Editorial

Wachstum und Anpassung

Zitationsvergleich 2003 bis 2006: Pflanzenforschung
von Lara Winckler, Laborjournal 05/2009


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Flower Girl

Mehrere starke Institute bestreiten einen Großteil der Top 50 der Pflanzenforschung in den Jahren 2003 bis 2006. Zu den Hauptthemen gehört die gentechnische Veränderung von Pflanzen sowie die Wachstumskontrolle durch Auxin.

Deutschlands Pflanzenforscher machen sich Sorgen: Nach dem Verbot des gentechnisch veränderten (gv) Maises MON 810 Mitte April sehen sie die Grüne Gentechnik in Deutschland ernsthaft gefährdet. Für die Forscher ein herber Rückschlag. Viele denken bereits darüber nach, ins Ausland abzuwandern.

Mark Stitt (9.), Direktor am MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm, das zu den wichtigen deutschen Adressen in der Grundlagenforschung zur Grünen Gentechnik gehört, befürchtet gar einen Stopp der wirtschaftlichen Entwicklung der Gentechnik in Deutschland.

Das wird nicht zuletzt die Golmer Pflanzenforscher, von denen immerhin elf zu den Top50 der Pflanzenforschung im deutschsprachigen Raum gehören, noch ein ganze Weile in Atem halten.


Auxin und genetische Vielfalt

Bis 2006 war davon freilich noch nichts zu spüren, und auch die Golmer Pflanzenforscher konnten sich ganz ihrer Forschung widmen. Da geht es etwa um Primärstoffwechselvorgänge in höheren Pflanzen, wie in der Arbeitsgruppe um Lothar Willmitzer (31.). Oder um gesündere Tomaten mit besserem Geschmack – Alisdair Fernie (5.) aus der AG Willmitzer hat in Wildtyp-Tomaten DNA-Abschnitte entdeckt, mit denen er Kulturtomaten aufwerten will.

Auch Auxin ist weiterhin Thema: Jirí Friml (4.), Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) Tübingen, sucht nach molekularen Prozessen, die die Entwicklung von Pflanzen steuern; insbesondere die Mechanismen, die dem Transport des Pflanzenhormons Auxin in Arabidopsis thaliana zugrunde liegen. Er konnte unter anderem nachweisen, dass das Protein PIN1 den Transport steuert. Vier der meistzitierten Artikel sind zum Thema Auxin, zwei aus der Arbeitsgruppe Friml.

Die Grundlagen der genetischen Vielfalt sind Thema von Detlev Weigel (1.), MPI für Entwicklungsbiologie Tübingen. Zusammen mit seiner Arbeitsgruppe untersucht er, wie sich Tiere und Pflanzen an verschiedene Umweltbedingungen anpassen. Besonders die Anpassung der Blüte an unterschiedliche Temperaturen – Pflanzen derselben Art blühen in wärmeren Gegenden früher als in kälteren Regionen, sowie die molekularbiologische Erklärung dieses Prozesses fasziniert Weigel. Zumal sich die in verschiedenen Klimazonen wachsenden Arabidopsis-Sorten deutlich von der im Labor gedeihenden Pflanze unterscheiden.

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Die genetischen Grundlagen dieser Variabilität könnten unter anderem Vorhersagen darüber erlauben, wie bestimmte Wild- und Nutzpflanzen auf Umweltveränderungen reagieren – in Zeiten der Klimaerwärmung ein Top-Thema.

Drei Artikel konnten Weigel und sein Team zu Arabidopsis-Genom und Entwicklung unter den Meistzitierten platzieren. Darunter Platz 1, das auch Markus Schmid (3.), der 2001 zusammen mit Weigel von La Jolla nach Tübingen wechselte, unter die Top5 katapultiert.

Die Schweizer Pflanzenforscher sind sehr gut vertretenen – immerhin zehn der Top50-Wissenschaftler, davon allein acht aus Zürch. Sie untersuchen beispielsweise das Phänomen, dass Kälteperioden bei Pflanzen wie dem Winterweizen zur Blüte führen. Lars Hennig (8.) von der ETH Zürich fand in diesem Zusammenhang 2006 einen neuen Signalweg.

Ueli Grossniklaus (16.), Pflanzenwissenschaftliches Zentrum Uni Zürich, studiert die Rolle der Epigenetik bei der Fortpflanzung von Pflanzen. Grossniklaus hat ein genomisch geprägtes (imprinted) Pflanzengen namens medea entdeckt, welches nur dann aktiv ist, wenn es von mütterlicher Seite vererbt wird. Es hemmt das embryonale Wachstum. Das Produkt eines von der Mutter vererbten, mutierten medea-Gens führt zu Riesenwuchs der Embryos und zum Absterben.

Arabidopsis-Medea tötet genau wie die sagenhafte Griechin ihre eigenen Kinder.

Thomas Boller (12.), Botanik Uni Basel, arbeitet über Pflanzen-Pathogen-Interaktionen sowie Symbiose von Pflanzen mit Rhizobien.


Starke Institute, wenig Frauen

Nur vier Frauen sind unter den Top 50 der deutschsprachigen Pflanzenforschung von 2003 bis 2006 vertreten. Die am höchsten platzierte Ute Rößner (35.) arbeitet am „Gewinner-Institut“ dieses Publikationsvergleichs, dem MPI in Potsdam-Golm; ihr Forschungsfokus liegt auf abiotischem Stress in Getreide und den metabolischen Antworten darauf.

Marjori Matzke (38.), einziger Vertreter Österreichs im Vergleich, arbeitet am Gregor-Mendel-Institut Wien über der pflanzlichen Abwehr zum Beispiel gegen Viren mittels Gen-Silencing. Auch Tübingen ist sehr gut aufgestellt. Neun Forscher entsenden das ZMBP und das MPI für Entwicklungsbiologie, drei von ihnen schafften es unter die Top 10. Auf Platz drei des Städtrankings kommt bereits Zürich mit acht Vertretern im Rennen und zweien unter den Top 10.

Zu den Theoretikern im Vergleich gehört Klaus F. X. Mayer (29.), GSF Neuherberg. Unter Gerd Jürgens schrieb er 1997 seine Doktorarbeit über die Expressionsanalyse des Meristemgens WUSCHEL in Arabidopsis, um sich danach der Bioinformatik und der rechnergestützten Auswertung von Pflanzengenomen zuzuwenden.


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Letzte Änderungen: 13.06.2009