Editorial

Weiterungen einer unglücklichen Angelegenheit

Im Zuge der anonymen Fälschungsvorwürfe gegen die Leibniz-Preisträgerin Stefanie Dimmeler ist eine dritte fragwürdige Publikation bekannt geworden. Fragen dazu an Stefanie Dimmeler.

(07.03.2005) Auf dieser Netzseite hatten wir schon Ende Dezember 2004 über einen anonymen Brief berichtet (siehe "Eine unglückliche Angelegenheit"). Er war adressiert an den DFG-Präsidenten Ernst Ludwig Winnacker. In dem Schreiben wurde der Frankfurter Professorin Stefanie Dimmeler vorgeworfen, in zwei Publikationen, Nature Medicine und Blood, das gleiche Bild über verschiedenen Legenden publiziert zu haben. Dies trifft auch zu. Dem in dem Brief enthaltenen Vorwurf der Forschungsfälschung konnte unser Reporter Siegfried Bär dennoch nicht folgen. Er kam vielmehr zu dem Schluß, daß die Doppelpublikation auf den Leichtsinn zweier Postdoktoranden von Frau Dimmeler zurückzuführen sei. Eine Fälschungsabsicht habe nicht bestanden. Frau Dimmeler war kurz zuvor zur Leibniz Preisträgerin DFG gewählt worden. Der Preis sollte ihr am 2. März 2005 verliehen werden. DFG-Präsident Winnacker sorgte dafür, dass eine Kommission eingesetzt wurde, die die Vorwürfe prüft. Die Kommission nahm ihre Arbeit am 7.2.2005 auf. Ergebnisse sind im Mai zu erwarten. Als Konsequenz aus der Affäre verzichtete Frau Dimmeler darauf, den Preis entgegen zu nehmen. Das sorgte in der Presse für erhebliches Aufsehen. Die Berichterstattung war dabei nicht immer eine glückliche. So schrieb z.B. die Süddeutsche Zeitung am 3.3.2005:

Im Zuge der anonymen Fälschungsvorwürfe gegen die Leibniz-Preisträgerin Stefanie Dimmeler (SZ von gestern) ist eine dritte fragwürdige Publikation bekannt geworden. Ein anonymer Brief, der im vergangenen Dezember bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG einging, bezog sich offenbar nicht nur auf Arbeiten in den Fachmagazinen Nature Medicine und Blood. Wie der Vizepräsident der Universität Frankfurt, Jürgen Bereiter-Hahn, gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte, sei das umstrittene Durchblutungsbild einer Maus auch im Fachblatt Circulation Research verwendet worden. Damit gebe es drei Publikationen, die dasselbe Bild jeweils in einen anderen Zusammenhang stellten.

Der anynome Brief ist bis auf die Grußfloskel vollständig auf dieser Netzseite (siehe "Eine unglückliche Angelegenheit") wiedergegeben. Von einer dritten fragwürdigen Publikation steht darin nichts.

Am besten über die Sache Bescheid weiß wohl Frau Dimmeler selbst. Wir haben ihr ein paar Fragen gestellt.



Frau Dimmeler, ein Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 3.3.05 legt nahe, daß der anonyme Brief, der im Dezember bei der DFG und Laborjournal einging, auch auf eine dritte Publikation hingewiesen habe, in der angeblich das gleiche Bild wie in den Nature Medicine und Blood Veröffentlichungen erschienen sei. Das stimmt nicht mit den Tatsachen überein. In dem anonymen Brief steht nichts von einem dritten Journal in dem dieses Bild erschienen wäre. Wer hat denn entdeckt, daß das Bild auch in einem dritten Journal erschien und wer hat das der DFG angezeigt?

Stefanie Dimmeler: In diesen Zeitungsartikel haben sich bedauerlicherweise gleich zwei Fehler eingeschlichen. Zum einen hat uns nicht der anonyme Briefschreiber auf einen weiteren Fehler hingewiesen und zum anderen handelt es sich nicht um die dreimalige Publikation eines identischen Bildes. Vielmehr lief es wie folgt ab: nachdem wir von dem anonymen Brief erfahren hatten, sind wir alle Publikationen zusammen mit Kollegen nochmals durchgegangen, um ganz sicher zu sein, dass kein weiterer Fehler vorgekommen ist. Leider haben wir in einer weiteren Publikation wiederum eine Verwechslung von Beispielsabbildungen von Durchblutungsbildern gefunden. Hierbei handelt es sich um die gleiche Fehlerart und der Fehler ist im gleichen Zeitraum gemacht worden. Wir haben den Fehler unverzüglich der DFG, dem Ombudsman der DFG und der Zeitschrift Circulation noch vor Weihnachten gemeldet. Das Erratum ist in press.

Die Süddeutsche hat also falsch berichtet?

Stefanie Dimmeler: Zumindest wurde der Sachverhalt missverständlich dargestellt.

Immerhin, Tatsache ist, daß gleiche Bilder in jeweils anderen Zusammenhängen in Nature Medicine, Blood und Circulation verwendet wurde. Wie konnte es zu den Verwechslungen kommen?

Stefanie Dimmeler: Das haben wir uns auch alle gefragt und konnten diese blödsinnigen Fehler anfangs gar nicht begreifen. Dies war vor allem vor dem Hintergrund unerklärlich, dass alle archivierten Originaldateien der durchgeführten Experimente absolut einwandfrei sind. Mittlerweile haben wir retrospektiv nachvollziehen können, dass die Fehler durch eine tückische Software mit nicht eindeutiger Zuordnung der Datei- und Ordnernamen begünstigt wurden. Dies hat leider dazu geführt, dass bei der Erstellung der repräsentativen Beispielsabbildungen, die erst viel später als die eigentliche Analyse der Daten erfolgte, Fehler bei der Zuordnung der exportierten Dateien entstanden sind. Die Datenanalyse war von diesem Fehler jedoch glücklicherweise nicht betroffen, da diese unmittelbar nach dem Experiment vorgenommen wurde.

Wie fühlt man sich, wenn man so eine peinliche Angelegenheit durchstehen muß?

Stefanie Dimmeler: Entsetzlich. Diese Angelegenheit ist für alle Beteiligten und die gesamte Arbeitsgruppe äußerst belastend. Es trifft mich auch persönlich, da für mich Ehrlichkeit einer der wichtigsten "Werte" ist und ich nun durch diese anonymen Anschuldigungen die Integrität meiner Person in Frage gestellt sehe. Ich sehne mich nach dem Tag, an dem die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen hat und die ganze Angelegenheit endgültig geklärt ist.



Letzte Änderungen: 07.03.2005