Editorial

Gen-Arbeit - in silico und in vivo

Publikationsanalyse 2006-2009: Molekularbiologie (Molekulargenetik)
von Lara Winckler, Laborjournal 05/2012


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Joachim Wendler + psdesign1

Vier starke Institute in Basel, Heidelberg, Leipzig und Tübingen beherrschen die Szene.

Die Molekularbiologie untersucht Struktur und Funktion biologischer Makromoleküle - DNA, RNA und Proteine, was im Grunde die Gesamtheit der zellulären Prozesse umfasst. Molekularbiologische Methoden finden praktisch überall in den Life Sciences Anwendung, und nicht nur dort: Mittlerweile bedienen sich auch die Kriminalisten der PCR, Klonierung, Mutagenese, der rekombinanten Expression, Hefe-Zwei-Hybrid-Systemen usw.

Kurz: Die Molekularbiologie ist ein weites Feld. Zu weit für einen Zitationsvergleich, der einigermaßen Sinn machen soll. Daher beschränken wir uns auf die Molekulargenetik, also die Erforschung des genetischen Informationsflusses und seiner molekularen Details, inklusive Genexpression und -replikation, Chromosomenstruktur sowie Kernexport und Splicing. Doch auch hier hat sich seit Oswald Avery et al.s Entdeckung aus dem Jahr 1944 - dass nämlich nicht Proteine, sondern die DNA Träger der genetischen Information ist - einiges getan.

Viele Bioinformatiker

Vor allem die modernen Sequenziermethoden und mit ihnen die Terabyte an Daten, die plätzlich zur Verfügung standen, halfen der Molekulargenetik auf die Sprünge. Alles ging damit sehr viel schneller - Analyse von Verwandtschaftsverhältnissen, Erstellen phylogenetischer Stammbäume, Struktur-Sequenz-Vergleiche, funktionelle Genomik, epigenetische Modifikationen etc. Diese Datenflut war von Hand nicht mehr zu bewältigen; die Bioinformatiker betraten die molekulargenetische Bühne. In diesem Vergleich machen sie einen nicht unerheblichen Anteil aus und besetzen unter den 50 bis heute meistzitierten Molekulargenetikern, die zwischen 2006 und 2009 zumindest zeitweise an einem Institut im deutschsprachigen Raum forschten, vordere Plätze. Allein vier der Top 10 sind Bioinformatiker. Peter Stadler (2.) etwa, Leiter der Leipziger Bioinformatik, entwickelt mit seiner Gruppe unter anderem Tools zur Strukturanalyse kleiner RNAs und zur Identifizierung funktioneller Elemente - Werkzeuge, die die Community begeistert aufnahm und entsprechend zitierte, siehe Platz 1 der meistzitierten Artikel aus den Jahren 2006 bis 2009.

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Kleine RNAs ganz groß

Überhaupt zählten RNAs 2006-2009 zu den Topthemen der deutschsprachigen Molekulargenetik, und hier insbesondere die microRNAs (miRNAs), ihres Zeichens Genregulatoren und Gene Silencer. Vier der meistzitierten Artikel aus den Jahren 2006 bis 2009 hatten die kleinen RNAs zum Thema. Bei zweien war Mihaela Zavolan (5.), Biozentrum Basel, korrespondierende Autorin. Zavolan ist eine von elf miRNA-Spezialisten unter den Top 50, ebenso wie der Pflanzenforscher Detlef Weigel (3.), seit 2002 Direktor am Tübinger MPI für Entwicklungsbiologie, nebst einigen seiner Mitarbeiter, sowie der Wiener Bioinformatiker Ivo Hofacker (4.) und Nikolaus Rajewsky (6.) vom MDC Berlin.

Ein weiteres heißes Thema war 2006-2009 die Epigenetik. Sieben der Top 50 untersuchten diese reversiblen Veränderungen der DNA, insbesondere DNA-Methylierungen. Mit Thomas Jenuwein (8.), der 2008 vom Wiener Institut für Molekulare Pathologie (IMP) ans Freiburger MPI für Immunbiologie und Epigenetik wechselte, schaffte es einer unter die Top 10.

Die Grenzen der Molekulargenetik sind verwaschen. Da waren zum einen die vielen Bioinformatiker, die nicht ãnurÒ für die Analyse von DNA und RNA Software schrieben, sondern auch oder sogar in erster Linie für Proteine. Zum anderen die Genetiker, die sich auf das Sammeln von Genomsequenzen bis hin zu Metagenomen verlegt hatten - sie zählten wir nicht zu den Molekulargenetikern, ebensowenig wie die Humangenetiker, die nach Krankheits-spezifischen Genen suchten.

Auch die Abgrenzung zur Biochemie und Zellbiologie war nicht immer eindeutig. So sind etwa die Kern- und Chromatinstrukturforscher Jan Ellenberg (19.), EMBL Heidelberg, und Rudolf Grosschedl (37.), MPI für Immunbiologie und Epigenetik Freiburg, unter den Top 50, während wir Mitoseforscher außen vor ließen.

Die Computational Biologists sind in der molekulargenetischen Forschung so stark vertreten wie in fast keiner anderen biologischen Disziplin. Doch gerade diese intensive Zusammenarbeit von in silico-Spezialisten und Hands on-Forschern macht die Molekulargenetik so erfolgreich - moderne Themen, erforscht mit modernen Methoden.




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Letzte Änderungen: 02.09.2012