Editorial

Wer ist WuLi?

(3.12.15) Im Labor unserer (anderen) TA geht ein Phantom um. Ein mystischer Kollege, von dem alle gehört haben, den aber noch keiner gesehen hat. Sein Name: WuLi
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Auch gegen Ende dieses Jahres feiern wir wieder das Fest des Jahresendgeldausgebens. Zwar liefert das Laborchristkind nur Verbrauchsmittel. Aber immerhin, Tabellen werden erstellt und Wunschzettel werden den Postdocs überreicht, die sie diskutieren und absegnen. Um die Bescherung kümmern sie sich aber leider nicht. Das wäre schön: Privatdozenten im Weihnachtsmannkostüm, die mit lebhaftem „HoHoHo“ Geschenke aus dem Sack ziehen. Stattdessen gehen die Listen an meine Kollegin und mich, und wir sind für die Bestellungen verantwortlich.

In den nächsten zwei Wochen erreichen uns zahlreiche Pakete. Mit ihnen materialisiert sich unser persönlicher Geist der Weihnacht: WuLi. Den hatte ich allerdings nicht bestellt. Sein Geburtsort ist das Sekretariat, wo das unbekannte Signum auf den Lieferscheinen unsere Sekretärin stutzig werden lässt. Nach ein paar Minuten stillen Grübelns zieht sie unsere Besetzungsliste zu Rate. Kein WuLi. Nicht mal jemand mit den entsprechenden Initialen.

Editorial

Meine Bestellkollegin und ich sind an diesem Vormittag auswärts beschäftigt und so sucht sie Rat bei ein paar anderen Kollegen. Aber das WuLi-Mysterium lässt sich so auch nicht enträtseln. Im Gegenteil verhilft es WuLi nur zu noch mehr unergründlichem Flair, denn die auf ihn Angesprochenen beginnen nun ihrerseits, nach WuLi zu forschen. Gerüchte machen die Runde von einem neuen Kollegen, der bei uns anfangen soll. Wer ist dieser geisterhafte WuLi, von dessen baldiger Ankunft alle überzeugt sind oder der sogar längst unter uns weilt?

Hat ein Kollege die Küche aufgeräumt und dabei die Gläser falsch gerückt? Oder wurde die Uni auf einem alten Indianerfriedhof errichtet? Ist WuLi ein in seiner Totenruhe gestörter Schamanengeist? Gegen diese Theorie spricht allerdings WuLis außergewöhnliche Friedfertigkeit. Er poltert nicht und lässt keine Gegenstände durch den Raum schweben. Er ist ein reines „Lieferscheinunterschreibphantom“ und die Küche sieht aus wie immer.

Bevor seine Präsenz unsere gesamte Arbeitsgruppe lahm legt, löse ich das Rätsel auf und enthülle WuLis wahre Identität. Allerdings unabsichtlich. Ich bringe lediglich den nächsten Lieferschein ins Sekretariat, auf den ich selbst liebevoll „WuLi“ gekritzelt habe.

Es war nämlich so, dass meine Kollegin und ich aus purer Bequemlichkeit nicht jedesmal das komplette Wort „Wunschliste“ auf jeden einzelnen Lieferschein schreiben wollten. Also erschufen wir „WuLi“, mit dem festen Vorsatz, unserer Sekretärin einen erklärenden Hinweis zukommen zu lassen. Und das haben wir schlichtweg vergessen.

 

Maike Rupprecht



Letzte Änderungen: 19.01.2016