Optogenetik für Bakterien
(09.10.2019) Trennt man Rekombinasen in zwei Hälften und verbindet diese mit Licht-induzierbaren Proteinen, lässt sich die Rekombination von DNA mit Licht steuern.
Über Konformationsänderungen lichtempfindlicher Proteine lassen sich zelluläre Prozesse viel schneller steuern, als mit chemischen Induktionssystemen. Zudem hinterlassen sie keine größeren Nebenwirkungen und Spuren. Diese optogenetischen Werkzeuge basieren häufig auf Zwei-Komponenten-Systemen und sogenannten Split-Proteinen. Bei Letzteren entsteht erst dann ein funktionales Protein, wenn sich die beiden Protein-Fragmente vereinen.
Ein typisches Beispiel für Split-Proteine sind in C- und N-terminale Stücke getrennte Rekombinasen, die jeweils mit einer durch Licht induzierbaren Dimerisierungs-Domäne verbunden sind. Beleuchtet man die photoempfindlichen Domänen, ändern sie ihre Konformation und dimerisieren, wodurch die beiden Rekombinase-Fragmente zusammengeführt werden. Auf diesem Prinzip basieren verschiedene optogenetische Split-Rekombinasen, die jedoch ausschließlich für eukaryotische Zellen konzipiert sind.
Da lichtempfindliche Split-Rekombinasen auch für die Arbeit mit prokaryotischen Mikroorganismen interessant sind, konstruierte Mary Dunlops Gruppe von der Boston University ein entsprechendes auf der Cre-Rekombinase und dem licht-induzierbaren Protein Vivid (Vvd) basierendes System für E. coli.
Über Vivid verbunden
Dunlops Mitarbeiter teilten die Tyrosin-Rekombinase Cre, ein ursprünglich aus Bakteriophagen stammendes Enzym, in ein N-terminales- (nCre) sowie ein C-terminales-Fragment (cCre) auf. Die inneren Enden der beiden Fragmente verbanden sie jeweils mit dem aus Neurospora crassa stammenden Protein Vivid. Beleuchtet man Vivid mit blauem Licht, bildet es Homodimere, die sich im Dunkeln wieder trennen. Durch die Photo-Dimerisierung kommen nCre und cCre zusammen und erfüllen ihre Aufgabe: Sie schneiden ein spezifisches, von loxP-Motiven flankiertes DNA-Fragment aus einer Zielsequenz heraus und ermöglichen hierdurch die Licht-induzierte DNA-Rekombination.
Zunächst unterzog die Gruppe dieses sogenannte Opto-Cre-Vvd-System einem Qualitätscheck, um es weiter zu optimieren. Das Bostoner Team wollte insbesondere herausfinden, wie viel Zeit und (Licht-)energie für eine saubere, also komplette und spezifische Rekombination nötig ist und wo der Schnitt liegen sollte, um zwei möglichst effektive Cre-Fragmente zu erhalten. Als Reporter diente hierfür ein rotfluoreszierendes Protein (RFP), dessen Gen die Forscher hinter einen konstitutiven Promoter einfügten. Zwischen Promotor und RFP lagen zwei loxP-Stellen sowie ein Transkriptionsterminator, N- und C-terminale Teile von Cre waren jeweils an ein Vvd-Monomer geknüpft. Die Expression der Cre-Vvd-Fusionsproteine steuerte die Gruppe über einen IPTG-induzierbaren Promotor.
Optimale Schnittstelle gesucht
Für ihre Optimierungs-Experimente zogen Dunlop und Co. E. coli-Kulturen bis zur exponentiellen Phase heran, induzierten anschließend die nCre- sowie cCre-Expression durch IPTG und beleuchteten die Zellen schließlich in einem Light Plate Apparatus mit blauem Licht, um die Vvd-Homodimerisation auszulösen. Die Rekombinase-Aktivität der wiedervereinten Cre-Komponenten analysierte die Gruppe mithilfe einer PCR sowie der Fluoreszenzmikroskopie. An die optimale Schnittstelle für die beiden Cre-Fragmente tastete sie sich mithilfe von Strukturvorhersage-Programmen, Kristallstruktur-Informationen sowie Experimenten mit verschiedenen Split-Varianten heran.
Die besten Ergebnisse erzielte die Gruppe, wenn sie die Cre-Rekombinase an Aminosäure-Position 43 auftrennte, die exponentiell wachsenden Kulturen mit 100 µM IPTG versetzte und die exprimierten nCre-Vvd- beziehungsweise cCre-Vvd-Peptide mit blauem LED-Licht und einer Intensität von 120 µW/cm2 bestrahlte.
Wenn Sie das Cre-Split-System für eigene Rekombinations-Versuche nachbauen oder variieren wollen, finden Sie die nötigen Plasmide und Sequenzen auf Mary Dunlops Seite bei Addgene.
Andrea Pitzschke
Harald Zähringer
Sheets M. et al. (2019): Light-inducible recombinases for bacterial optogenetics. BioRxiv, DOI: 10.1101/786533