Editorial

Blau oder rot?

Erlebnisse einer TA (78)

Annette Tietz


Die TA

Manchmal werde ich gefragt, ob so ein Laboralltag nicht auf Dauer langweilig wird. Kein Ahnung, warum Nicht-Laboranten auf so eine Idee kommen, aber ich kann guten Gewissens sagen: Nein! Nicht, dass sich manche Versuche und Tage nicht wiederholen würden. Aber der Ausgang eines Experimentes ist ja doch meist relativ offen und spannend. Spannend wird es auch, wenn man ein neues Laborgerät bekommt. Und noch spannender wird dann der Tag, wenn man es das allererste Mal ausprobiert. Am allerspannendsten war neulich der Anruf bei der Servicehotline und die Frage nach dem Lämpchen...

Ready to reset

Für unser neues Analysegerät haben wir extra einen Platz in einem noch unbenutzten Raum in unserer Abteilung freigeräumt, der bisher als Zwischenlager für alles Mögliche diente. Da stand es nun und blinkte mich an. Nach einem mehrstündigen Einführungskurs fühlte ich mich gewappnet, einen Versuch zu starten... einen großen Versuch.

Ich machte alles nach Vorschrift, Spülgange, Check-up, Start-up, ... alles sah super aus. Und wenn ich dem Display Glauben schenken durfte, war die Maschine ebenfalls mit allen Kontrollen einverstanden – „Ready to use“ stand da zu lesen. Also holte ich die 25 Proben aus dem Labor, ready to get the results.

Wieder bei der Maschine angekommen war das schöne „Ready to use“ „Error 2“ gewichen. Ich nahm umgehend Service-Frau Wagner beim Wort – „Wenn Sie irgendwelche Fragen haben, zögern Sie nicht, mich anzurufen.“ Ich schilderte mein Problem. „War die rtu-Lampe blau oder rot?“, fragte das Telefon. Was ist das?!? Eine Partei? „Na die Ready-to-use-Lampe, rechts neben dem Analysefenster“, half mir Frau Wagner auf die Sprünge. Da das Gerät meiner Träume leider im anderen Labor stand, das zudem leider noch nicht über einen Telefonanschluss verfügte, bat ich um Bedenkzeit und lief rüber. Die rtu-Lampe war eindeutig rot. Wahrscheinlich kein gutes Zeichen, oder? „Nein“, klärte mich Frau Wagner auf. „Dann drücken Sie doch bitte noch mal auf den Hauptspülgang und schauen, was mit der rtu-Lampe geschieht.“ Ich pilgerte also wieder zurück zum Gerät und spülte nochmal durch. Die rtu-Lampe blieb stur auf rot.

„Dann öffnen Sie doch bitte den Analyseschaft und reinigen mit dem beiliegenden Tuch das Analysefenster.“ So langsam hatte ich das Gefühl, dass ihr das Spaß machte. Ich lief also wieder los. Wieder vorbei am Kaffeeraum. Ich überlegte kurz, ob ich vielleicht im Vorbeigehen einen Kaffee ...? Frau Wagner würde das ja nicht erfahren.

Es half nichts – auch die gewissenhafte Säuberung des Fensters konnte die rtu-Lampe nicht umstimmen. Immerhin verschwand „Error 2“ vom Display. „Das ist ja schon mal wunderbar!“ Schön, dass sich Frau Wagners Stimmung besserte. „Jetzt machen Sie noch mal den Start-up und dann wird auch die rtu-Lampe blau leuchten. Und Sie können mit Ihrer Messung beginnen.“ Das klang ja fast zu schön. Ich verabschiedete also Frau Wagner in ihren wohlverdienten Feierabend, setzte mich wieder zu meiner kleinen roten Lampe und verpasste ihr einen Start-up. In dem Moment steckte mein Chef den Kopf zur Türe herein. „Und, schon irgendwelche Ergebnisse?“ „Ich warte noch auf das blaue Signal der rtu-Lampe.“ Ich glaube, das klang sehr fachmännisch, denn mein Chef verschwand postwendend in sein Office mit den Worten „Gut, dass Du das im Griff hast.“

Kurz darauf leuchtete die Lampe gelb.



Letzte Änderungen: 01.08.2018