Editorial

Tipp 183: Zwei Enzyme, eine Schnittstelle

Nur einmal amplifizieren und dann beliebig oft fusionieren? Mit dem LE-Klonierungssystem geht das problemlos.

Für die Herstellung von Fusionskonstrukten existieren unterschiedliche Techniken, die zumeist auf Fusions-PCR, homologer Rekombination oder traditionellen Klonierungsstrategien basieren. Den größten Arbeitsaufwand verursacht bei diesen Methoden zumeist die Amplifizierung der Genfragmente mit einem spezifischen Primerpaar. Bei der Fusion von zwei Partnern, etwa einem Affinitäts- oder einem Fluoreszenztag und einem Zielprotein, reicht die Kombination von zweimal zwei, also insgesamt vier Primerpaaren bereits aus, um die genetische Fusion in zwei Orientierungen (Gen1-Gen2 und Gen2-Gen1) zu gewährleisten.

Bei der Fusion von drei Partnern in allen sechs möglichen Reihenfolgen benötigt man bereits 18 verschiedene Primer, da jeder Primer lediglich im Paar mit zwei weiteren Primern benutzt werden kann. Bei Fusionen mit vier oder mehr Genen steigt nicht nur die Zahl der Primer exorbitant an. Auch die Kosten für die Oligos nehmen rasant zu. Hinzu kommt, dass bei der Fusions-PCR die Größe des Endprodukts durch die Aktivität der verwendeten DNA-Polymerase limitiert ist. Bei der Schritt-für-Schritt Klonierung begrenzen die multiple Klonierungsstelle (MCS) und die Erkennungssequenzen der Restriktionsenzyme in den amplifizierten DNA-Fragmenten die Zahl der Fusionspartner.

Flexibler Ein- und Ausbau

Für die Konstruktion von Fusionsenzymen müssen wir in unserer Arbeitsgruppe am Institut für Technische Mikrobiologie der Universität Hamburg-Harburg Gene mit vielen verschiedenen und auch mehreren Partnern gleichzeitig verknüpfen. Da dies mit den bisherigen Methoden sehr aufwändig und teuer ist, suchten wir nach einem eleganten Weg, der es uns ermöglicht, Restriktionsfragmente kontinuierlich und gerichtet in Vektoren zu ligieren. Hierbei sollte jedes Zwischenprodukt in rekombinanter Form im Expressionssystem produziert werden und gleichzeitig jeder entstehende Vektor sowohl weitere Fragmente aufnehmen als auch abgeben können (auch mehrmals das gleiche). Eine weitere Vorgabe war, jedes Gen nur einmal amplifizieren zu müssen, um es in unterschiedlicher Reihenfolge in den Zielvektor einbauen zu können.

Aus zwei mach eine

Mit dieser Zielsetzung entwickelten wir das LE-Klonierungssystems, das auf den Restriktionsenzymen LguI und Eco81I basiert (Marquardt et al. 2014, J. Microbiol. Meth. 105:47-50). LguI ist ein Typ IIS-Restriktionsenzym, das eine nicht-palindromische Sequenz (GCTCTTCN’NNN) erkennt und erst ein Nukleotid nach dieser schneidet. Hierbei produziert es einen Überhang aus drei Nukleotiden, der ebenfalls nicht palindromisch ist. Eco81I ist ein untypisches Typ IIP-Restriktionsenzym, das ein palindromisches Hexanukleotid erkennt, das allerdings von einem zusätzlichen Nukleotid unterbrochen ist (CC’TNAGG).

Kombiniert man beide Erkennungssequenzen und legt sie partiell „übereinander“, so erkennen beide Enzyme dieselbe nicht-palindromische Schnittstelle (GCTCTTCC’TNAGG). In einem „Proof-of-Principle“ Experiment haben wir die MCS aus dem Vektor pQE30 durch die LguI-Eco81I-(LE)-Sequenz ersetzt. Der Vektor pQE30-LE enthält neben einer HIS-tag-kodierenden Sequenz am 5’-Ende eine STREP-tag Sequenz am 3’-Ende. Die exprimierten Proteine lassen sich deshalb mit einer Affinitätschromatographie in zwei Schritten reinigen.

Um mit diesem System zum Beispiel drei Gene in allen möglichen Reihenfolgen miteinander zu fusionieren, muss man die DNA-Fragmente lediglich mit jeweils einem Primerpaar amplifizieren und mit den beiden Erkennungssequenzen für LguI und Eco81I flankieren. Nachdem man den Vektor im ersten Schritt mit einem der beiden Restriktionsenzyme verdaut hat, ligiert man die drei Gene in den Vektor. Da beide Enzyme den gleichen Überhang erzeugen, ist man beim ersten Schritt in der Wahl des Restriktionsenzyms frei. Es bietet sich aber an, das günstigere Restriktionsenzym einzusetzen.

Das erste Zwischenergebnis sind drei Vektoren mit jeweils einem integrierten Gen das für ein HIS-Protein-STREP Konstrukt kodiert. Wurde der Zielvektor mit LguI geschnitten, kann er ein zusätzliches DNA-Fragment am 5’-Ende des inserierten Gens aufnehmen, erfolgte die Restriktion mit Eco81I ist die Ligation am 3’-Ende möglich. In die hieraus resultierenden Vektoren lassen sich weitere Gene an beiden Enden einbauen.

Verdaut man den Vektor gleichzeitig mit LguI und Eco81I, kann man ein bereits fusioniertes Genpaar aus dem Vektor herausschneiden und in einen anderen Zielvektor ligieren. Allein hierdurch erweitert sich die Zahl der Fusionsgene auf vier. Diese Fusionsstrategie führt zu einem Serin-Dipeptid, das als flexibler Linker zwischen zwei Partnerproteinen fungiert. Durch gerichtete Mutagenese und/oder die Wahl der Primer sind aber auch weitere Modifikationen denkbar.

Im Prinzip ermöglicht diese Strategie die Herstellung von Multifusionsproteinen in jedem beliebigen Vektorsystem. Die einzige Vorraussetzung ist, dass die LE-Restriktionssequenz (GCTCTTCC’TNAGG) von einem Start- und Stoppsignal ­eingerahmt wird, so dass ein offener Leserahmen entsteht.

Skander Elleuche
Institut für Technische Mikrobiologie
der Universität Hamburg-Harburg



Letzte Änderungen: 04.11.2014