, die denn auch die Top-Forschungsthemen der Reproduktionsbiologie bearbeiten: Fertilitätsstörungen (vor allem des Mannes) und die Produktion von Tieren, etwa durch Klonen und epigenetische Reprogrammierung. Allen voran Eckhard Wolf (1.), der zusammen mit Valeri Zakhartchenko (5.) und Stefan Hiendleder (37.) Rinder kloniert. Sein ehemaliger Mitarbeiter Miodrag Stojkovic (3.), nun Vize-Direktor des Cellular Reprogramming Laboratory in Valencia, gehörte 2001 zu den Gründern des European College for Animal Reproduction (ECAR). 2003 verließ Stojkovic Deutschland, um zunächst im englischen Newcastle upon Tyne auch an menschlichen Stammzellen forschen zu können.

Im Münsteraner Institut für Reproduktionsmedizin dreht sich alles um Andrologie: So untersucht Eberhard Nieschlag (2.) die männliche Zeugungsunfähigkeit, Sigrid von Eckardstein (18.) dagegen entwickelt Contrazeptiva für den Mann. Jörg Gromoll (16.) und Manuela Simoni (23.) beleuchten die männliche Infertilität aus genetischer Sicht, und Trevor Cooper (24.) untersucht gemeinsam mit Stefan Schlatt (40.) und Craig Marc Luetjens (42.) Faktoren der Spermienentwicklung.

Für diese beiden Zentren ist der Schritt einer vollständigen Eingliederung der Andrologie in die Reproduktionsmedizin bereits vollzogen, ein Trend der nicht zuletzt von Carl Schirren, dem Mitbegründer und ehemaligen Direktor des Hamburger Zentrums für Reproduktionsmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), mit gemischten Gefühlen betrachtet wird.

Männliche Infertilität fesselt auch den Göttinger Humangenetiker Wolfgang Engel (10.). Vor einem Jahr gab er die Zeugung von Mäusen mittels künstlichen, aus embryonalen Stammzellen hergestellten Spermien bekannt - möglicherweise eine Therapie für unfruchtbare Männer.


Plazentaforschung auch dabei

Nicht alle beschäftigen sich mit männlichen Zeugungsproblemen: Die Arbeitsgruppe um Heinrich Meyer (27.), Leiter der Physiologie am Zentralinstitut für Ernährungs- und Lebensmittelforschung (ZIEL) der TU München in Freising-Weihenstephan, suchen molekulare Regulatoren der Fortpflanzung. Berthold Huppertz (22.) und Peter Kaufmann (21.) von der Anatomie der RWTH Aachen haben die Plazenta zum Thema - Plazentareifung sowie Differenzierung und Apoptose fetaler Plazentazellen -, genauso wie die Grazer Gernot Desoye (36.), er untersucht den Einfluss von Diabetes auf die Plazenta, und Gottfried Dohr (49.), der unter anderem den Glykogenmetabolismus der Plazenta beleuchtet.


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Letzte Änderungen: 23.10.2007