Editorial

Schonend, schnell und sichtbar

(09.01.2020) Nachhaltige Einschritt-DNA-Aufreinigung und Firmen­gründung mittels Crowdfunding – das Konzept der Kölner BioEcho Life Sciences präsentiert sich kreativ.
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Markus Müller und Frank Schäfer (rechts)

Herr Schäfer, eine gemeinsame Station in den Lebens­läufen von Ihnen und Ihrem Mit­gründer Markus Müller – Sie sind beide Molekular­biologen – ist Qiagen. Haben Sie sich dort kennen­gelernt und den Plan geschmiedet, zusammen eine Firma zu gründen?
Frank Schäfer: Ja, wir haben uns dort kennen­gelernt. Aber wir hatten da noch verschie­denste Pläne. Ich bin nach meiner Promotion zu Qiagen gekommen und habe dort 17 Jahre in verschie­denen Funktionen gearbeitet. Dann habe ich mein erstes Unter­nehmen gegründet, die Cube Biotech in Monheim. Dort bin ich relativ früh wieder ausge­stiegen und war dann drei Jahre in den USA. Die ganzen Jahre waren Herr Müller und ich immer in Kontakt. Als ich dann nach Deutsch­land zurück­gekommen bin, zeigte er mir seine Idee samt Business­plan. Das passte, und so sind wir zusammen auf Geld­suche gegangen und haben 2016 Bioecho gegründet.

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Ihre Investmentsuche ist bemerkenswert: Mit einer Crowdfunding-Kampagne haben Sie Anfang 2017 um Investi­tionen geworben. Von den angepeilten 500.000 Euro haben Sie 358.850 Euro erreicht. Warum Crowdfunding?
Schäfer: Wir haben verschiedenste Möglichkeiten evaluiert. Die Crowd­funding-Plattform Medifundo hat uns überzeugt, weil dort Leute aus der Biotech-Branche sitzen. Ein Vorteil von Crowd­funding ist, dass es nicht partizi­pierend ist. Sie erhalten ein Darlehen von Klein­investoren, ohne Firmen­anteile abzugeben. Der weitaus größere Vorteil ist aber die Marketing­wirkung. So sind wir für Inves­toren und auch andere Personen sichtbar geworden. Einer unserer Inves­toren ist heute unser Distributor für Benelux, das hat also wirklich gut geklappt. Am Anfang ist es mehr Aufwand, zum Beispiel die Erstellung des Videos. Aber das können wir ja auch für Marketing­zwecke nutzen.

In Ihrem Bewerbungsvideo bei Medifundo sprechen Sie davon, dass Sie 2019 bereits in die Gewinn­zone kommen wollen. Nun können Sie ja rück­blickend sprechen: Hat das geklappt?
Schäfer: Nein, dazu ist es leider nicht gekommen. Die Finanzierungs­suche und der Aufbau des Teams hat sich deutlich länger hinge­zogen, als wir uns das anfangs vorgestellt hatten. Die Entwick­lung der Produkte aus dem frühen Stadium zur Markt­reife konnte deshalb erst Anfang 2018 abgeschlossen werden. Dann galt es, Distri­butoren zu gewinnen und sie zu über­zeugen, unsere Produkte in signifi­kantem Volumen zu verkaufen. Alles hat sich also ein wenig verzögert.

In Ihrer Distributorliste fehlen zwei wichtige Märkte, China und die USA. Sind das Projekte für die Zukunft?
Schäfer: In China sind wir tatsächlich schon sehr aktiv, über einen Netzwerk­partner, der für uns in China unterwegs ist und zudem mit einem möglichen Distributor verbunden ist. Die wichtigsten Märkte dort sind Pflanzen- und Tierzüchtung, das läuft gut.

Und USA?
Schäfer: Mit 45 Prozent Marktanteil sind die USA ein bedeutender Faktor. Allerdings fokussieren wir uns momentan auf den europä­ischen Markt, auch aus Ressourcen­gründen. Aber wir haben mit einem großen, global operie­renden Biotech­nologie-Unter­nehmen, dessen Namen ich nicht nennen kann, einen Deal für 2020 ausgehandelt. Das wird ab diesem Jahr unsere Produkte weltweit unter dessen Marke vertreiben.

