Editorial

Knock-Down-Etikett für Proteine

(23.01.2019) Mit der Kombination von GFP-Antikörpern und Degron-Systemen für die Proteolyse lassen sich gezielt Proteine in Zebra­fischen deaktivieren.
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Um die Proteinfunktion in vivo zu unter­suchen, ist es üblich, die Expression mit siRNAs zu unterdrücken oder das codie­rende Gen über CRISPR/Cas9 auszuschal­ten. Diese Ansätze sind jedoch fehleranfällig und oft nicht sonderlich schnell. Außerdem lassen sich essentielle Gene, die zum Beispiel den Zellzyklus steuern, nicht einfach ausschalten, da der Funktionsverlust letal wäre. Zwar gibt es alternative Techniken für die direkte Inaktivierung von Proteinen, ihre Möglichkeiten sind jedoch vor allem für den Einsatz in tierischen Zellen begrenzt.

Ein Forscherteam um Holger Knaut von der New York University School of Medicine suchte deshalb nach geeigneten Degron-Systemen, um in Zebrafischen gezielt und effizient Proteine zu inaktivieren. Degrons sind Protein-Domänen, die von E3-Ubiquitin-Ligasen verwendet werden, um Proteine für den Abbau zu identifizieren – die Fusion eines Proteins mit einem Degron induziert deshalb die Proteolyse des Fusionsproteins. Eine Strategie zur Inaktivierung eines bestimmten Proteins besteht deshalb darin, es mit einem Degron zu verschmelzen.

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Welches System bringt?

Knauts Team testete verschiedene Degron-Systeme in Zebrafisch-Em­bry­onen. Zunächst versuchten seine Mitarbeiter ihr Glück mit einem Auxin-induzierbaren Degron (AID). Hier ist der pflanzliche Auxin-Rezeptor TIR1 Teil der SCF-E3-Ubiquitin-Ligase, die nach Akti­vierung durch Auxin an das AID-Degron bindet und das Protein ubiquitiniert.

Die Forscher injizierten GFP-AID Fusions-mRNA und TIR1-mRNA in Zebrafisch-Embry­onen und behandelten die Embryonen mit dem Auxin-Analogon IAA. Das Ergebnis war aber alles andere als zufriedenstellend – das System funktionierte nur mit sehr geringen TIR1-mRNA-Konzentrationen und bereits 50 Pikogramm je Embryo erwiesen sich als letal.

Nicht wirklich effizient, dachten sich die Forscher und führten ihre Testreihe mit einem weiteren Degron-System fort. Im ZIF1/ZF1-System bindet das SOCS-Box-Adapterprotein ZIF1 aus C.elegans an die Zinkfinger-Domäne ZF1 und markiert sie hierdurch für die E3-Ubiquitin-Ligase. Genau das tat ZIF1 auch in Zebrafisch-Embryonen, doch eine Reduktion der Proteinlevel um gerade 17 Prozent reichte der Gruppe immer noch nicht.

SPOP mit Nanobody

Als nächstes testete sie das AB-SPOP/FP-tag-System, bei dem die Bindungsdomäne des humanen E3-Ubiquitin-Ligase-Adapterproteins SPOP mit einem kleinen GFP-Antikörper (Anti-GFP-Nanobody) fusioniert ist. Dieses System erlaubt, GFP-Proteine für die E3-Ubiquitin-Ligase zu markieren. Die Forscher injizierten die nötigen mRNAs in die Embry­onen, darunter auch GFP-Fusions-mRNA, um GFP-Proteine als Zielproteine zu erzeugen.

Dass das AB-SPOP-Hybrid-Adapterprotein auf Kernproteine abzielt, nicht aber auf zytoplasmatische, spiegelte sich im Ergebnis des Experiments wider: während die Abbaueffizienz für GFP-markierte Kernproteine 70 Prozent erreichte, lag sie für zytoplasmatische Proteine nur bei 13 Prozent. Das Prinzip des GFP-basierten Systems funktionierte jedoch – die Forscher hielten deshalb daran fest und wählten als nächstes das deGradFP-GFP-Degron-System aus Drosophila.

Bei diesem ist die F-Box-Domäne aus Drosophilas Adapterprotein Slimb mit einem kleinen Anti-GFP-Antikörper fusioniert. Die GFP-Protein-Inaktivierung war mit gerade 19 Prozent wieder nicht berauschend. Die Forscher spekulierten, dass dies an der Slimb-F-Box-Domäne liegen müsse, da das GFP-System prinzipiell funktionierte. Kurzerhand tauschten sie die Slimb-F-Box-Domäne mit der homologen F-Box-Domäne aus Zebrafischen aus. Das neue hybride Adapterprotein tauften sie zGrad, für „Zebrafisch deGradFP“. Mit zGrad erzielte Knauts Gruppe endlich ein zufriedenstellendes Ergebnis mit einer Protein-Deaktivie­rungseffizienz von 89 Prozent, in Nukleus und Zytoplasma.

Schnell abgebaut

zGrad bewährte sich auch in unterschiedlichen zellulären Kompartimenten. In einem transgenen Zebrafisch-Modell, in dem zGrad von einem Hitzeschock-Promotor kontrolliert wurde, untersuchten die Forscher den Hitzeschock-induzierten Abbau von GFP-Fusi­onsproteinen. Bei GFP-Fusionen mit Histon H2A, dem Transmembranprotein E-Cadherin und dem zytoplasmatischen Protein alpha-E-Catenin beobachtete die Gruppe einen signifikanten und schnellen Proteinabbau (Halbwertszeiten von etwa 20 min für E-Cadherin und alpha-E-Catenin).

Eine weitere wichtige Anwendung sind Loss-of-Function-Studien. Die Forscher schalteten mit zGrad maternale Proteine aus, die für die Entwicklung essentiell sind, etwa das Zell­adhä­sionsprotein alpha-E-Catenin. Dies führte zu schwerwiegenden Zelladhä­sionseffekten und dem Tod des Embryos.

zGrad ist ein interessantes neues Werkzeug für die Knock-down-Analyse. Durch die Kombination des Systems mit einem Hitzeschock-Promotor lassen sich auch transiente Analysen durchführen, bei denen die Proteine nur für eine kurze Dauer ausgeschaltet sind. Auf diese Weise kann man auch zeitabhängige Proteinfunktionen untersuchen und reversible Phänotypen erzeugen. Mithilfe der Expression von zGrad aus gewebespezifischen Promotoren, lassen sich zudem Proteine gewebespezifisch ausschalten.

Miriam Colindres

Yamaguchi N. et al. (2019): zGrad: A nanobody-based degron system to inactivate proteins in zebrafish. bioRxiv, DOI: 10.1101/518944



Letzte Änderungen: 23.01.2019