Editorial

„We are big in peptides“

(26.03.2020) Fluch und Segen ist die aktuelle Coronakrise für den Peptidhersteller Peptides & Elephants. Schwierige Phasen hat die Firma auch früher schon gut überstanden.
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Nach fulminantem Start 2001 wenige Jahre später fast in die Insolvenz geschlittert, hat sich Peptides & Elephants wieder berappelt. 2007 stellte Laborjournal die Firma bereits vor (LJ 12/2007). Mittlerweile konzentrieren sich die Brandenburger um Mitgründer und Geschäftsführer Oliver Kreuzer auf die Synthese von Peptid-Bibliotheken.

Herr Kreuzer, es sind gerade aufregende Zeiten. Was hat sich bei Peptides & Elephants mit Covid-19 geändert?
Oliver Kreuzer: Wir werden vermutlich bald Probleme haben auszuliefern. Die Unis reduzieren ihren Betrieb oder schließen sogar ganz, dann gib es auch keine Warenannahme mehr.

Ich habe von anderen Firmen gehört, dass ihnen teilweise die Rohstoffe ausgehen und sie nichts nachbestellen können. Haben Sie ähnliche Probleme?
Kreuzer: Nein, wir sind auf die Synthese von Peptid-Bibliotheken spezialisiert. Deshalb haben wir sowieso eine gute Lagerhaltung. Wenn wir ein Kilogramm Aminosäuren bestellen, reicht das für ein knappes dreiviertel Jahr, je nach Auftragslage. Wir haben sogar Aufträge, die mit Corona in Zusammenhang stehen. Viele Wissenschaftler versuchen gerade, einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln. CureVac und Biontech zum Beispiel machen das über RNA. Aber der klassische Weg ist ja, dass man entweder mit inaktivierten Viruspartikeln oder mit vom Virus abgeleiteten Proteinen und Peptiden impft. Für die ganzen Charakterisie­rungsarbeiten werden Peptide benötigt, und die stellen wir her. So haben wir Kunden aus Italien und Deutschland, die in diesem Zusammenhang Peptide bestellt haben.

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Dann hat die Krise wenigstens etwas Gutes.
Kreuzer: Schon. Aber wenn wir nachher nicht ausliefern können … Wir sind ein kleines Unternehmen. Der Artikel im Laborjournal war damals ja mit „Kranker Dickhäuter schrumpft sich gesund“ überschrieben. Das war tatsächlich erfolgreich, immerhin sind wir mittlerweile im 19. Jahr seit der Gründung. Wir haben uns darauf spezialisiert, die damals von uns entwickelte Technologie zu nutzen, um als Dienstleister Peptide herzustellen. Wir leben von unseren Einnahmen von Monat zu Monat. Ein Monat Ausfall bedeutet schon ordentlich Bauchschmerzen. Deshalb sprechen wir auch mit Bank und IHK über Überbrückungskredite und andere Unterstützung.

Sie sprechen die von Ihnen entwickelte Technologie an. Was genau ist denn das?
Kreuzer: Wir haben einen Synthesizer entwickelt, der automatisiert und hochparallel Peptide synthetisiert. Das Besondere ist: Für jede Aminosäure gibt es eine Pipette, die von einem Roboterarm bedient wird. Weil jedes Reagenz ein eigenes Reservoir und Liefersystem hat, gib es keinerlei Kreuzkontamination.

Beim letzten Gespräch mit Laborjournal hatten Sie Ihren Synthesizer bereits an Protein Technologies verkauft. Was war passiert?
Kreuzer: Ich habe das Patent verkauft, nicht die gesamte Technologie. Nach dem Auslaufen des Förderprojekts hatten wir nicht ausreichend Geld, um die Firma in dieser Form weiterzuführen. Nur ich bin übrig geblieben und habe das Unternehmen dann ganz langsam wieder aufgebaut. Im Vertrag mit Protein Technologies haben wir uns die Nutzungsrechte an der Technologie gesichert, allerdings nicht, um Geräte herzustellen, sondern eben Peptide. Damit habe ich das Geschäftsmodell vollständig verändert.

Aber der Name Peptides & Elephants ist geblieben. Was haben Peptide mit Elefanten zu tun?
Kreuzer: Da gibt es viele Antworten. Die momentan von uns favorisierte ist: „We are big in peptides“. Aber der wahre Grund ist ein anderer. Ich habe damals bei Evotec in Hamburg gearbeitet. Mit einem Freund, der später auch Mitgründer von Peptides & Elephants wurde, war ich gern im Irish Pub im Afrikahaus unten im Hamburger Hafen. Dort gibt es einen sehr imposanten Eingang zu einem Bürogebäude, wo man zwischen zwei Elefanten durchgehen muss. Irgendwann habe ich dann mal gesagt: Ich hätte schon Lust, irgendetwas eigenes zu machen, und dann hätte ich mein Büro gern hier. Als wir dann zu viert in Berlin gegründet haben, war‘s das mit dem Elefanten-Eingang. Einer der Gründer sagte dann: Nennen wir die Firma Peptides & Elephants, dann haste deine Elefanten [lacht].

Und damit waren alle Mitgründer sofort einverstanden?
Kreuzer: Wir haben uns angeguckt und gesagt: Eigentlich ist das ein cooler Name. Den kann jeder Muttersprachler ohne Knoten in der Zunge aussprechen, wir sind ja international aufgestellt. Tatsächlich war der Name erst als Arbeitstitel gedacht. Aber damals half uns ein Coach beim Erstellen des ersten Businessplans und dergleichen. Er musste dann einmal sein Projekt, also uns, vorstellen und begann mit: „Das sind Peptides & Elephants, da ist der Name Konzept, die wollen klotzen, nicht kleckern.“ Das hat auch uns überzeugt. Außerdem darf man nicht unterschätzen, dass so ein Name den Menschen im Gedächtnis bleibt.

Das kann ich mir gut vorstellen, die Elefanten vergisst niemand so schnell.
Kreuzer: Genau. Mittlerweile spielen wir mit unserem Namen und nutzen ihn zur Vermarktung. Wir haben zum Beispiel zwei Comic-Elefanten entwickelt, Patricia und Edward, P und E, Peptides & Elephants. Die kommen etwa bei kurzen Mails zum Einsatz, die wir an unsere Kunden verschicken. Pat und Ed arbeiten gewissermaßen auch für uns.

Die Fragen stellte Sigrid März

 

Steckbrief Peptides & Elephants

Gründung: 2001
Sitz: Hennigsdorf
Mitarbeiter: sechs Festangestellte, vier Aushilfen sowie Pat und Ed
Produkt: Hersteller von Peptid-Bibliotheken

Bild: Peptides & Elephants, Martin Karcher







Letzte Änderungen: 26.03.2020