Sie bieten molekularbiologische Tools an, also zum Beispiel Kits zur DNA-Aufreinigung. Das machen andere Firmen auch. Was macht Ihre Produkte so besonders?
Schäfer: Unsere Produkte haben viele Vorteile. Wir haben die Single-Step-Techno­logie entwickelt, also eine Einschritt-Technologie. Die Reinigung von Nuklein­säuren funktioniert in einem einzigen Zentrifu­gations- oder Vakuum­schritt, in dem aus Lysat reine DNA gewonnen wird. Dadurch haben wir eine Zeit­ersparnis von derzeit etwa 80 Prozent gegenüber herkömm­lichen Techno­logien, wie sie Qiagen und eigentlich alle anderen anwenden. Damit einher geht eine deutliche Reduktion der Handling-Schritte und natürlich des Labormülls um etwa 70 Prozent. Eine weitere Beson­derheit ist, dass alles unter nativen, wässrigen, also nicht-giftigen Bedin­gungen stattfindet, denn wir nutzen keine chaotropen Hochsalz­lösungen oder orga­nische Lösungs­mittel. Dadurch, dass unsere Kits nur ein Drittel bis Viertel Volumen haben als herkömm­liche Produkte und außerdem keine Gefahr­stoffe enthalten, sparen wir auch Fracht­kosten.

Das heißt, das chemisch-physikalische Prinzip der DNA-Aufreinigung ist ein anderes als bei dem momen­tanen Standard mittels Silica?
Schäfer: Ja, es ist deutlich unterschiedlich. Wir starten ebenfalls mit dem Aufbruch der biologischen Proben, aber eben unter wässrigen Bedin­gungen und deutlich schneller. Das Lysat wird dann mit einer Reagenz versetzt, die Teil des Kits ist, und auf die Reinigungs­säule aufgetragen. Alles, was nicht gewünscht ist, also Zellbruch­stücke, Salze, Deter­genzien, Proteine, bleibt in der Matrix zurück, während die DNA eben nicht gebunden wird und durch die Säule fließt. Demnach ändert sich auch nichts am chemischen Status der DNA, kein Phasen­wechsel, wie er bei der Silica-Methode nötig ist, kein Waschschritt, kein weiterer Elutions­schritt. Die schonende Methode schlägt sich auch in den Fragment­längen nieder, die wir aufreinigen können.

Nennen Sie mal Zahlen.
Schäfer: Wir sind heute bei etwa 50 kb Fragmentlänge. Aber das ist nicht das Ende der Fahnen­stange. Wir haben Ideen, wie wir deutlich in Richtung 100 kb oder noch mehr kommen. Das ist mit Silica nicht möglich, da liegt die Grenze bei 20, 25 kb. Neben den DNA-Extrak­tionskits entwickeln wir aber auch RNA-Kits. Außerdem sind wir dabei, unsere Techno­logie zur Extraktion von Nuklein­säuren in Point-of-Care-Proze­duren zu etablieren, also für diagnos­tische Anwen­dungen. Bei den Themen Hoch­durchsatz und Auto­mation laufen etliche Projekte, die zum Beispiel vom BMBF gefördert werden. Und in den nächsten Monaten starten wir eine neue Finanzie­rungsrunde.

Es bleibt also spannend. Eine letzte, traditionelle Frage noch: Warum heißt Ihre Firma Bioecho?
Schäfer: Das ist historisch entstanden. Die ursprüngliche Idee, die Herr Müller noch bei Qiagen hatte, war, einen Service für außer­europäische Unter­nehmen aufzubauen, die in Europa Fuß fassen wollen. Für die hätten wir organisa­torische Dinge gemacht, Marketing, Vertrieb, so etwas. So wollten wir ein Echo für diese Firmen aus Asien und Übersee nach Europa ermöglichen.

Und dann haben Sie den Namen einfach gelassen, trotz abweichender Geschäftsidee?
Schäfer: Genau, die Marke war schon eingetragen, die Webseite gab es bereits in Grundzügen. Darauf haben wir aufgebaut. Wir sind mit dem Namen sehr zufrieden.

Die Fragen stellte Sigrid März


Steckbrief BioEcho Life Sciences
Gründung: 2016
Sitz: Köln im BioCampus Cologne
Mitarbeiter: 15
Produkt: molekularbiologische Technologien

Foto: Bioecho






Letzte Änderungen: 09.01.2020