Editorial

Tipp 193: Farbstoff-Synergie

Trick 192

Mitose in HeLa-Zellen, die mit SiR-Hoechst angefärbt wurden. Foto: Kai Johnsson /EPFL

Die DNA-Farbstoffe SiR und Hoechst-33342 haben Stärken und Schwächen. Vereint in einem einzigen Molekül sind sie jedoch unschlagbar.

Die Ansprüche, die Zellforscher an einen DNA-Farbstoff für die Lebendzell-Mikroskopie stellen, sind ziemlich klar umrissen: der Farbstoff sollte die DNA selektiv anfärben und in verschiedenen Zelltypen und Geweben einsetzbar sein, ohne die Zellen zu vergiften. Gleichzeitig muss er fluorogen sein, also erst fluoreszieren wenn er an DNA bindet. Darüber hinaus sollte er mit fernem Infrarotlicht anregbar und auch für die höchstauflösende Mikroskopie (Nanoskopie) geeignet sein.

Faule Farbstoff-Kompromisse

Bisher gab es jedoch kein DNA-Färbemittel, das all diese Kriterien erfüllte. Zellforscher mussten sich deshalb oft mit Kompromissen zufrieden geben. So ist zum Beispiel der häufig verwendete Bisbenzimid-Farbstoff Hoechst 33342, der an die kleine Furche der DNA bindet, in kleinen Konzentration zwar ungiftig. Dafür muss er jedoch mit energiereichem, blauen Licht angeregt werden, das die Zellen in Mitleidenschaft zieht. Zudem ist Hoechst 33342 auch nicht für die Nanoskopie geeignet.

Eine illustre Gruppe um Kai Johnsson vom EPFL in Lausanne, Daniel Wolfram Gerlich vom Wiener Biocenter Campus, Stefan Hell vom MPI für Biophysikalische Chemie in Göttingen sowie Marcos Gonzales-Gaitan von der Universität Genf stellte eine Verbindung vor, die dem Ideal eines optimalen DNA-Farbstoffs sehr nahe kommt (Lukinavicius et al., Nature Communications, DOI: 10.1038). Der von der Gruppe synthetisierte Farbstoff hört auf den Namen SiR-Hoechst und entstand aus der Kombination eines Silicium-Rhodamin-Derivats (SiR) mit Hoechst 33342.

Johnssons Gruppe in Lausanne entwickelt schon seit einiger Zeit SiR-Farbstoffe und versucht deren Eigenschaften für den Einsatz als Lebendzell-Farbstoff zu optimieren. So synthetisierte sie zum Beispiel die nicht-toxischen, fluorogenen SiR-Derivate SiR-Methyl sowie SiR-Tubulin und SiR-Actin, die fluoreszieren, sobald sie an Proteine (Sir-Methyl) beziehungsweise die ­Zytoskeletproteine Tubulin und Actin binden (Lukinavicius et al, Nature Methods, 11, 731-33; Nature Chemistry 5, 132-39). Die Gruppe kam schließlich auf die Idee, den klassischen DNA-Farbstoff Hoechst-33342 mit den SiR-Derivaten zu verknüpfen und landete damit einen Volltreffer.

Idealer DNA-Marker

In Lebendzell-Imaging Versuchen mit SiR-Hoechst stellte sich schnell heraus, dass die Verbindung hierfür nahezu perfekt geeignet ist. Zwar bindet SiR-Hoechst nicht ganz so vehement an DNA wie Hoechst-33342, die Affinität zu ihr ist aber mehr als ausreichend und mit der anderer Bis-Benzimid-Verbindungen vergleichbar. Wie es die Gruppe von den bisher hergestellten SiR-Derviaten gewohnt war, verstärkt sich auch bei Sir-Hoechst die Fluoreszenz, sobald der Farbstoff an DNA bindet. Die Gruppe testete schließlich in ­Lebendzell-Imaging Versuchen mit kultivierten HeLa-Zellen wie spezifisch ­SiR-Hoechst DNA in den Zellkernen anfärbt und welche zytotoxischen Auswirkungen der Farbstoff auf die Zellen hat. Die beiden Parameter verglich die Gruppe anschließend mit den Werten dreier kommerzieller Fern-Infrarotfarbstoffe. SiR-Hoechst schnitt bei beiden Kriterien deutlich besser ab als die kommerziellen Farbstoffe. Zudem führt es auch bei Lebenzell-Mikroskopie Experimenten, die mehrere Stunden andauern, nicht zur Vergiftung der untersuchten Zellen.

Da SiR-Hoechst DNA in unterschiedlichen Zelltypen anfärbt und auch bei der STED-Nanoskopie mit einem 775 nm- STED-Strahl hochaufgelöste Bilder ohne Hintergrundrauschen liefert, ist es für das Lebendzell-Imaging bestens geeignet.

Harald Zähringer



Letzte Änderungen: 04.12.2015