Editorial

Urlaubsreif

Erlebnisse einer TA (48)

Annette Tietz


Die TA

Alle Jahre wieder... nein, ich denke noch nicht an Weihnachten (Hilfe!), ich rede von der Urlaubszeit. Liebe Chefs: Urlaub ist das, was Ihren Angestellten vertraglich zusteht. Jeder darf davon Gebrauch machen. Und ja, man darf die Anzahl der Urlaubstage sogar voll in Anspruch nehmen.

Liebe TAs: Urlaub ist die Zeit, in der Ihr Chef jeden Tag die Sekretärin fragt, wann Sie wieder kommen und währenddessen endlose Listen mit ganz dringenden Versuchen erstellt.

Liebe Doktoranden: Auch Sie dürfen in den Urlaub, selbst wenn Sie schon Gerüchte gehört haben, dass man als Doktorand erst mal sinnvolle Ergebnisse und mindestens ein Paper an seinen Urlaubszettel heften muss.

Liebe Postdocs: Urlaub ist die Zeit im Jahr, die Sie sich unbedingt gönnen sollten, auch wenn immer irgendwelche ganz wichtigen und spannenden Versuche anstehen, die auf gar keinen Fall verschoben werden können. Sonst kann es passieren, dass in den Schaufenstern schon die Weihnachtsdeko aufgestellt wird und Sie feststellen, dass der Sommer rum ist und die Zahl der verbleibenden Urlaubstage in Ihrer Datei auf 46 angestiegen ist.

Liebe Sekretärinnen: Urlaubszeit heißt für Sie einen möglich günstigen Moment abzupassen (Genehmigung des SFB-Projektes, positives Feedback vom eingereichten Paper, Bewilligung der beantragten Klimaanlage oder Ähnliches), um dem Chef dann unauffällig die ausgefüllten Urlaubsanträge unterzuschieben.

Entspann Dich!

Urlaub sollte ja vor allem dazu da sei, sich vom Alltagsstress zu erholen und möglichst wenig an den Job zu denken. Leider musste ich schon des öfteren feststellen, dass das gar nicht so einfach ist. Nicht, weil ich beim Tauchen über neue Klonierungsstrategien grübele, oder beim Lesen meiner Urlaubslektüre denke, dass ich vielleicht doch das Molekularbiologiebuch hätte mitnehmen sollen. Nein, ich musste nur immer wieder feststellen, dass Beschreibungen in Reiseprospekten manchmal der Aussagekraft von Bewerbungen ähneln: „In Strandnähe“ zum Beispiel ist relativ!

So ging es mir auch schon mit der Bewerbung einer Praktikantin: „Ich arbeite sehr gerne im Team und kann mich problemlos in eine Gruppe integrieren.“ Ich fand, das klang ganz gut, schließlich kann jemand sonst ziemlich anstrengend werden. Nur ihre Art von Integration und die damit verbundene Nähe zu ihren Mitarbeitern erinnerte dann eher an „Piep piep piep, wir haben uns alle lieb“. Und sollten wohl demnach weder eine Pause ohne einander verbringen, noch den zwischenmenschlichen Kontakt nach der Arbeit verlieren.

Auch der Programmhinweis in einem der Reiseprospekte – abwechslungsreiche und nette Abendunterhaltung – passte so wenig zu der nervtötenden musikalischen Darbietung wie die Aussage der Praktikantin „Durch meine humorvolle Art fällt es mir leicht auch an stressigeren Tagen meine gute Laune zu behalten.“ Denn durch ihre „Kommt ein Pinguin zum Arzt“-Witze wurde ihre Laune zwar nicht schlechter, dafür aber meine.

Galgenhumor

Der Hinweis „An der Rezeption wird fließend Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch und Niederländisch gesprochen“ trifft in den allermeisten Fällen genauso zu wie die Aussagen von Bewerbern über ihre Vorkenntnisse: „Ich habe bereits molekularbiologisch gearbeitet und würde gerne mein Wissen anbringen und erweitern.“ Wenigstens kam ihr hierbei ihre humorvolle Art zugute. Denn als ich etwas erstaunt auf das leere Gelfoto zeigte, auf dem eigentlich PCR-Banden zu sehen sein sollten, meinte sie scherzhaft: „Ach, ich sollte beide Primer in jeden PCR-Ansatz reinpipettieren...?“ Kennen Sie den: Kommt ne Praktikantin zur TA...

„Sie werden unvergessliche Tage bei uns erleben, an die Sie sich noch langen erinnern werden“ – Oh ja, diese Tage hatte ich. Vielmehr hatte ich unvergessliche Wochen, in denen ich auf humorvolle Art und Weise das zwischenmenschliche Miteinander im Labor neu kennen lernen durfte. Denken Sie deshalb immer daran: Auch das Kleingedruckte lesen!



Letzte Änderungen: 01.08.2018