Editorial

Clever sortiert

(29.08.2018) Beim Sortieren von abertausenden Zellen aus heterogenen Proben helfen seit über vierzig Jahren FACS-Geräte. Ein neuer „intelligenter“ Sorter könnte ihnen bald Konkurrenz machen.
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Im Märchen eilen Tauben Aschenputtel zu Hilfe, als sie Erbsen verlesen muss. Im Labor kann man auf diese Hilfe getrost verzichten, denn das Sortieren von beispielsweise Zellen übernehmen High-Tech-Geräte. Traditionell kommt für die Zellsortierung das FACS-Gerät zum Einsatz, welches allerdings nur schlecht aufgelöste Informationen der sortierten Zellen liefert. Aufgrund des kleinen Datenvolumens werden die Daten jedoch sehr schnell an die Sortiereinheit weitergeleitet und lösen sofort ein Sortiersignal aus. Bei High-Content-Imaging-Systemen zur Zellanalyse ist es genau umgekehrt: Das Datenvolumen der Bilder ist sehr groß, wodurch viel Zeit für Prozessierung und Datentransfer verloren geht. Die Sortierung der Zellen in Echtzeit ist hierdurch kaum möglich.

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Gefunden: Die eierlegende Wollmilchsau

Optimal wäre ein Zellsortierer, der beides kann: komplexe, hochaufgelöste Bilddaten von Zellen aufnehmen und diese ohne Verzögerung an eine Sortiereinheit weiterleiten. Eine vielköpfige japanisch-amerikanische Gruppe hat diese eierlegende Wollmilchsau jetzt vorgestellt. Ihr Intelligent Image-Activated Cell Sorting (IACS)-Instrument arbeitet präziser als ein FACS-Gerät, holt mehr Informationen aus den vorbeirauschenden Zellen heraus und sortiert sie dennoch in Echtzeit – mit einer Trefferquote von über neunzig Prozent.

Der intelligente Zellsortierer enthält drei wesentliche Komponenten: einen mikrofluidischen Mikrochip, ein spezielles Mikroskop und eine Recheneinheit für die Steuerung der Sortierung und Auswertung der Daten. Über eine Einströmöffnung treten die Zellen in den winzigen, etwa drei Zentimeter langen Kanal des Mikrochips ein und werden zunächst, ähnlich wie bei einem FACS-Gerät, hydrodynamisch fokussiert. Im Gänsemarsch rauschen sie mit einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde an der Kamera eines sogenannten Frequency-Division-Mutiplexed-(FDM)-Mikroskops vorbei, das von jeder Zelle Durchlicht- und Fluoreszenzbilder aufnimmt. Dass sie sich hierbei drehen, ist durchaus erwünscht, denn so werden rundum eindimensionale Bilddaten gesammelt, aus denen ein zweidimensionales Gesamtbild entsteht.

Geschubst und sortiert

Ein integriertes Speed Meter misst die Vorwärts-Streuung der einzelnen Zellen und berechnet daraus die optimale Sortierzeit. Kurz vor der Sortiereinheit des Mikrochips werden sie mithilfe eines akustischen Fokussierers mit Ultraschallwellen erneut auf Linie gebracht. Anschließend werden die Zellen durch zwei winzige, piezoelektronisch gesteuerte Membranpumpen in eine Auffangschlaufe am Ende des Kanals geschubst und entsprechend sortiert.

Gesteuert wird das Ganze von einem lernfähigen Computer mit künstlicher Intelligenz, der die Bildinformationen in wenigen Millisekunden verarbeitet und weiterleitet. Wie das Team anhand von Algen- und Blutproben zeigt, kann das smarte Instrument die unterschiedlichsten Zelltypen vermessen und anhand von Charakteristika wie Protein-Lokalisation oder Zell-Zell-Interaktion sortieren.

Schnelle Irrläufer

Wie schnell man die Zellen durch das Gerät jagt, hängt davon ab, was man mit ihnen vorhat. Bei hoher Fließgeschwindigkeit ist der Topf mit den sortierten Zellen rasch gefüllt, enthält aber ein paar Irrläufer. Fließen die Zellen langsamer durch den Chip ist die Ausbeute geringer, dafür aber die Qualität der Zellen höher.

Prinzipiell könnte man mit einem entsprechend adaptierten IACS-Gerät auch Organoide, Gewebestückchen oder sogar ganze Organismen sortieren, zum Beispiel Drosophila. Die Gruppe stellt ihr Gerät auf einer „Open Innovation Platform“ zur Verfügung und bietet an, auch fremde Proben mit IACS zu sortieren.

Andrea Pitzschke

Nitta N. et al. (2018): Intelligent Image-Activated Cell Sorting. Cell, DOI: 10.1016/j.cell.2018.08.028



Letzte Änderungen: 29.08.2018