50 Spin-offs, über 1.000 Patente
Die Zielerreichung wird in jährlichen Monitoring-Berichten (Bericht 2018) erfasst. So konnten die großen Vier mit mehr als 42.000 Beschäftigten in der Kategorie wissenschaftliches Personal im Jahr 2017 zum Beispiel rund 50 Unternehmen ausgründen, knapp 1.250 Patente erstmalig anmelden und Einnahmen im Umfang von 184 Millionen Euro durch die Verwertung von Schutzrechten erzielen. Auf einige Strukturen und Maßnahmen im Transfer-Geschehen der Max-Planck-Gesellschaft gehen wir hier näher ein.
Die Max-Planck-Innovation GmbH mit Sitz in München ist Technologietransfer-Organisation und Tochterunternehmen der Max-Planck-Gesellschaft (MPG). Sie wurde zunächst als Garching Instrumente GmbH im Jahr 1970 gegründet und verfügt heute über rund 30 Mitarbeiter, darunter Naturwissenschaftler, Juristen und Betriebswirtschaftler. Kernaufgaben sind Erfindungsbewertung und Patent-Anmeldung, Lizenzierung von Erfindungen für die gewerbliche Nutzung und Unterstützung von Ausgründungen aus der MPG.
Die GmbH initiierte Strukturen, um Forschungsergebnisse schneller in die Anwendung zu bringen und an den Markt heranzuführen. Diese werden teils in Eigenregie, teils gemeinschaftlich mit anderen Organisationen, Forschungseinrichtungen oder Hochschulen betrieben. Dazu gehören u.a. das Lead Discovery Center zur Medikamenten-Entwicklung (seit 2008), der Life Science Inkubator (seit 2009) und der daraus entstandene Photonik Inkubator sowie die IT-Inkubator GmbH (seit 2015).
Künstliche Intelligenz in Schwaben
Relativ neu ist die Initiative Cyber Valley in der Region Stuttgart/Tübingen. Hier möchte die MPG in Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme mit den Universitäten Stuttgart und Tübingen, dem Land Baden-Württemberg sowie namhaften Unternehmen wie Amazon, Bosch, Daimler, Porsche und BMW ein neues Zentrum für Künstliche Intelligenz schaffen. Rund 15 Forschergruppen und Stiftungsprofessuren sowie eine neue International Max Planck Research School für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sollen zu Themen wie Robotik, autonome Systeme oder Medizintechnik forschen. Daraus sollen u.a. auch zahlreiche Ausgründungen mit Unterstützung durch die Max-Planck-Innovation GmbH hervorgehen.
Seit 1990 erfolgten aus der MPG mehr als 130 Ausgründungen und es wurden Verwertungserlöse von über 400 Millionen Euro erzielt. Dabei wurden nach Angaben der MPG auch 3.800 neue Arbeitsplätze geschaffen. Zu den Erfolgsgeschichten gehören Spin-offs, die aus Instituten der Max-Planck-Gesellschaft hervorgingen bzw. durch ihre Mitarbeiter (mit-)gegründet wurden: Darunter Morphosys (gegründet 1992 in Martinsried, Fokus: therapeutische Antikörper, Mitgründer: Alexander Plückthun, ehemalig Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried), Sugen (gegründet 1991 in Redwood, USA, nun Pfizer, Fokus: Proteinkinase-Inhibitoren wie Sutent, Mitgründer: Axel Ullrich, Emeritus Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried) oder Alnylam Pharmaceuticals (gegründet 2002 in Cambridge, USA, Fokus: RNA-Interferenz-Therapie, Mitgründer: Thomas Tuschl, ehemalig Max-Planck-Institut für Biophysik in Göttingen).
Mühsam aber erfolgreich
Eine weitere Erfolgsgeschichte ist das FLASH-Patent, das bis dato Einnahmen von mehr als 160 Millionen Euro erzielt hat und somit das bisher erfolgreichste Patent der MPG ist. FLASH steht für Fast Low-Angle Shot und bezeichnet ein im Team von Jens Frahm am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie entwickeltes Verfahren, das die Magnetresonanztomographie durch drastische Senkung der Aufnahmezeiten revolutionierte. Dass die Verwertung gerade aus der knallharten Grundlagenforschung heraus, wie sie sich die MPG auf die Fahnen geschrieben hat, ein sehr mühseliges Geschäft ist, zeigt sich auch in der letzten Jahresbilanz: So wurden durch die 84 Max-Planck-Institute gerade mal 83 Patente erstmalig angemeldet sowie vier Unternehmen ausgegründet.
Öffentlich-finanzierte, gemeinnützige Forschungsorganisationen wie die MPG unterstützen technologieorientierte Ausgründungen im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten auf vielfältige Art und Weise. Hierzu wurden Leitfäden für den Technologietransfer und für Ausgründungen entwickelt. So können Max-Planck-Infrastrukturen wie Labore, Werkstätten und Großrechner aber auch Materialien und Technologien genutzt werden.
Nebenjob oder Beurlaubung
Ausgründungen durch MPG-Mitarbeiter erfolgen u.a. in Nebentätigkeit oder aber im Rahmen einer bis zu 3-jährigen Beurlaubung. Hierbei räumt die MPG ehemaligen Mitarbeitern auch ein auf bis zu fünf Jahre befristetes Rückkehrrecht ein. Gemeinsame F&E-Projekte zwischen Gründern und Wissenschaftlern der MPG vermittelt bzw. unterstützt die Max-Planck-Innovation GmbH. Der Verzicht auf Einmal-Zahlungen für Lizenzen zur Nutzung von Ergebnissen, Technologien oder Patenten der MPG sind dann hilfreich, wenn junge Unternehmen oder Gründerteams nicht über genügend Eigenkapital verfügen, um hohe Zahlungen zu leisten. Als Ausgleich übernimmt die MPG hier oft zeitlich befristet Anteile an den zu gründenden Unternehmen und ist so auch an deren zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg beteiligt.
2016 etablierte die Max-Planck-Innovation GmbH das Projekt „Expertise Meets Innovation“, das Wissenschaftler der MPG mit Experten aus der Industrie zusammenbringt, um die Verwertung von Ergebnissen durch spezifisches Know-how aus der Wirtschaft wie Marktkenntnis oder Qualitätsstandards zu beschleunigen. Mit Mitteln des BMBF werden ebenso seit 2015 an einzelnen Max-Planck-Instituten Workshops auf Basis des Analyse- und Planungstools „Enabling Innovation“ durchgeführt. Ziel ist es hierbei, Innovationspotentiale der jeweiligen MPG-Einrichtungen zu analysieren, um daraus eine langfristige Strategie mit konkreten Maßnahmen im Wissens- und Technologietransfer abzuleiten.
Ralf Schreck