Editorial

“Es gibt immer noch zu wenige Professorinnen“

(06.06.2019) Laura De Laporte am Leibniz-Institut für Interaktive Materialien ist eine von ihnen. Auch dank der intensiven Unterstützung durch die Leibniz-Gemeinschaft.
editorial_bild

Die gebürtige Belgierin Laura De Laporte war im Leibniz-Professorinnen-Programm erfolgreich und wurde nachfolgend im Herbst 2018 gemeinsam von der RWTH Aachen und dem DWI – Leibniz-Institut für Inter­aktive Materialien in Aachen auf eine W2-Professur mit Tenure Track berufen. Zuvor war sie am DWI bereits fünf Jahre Nach­wuchs-Gruppenleiterin und erhielt 2015 einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrates. Ihre Forschungs­schwer­punkte sind die Entwicklung minimal-invasiver Therapien für Rückenmarks­verletzungen sowie injizierbare Biomaterialien für Gewebe- und Organregeneration.

Laborjournal: Wie kamen Sie nach Studium in Ghent (Belgien), Promotion an der Northwestern University (USA) und Postdoc-Phase an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (Schweiz) ans DWI in Aachen?

Laura De Laporte: Es war der Job meines Mannes, der mich nach Deutschland brachte. Er war bereits einige Monate vor Ende meines Postdocs am EPFL nach Düsseldorf umgezogen. Als dann im Oktober 2012 meine zweite Tochter geboren wurde, beschloss ich, ihm direkt von der Klinik aus zu folgen. Zunächst war es schwierig, einen Job zu finden. Ich wollte meine akademische Karriere fortsetzen, verfolgte aber auch Möglichkeiten in der Industrie. Als ich über mein Netzwerk vom DWI und seinem Fokus auf Biomate­rialien hörte, schickte ich eine Initiativbewerbung. Aber es dauerte sechs weitere Monate, bis ich dank der Unterstützung des DWI-Projektleiters Helmut Keul Erfolg hatte.

Editorial

Wie war der Übergang vom Postdoc zur Nachwuchs-Gruppenleiterin?

De Laporte: Als ich am DWI startete, gab man mir Zeit, um Anträge zu schreiben. Dies war für meine weitere Karriere auschlaggebend. Ich lernte die Forschungsaktivitäten am DWI und an der RWTH Aachen im Detail kennen und konnte eigene Ideen entwickeln. Zunächst war mein Antrag im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 985 „Funktionale Mikrogele und Mikrogel-Systeme“ erfolgreich und erschloss mir ein größeres Netzwerk. Kurz darauf folgten Projektförderungen im Rahmen eines Marie-Skłodowska-Curie-Training-Netzwerks, eines ERC Starting Grants und der DFG-Nachwuchsakademie MatWerk. Durch die relativ schnelle Verfügbarkeit von Forschungsmitteln konnte ich rasch eine Nachwuchsgruppe zum Thema „Neue Materialien in der Biomedizin“ aufbauen. Dies zeigt, dass eine intensive Unterstützung durch die Gastinstitution von Anfang an eine gute Investition für beide Seiten sein kann.

Welche Erfahrungen haben Sie im Leibniz-Professorinnen-Programm 2018 gemacht?

De Laporte: Die Antragstellung erfolgt hier etwas anders, da eigentlich das jeweilige Leibniz-Institut den Antrag im Professorinnen-Programm einreicht. Die beteiligte Universität muss entsprechende Zugeständnisse hinsichtlich der Stelle machen. Daher ist es notwendig, sich rechtzeitig vor Antrags­abgabe um die notwendigen Absprachen zu kümmern. Mein Antrag umriss meine Forschungsrichtung sowie drei konkrete Anwen­dungs­projekte. Schließlich erhielt ich eine Million Euro von der Leibniz-Gemeinschaft und 700.000 Euro vom DWI für insgesamt fünf Jahre. Eine gute Ausgangsposition, um meine Gruppe und ihre Forschungsaktivitäten zukünftig weiter auszubauen.

Wie schätzen Sie das Professorinnen-Programm ein? Wie unterstützen DWI und Leibniz zusätzlich?

De Laporte: Es gibt immer noch zu wenige Professorinnen. Programme wie das Leibniz-Professorinnen-Programm helfen dabei, dies zu ändern. Ebenso hat Leibniz die Bedeu­tung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie erkannt und unterstützt Kinderbetreuung außerhalb der regulären Öffnungszeiten von KiTas und Schulen. Als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder ist dies für mich eine große Unterstützung, da die Kinder in gewohnter Umgebung gut versorgt werden können. Unser Kindermädchen der letzten sechs Jahre ist die fitteste 76-Jährige, die ich kenne. Sie übernimmt alle Aktivitäten einschließlich der Chauffeurdienste, bis wir von der Arbeit zurück sind. Auch mein Mann unterstützt mich sehr. Er arbeitet zwar auch Vollzeit, hat aber weniger Auswärtsver­pflichtungen. Das Wochenende gehört dann meist ganz der Familie.

Wie gestaltet sich Ihre W2-Professur und Arbeitsgruppe?

De Laporte: Momentan sind wir drei Postdocs, neun Doktoranden und zwei technische Angestellte, die ich mit Kollegen teile. Aktuell bin ich noch zu hundert Prozent am DWI und unterrichte etwas mehr als zwei Semester-Wochenstunden an der RWTH. Es laufen gemeinsame Projekte mit der RWTH im Rahmen des SFB 985 und dem neuen Graduiertenkolleg 2415 zum Thema „Mechanobiologie und Tissue Engineering“. Durch die enge Zusam­menarbeit mit der RWTH und der Uniklinik wird meine interdisziplinäre Forschung an der Grenze zwischen Chemie, Biologie und Ingenieur­wissenschaften überhaupt erst ermöglicht.

Ihr Tipp für Nachwuchs-Wissenschaftlerinnen?

De Laporte: Die Photographin Erada Svetlana hat mal gesagt: „Wenn etwas dich gleich­zeitig erschrickt und begeistert, musst Du es machen!“ Es gibt immer wieder Zeiten, wenn dein Kopf mit tausenden Gedanken gefüllt ist und du nicht mehr weißt, was zuerst getan werden muss. Dann hilft nur, einmal tief durchzuatmen und alles schrittweise zu erledigen, bis sich der Nebel etwas lichtet. Auch wenn man es zunächst nicht erkennt, ist unser Beruf unglaublich erfüllend und bietet viel Freiraum für Kreativität und Flexibilität. Und gleichzei­tig ist es ein Job, in dem man lebenslang lernt. Irgendwann muss man dazu in der Lage sein, seine Zeit effektiv einzusetzen und verlässliches Personal zu finden, um die Arbeit auch teilen zu können. Im Team kann man so viel mehr erreichen.

Die Fragen stellte Ralf Schreck

Im aktuellen Laborjournal-Heft (5-2019) erfahren Sie mehr über die Leibniz-Gemeinschaft und wie sie ihren Nachwuchs fördert.



Letzte Änderungen: 06.06.2019