Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (13)

30. April 2012 von Laborjournal

Über die Anfälligkeit des Peer Review-Systems für Willkür und Missbrauch wird ja immer wieder geschrieben (siehe etwa hier oder hier). Und oft bleibt als Fazit: Solange Gutachter aus Fleisch und Blut über eingereichte Artikel entscheiden, wird man in dem System trotz aller Mühen immer wieder menschlichen Schwächen und Verfehlungen bis hin zu üblen Machenschaften begegnen.

Manchmal kommt es daher ganz besonders krass. Wie etwa in folgendem Fall: In einem kleinen, überschaubaren Feld bekommt jemand ein Paper zur Begutachtung. Trotzdem es anonymisiert ist, erkennt der Gutachter das Labor — und da er dort erst kürzlich zu Besuch war, weiß er auch, dass die Daten fast ausnahmslos aus der Arbeit eines frisch gebackenen PhDs stammen. Er empfiehlt das Paper schließlich zur Veröffentlichung, allerdings nach einigen kleinen Revisionen.

Monate später trifft er den PhD bei einem Meeting, offenbart sich als einer der Gutachter und fragt, wann das Paper denn nun endlich erscheinen würde. „Vorerst gar nicht, abgelehnt“, antwortet dieser. Verwundert schlägt der Gutachter vor, ihm doch mal die Reviews zu schicken.

Der PhD tut’s — und den Gutachter trifft schier der Schlag. Sein ursprüngliches Gutachten war von dem verantwortlichen Editor zu einer einzigen Attacke auf das Manuskript umgeschrieben worden. Aber warum? Schließlich kann ein Editor ein Manuskript doch sowieso trotz positiver Gutachten ablehnen? Warum dann diese hinterlistige Farce? Da können doch eigentlich nur irgendwelche niederen Motive dahinter stecken.

Ein hypothetisches Szenario, das es in der realen Gutachterwelt nicht gibt? Nun ja — hier wird genau so ein Fall beschrieben. Und über die Motive für den unmoralischen „Eingriff“ des Editors rätseln die Beteiligten wohl noch heute.

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