Editorial

DNA-Labelling im Eintopf

(28.03.2018) Die Dekoration von DNA mithilfe von DNA-Methyltransferasen erfolgte bisher in einem umständlichen zweistufigen Prozess. Ein belgisch-britisches Team machte daraus eine effiziente und simple Ein-Topf-Reaktion.
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(28.03.2018) DNA-Methyltransferasen (MTasen) sind die perfekten Enzyme zum gezielten Dekorieren von DNA. Entsprechend instruiert und mit dem gewünschten Baustein ausgestattet, übertragen sie funktionelle Gruppen an Cytosin (C4, N5) oder Adenin (N6) in meist vier bis acht Basenpaaren langen Zielmotiven. So lassen sich DNA-Moleküle farbig markieren, abfangen (capture) oder von nicht-markierten Mitstreitern trennen.

MTasen gibt es in der Natur in Hülle und Fülle. Ihr kleinster gemeinsamer Nenner ist der Cofaktor S-Adenosyl-L-Methionin (AdoMet). Cofaktor-Analoge mit ausgetauschtem Methylrest funktionieren wie ein Kuckucksei, das die MTase ausbrütet. Dieser Trick namens Methyltransferase-directed Transfer of Activated Groups (mTAG) verläuft zweistufig: Zuerst katalysiert die MTase eine Transalkylierung, bei der eine reaktive Gruppe aus dem AdoMet-Analog (zum Beispiel Amin aus Ado-6-Amin), wie ein universeller "Klebstoff" an die gewünschte DNA-Position aufgetragen wird. Anschließend wird eine funktionelle Gruppe, etwa ein mit einem N-hydroxysuccinimidyl-(NHS)-Ester konjugiertes Fluorophor, mit einer entsprechenden Kopplungsreaktion an die reaktive Gruppe "geklebt".

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Zu umständlich

Einem Team um Johan Hofkens von der KU Leuven (Belgien) sowie Robert Neely von der Universität Birmingham (England) war dieser zweistufige Prozess zu umständlich. Es änderte ganz einfach die Reihenfolge der Reaktionen und erhielt hierdurch einen deutlich effizienteren mTAG-Transfer, den man zudem in einem einzigen Reaktionsgefäß als Ein-Topf-Reaktion durchführen kann.

Wie funktioniert das Ganze? Das NHS-Ester-konjugierte Fluorophor wird direkt an das AdoMet-Analog gekoppelt; danach werden DNA und Methyltransferase einfach dazu pipettiert. Der "Klebstoff" kommt also nicht wie bisher zuerst auf die DNA, sondern direkt auf die Deko-Objekte (zum Beispiel Fluorophore), die man ankleben will. Wo diese fixiert werden sollen, legt man erst nach der Zugabe von DNA und MTase fest. Man kann also einen Mastermix mit funktionellen Gruppen vorbereiten und verschiedene DNA-Proben parallel markieren. Damit ist auch ein direkter Effizienz-Vergleich zwischen unterschiedlichen MTasen möglich.

Eine Stunde Zeit

Die Gruppe stellte zunächst verschiedene rekombinante MTasen und mutierte Varianten her. Dazu nutzte sie eine Methode, die sie bereits 2014 publiziert hat. Als Demo-DNA diente das Plasmid pUC19, auf dem acht potenzielle Zielstellen für die DNA-Methyltransferase M.TaqI liegen. Hofkens und Neelys Mitarbeiter inkubierten NHS-Ester-Derivate des Farbstoffs (zum Beispiel von Atto-647) mit Ado-6-Amin (Cofaktor-Analog) und gaben nach einer halben Stunde pUC19 und die MTase, zum Beispiel M.TaqI, hinzu. Diese hatte dann eine Stunde bei 60°C Zeit für die Transalkylierungs-Reaktion. Anschließend wurde sie mittels ProteinaseK inaktiviert. Die Forscher reinigten die DNA schließlich und analysierten sie.

Die Effizienz der Reaktion maßen sie mithilfe eines Restriktionsverdaus: Erfolgreich modifizierte Stellen auf der DNA blieben vom Verdau durch das Restriktionsenzym R.TaqI verschont. Dies war bei allen funktionellen Gruppen der Fall, die das Team um Hofkens und Neely zur Dekoration eingesetzt hatte (Alexa488, Atto520, Atto565, Atto647N, Biotin und PEG).

Geringe Fehlerrate

Und wie spezifisch war die Reaktion? Zumindest bei der getesteten M.TaqI war die Fehlerrate mit circa 0,4 Falschmarkierungen pro kb gering. Dies ermittelte das Team mithilfe mutierter pUC-Plasmide, in denen die Zielmotive zerstört waren. Die Fehler waren zufällig verstreut, Regionen oder Motive mit besonderer Anfälligkeit gab es nicht.

Im Vergleich zum zweistufigen Verfahren ist die neue Methode 2,6-mal effizienter und überträgt durchschnittlich 3,5 statt nur 1,3 funktionelle Gruppen auf ein pUC-Molekül. Das ist aber noch immer viel weniger als das theoretisch mögliche (acht potenzielle Stellen existieren; je zwei in den vier palindromen Zielmotiven). Das Team versuchte deshalb den Transfer weiter zu optimieren. Doch egal wie es Pufferzusammensetzung, Inkubations­dauer, Temperatur oder pH veränderte: Mehr als vier Markierungen pro pUC-Molekül waren nicht zu schaffen.

Strang nicht erkannt

Mit einem eleganten Experiment ging die Gruppe diesem Phänomen auf den Grund. Anstelle von pUC19 setzte sie bei den Modifikations-Reaktionen eine knapp 100bp-lange Haarnadelstruktur mit einer einzigen M.TaqI-Stelle ein und annealte die anschließend aufgespreizte Nadel mit einem komplementären Gegenstück nicht-manipulierter DNA. Die Idee dahinter: Werden beide gegenüberliegenden Positionen im palindromen Zielmotiv modifiziert, so ist die erhaltene DNA vor dem Restriktionsverdau völlig gefeit. Erfolgt die Transalkylierung aber nur auf einem Strang, erkennen Nukleasen den nicht-modifizierten (nach Annealing erhaltenen) Doppelstrang und zerschneiden ihn. Das zweite Szenario trifft zu und erklärt die begrenzten Optimierungserfolge.

Massenspektrometrie-Experimente der markierten Haarnadelmoleküle bestätigten die Restriktionsanalysen und zeigten, dass immer nur ein Strang im palindromen Motiv die Fluorophorgruppe annahm. Trat dennoch eine Modifikation am Gegenstrang auf, so war dies nur eine Alkylierung, die eigentliche funktionelle Gruppe fehlte.

Andrea Pitzschke



Letzte Änderungen: 28.03.2018