Editorial

Hinweise im Blut

(01.04.2020) Derzeit wird fieberhaft an Assays gearbeitet, mit denen man Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus nachweisen kann. Eine Möglichkeit ist ein zweistufiger ELISA.
editorial_bild

Das Mantra in der aktuellen Coronavirus-Krise lautet: „testen, testen und nochmal testen“. Wer ist infiziert und infektiös? Machen strikte Ausgehverbote überhaupt noch Sinn oder hat ein Teil der Bevölkerung die Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus (SARS-2) schon überstanden und ist immun gegen eine erneute Ansteckung?

Bei den gängigen Standardtests werden Nasenhöhlen-Abstriche mithilfe von RT-PCR oder isothermaler Amplifikation auf SARS-2 getestet. Diese Tests detektieren die RNA des SARS-2-Virus und liefern damit nur eine Moment­aufnahme des Infektions­geschehens. Sie geben keine Auskunft darüber, ob eine Testperson bereits von einer Infektion genesen ist und Antikörper gegen SARS-2 gebildet hat.

Dies kann man nur mit serologischen Antikörper-Tests herausfinden. Seropositive Personen sind nach der infektiösen Phase keine Gefahr mehr für andere und sind zumindest für einige Zeit immun gegen eine erneute Infektion. Sie könnten zudem als Antikörper-Spender für entsprechende Therapien dienen. Auch für Epidemiologen und Virologen wären Antikörper-Nachweise äußerst hilfreich. Mit ihrer Hilfe könnten sie den Infektionsverlauf besser verstehen und gezielter nach Impfstoffen und Medikamenten suchen.

Editorial

Spike und RBD

Florian Krammer beschäftigt sich schon seit einem Jahrzehnt mit Viren. Nach Biotechnologie-Studium und Promotion an der BOKU Wien ging er als Postdoc an die Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, und ist dort inzwischen Professor für Vakzinologie. Mit seinem Team entwickelte er einen serologischen SARS-2-Nachweis, der auf einem klassischen ELISA-Assay basiert. Als Antigen verwendet die Gruppe das vollständige Spike-Protein des Virus sowie dessen Rezeptor-Bindedomäne (RBD). Das Spike-Protein sitzt auf der Virus-Oberfläche und dockt an Rezeptoren von Lungen­epithelzellen an, wodurch es den Weg für das Eindringen des Virus in die Wirtszellen ebnet.

Krammers Mitarbeiter fusionierten die codierenden Sequenzen von Spike-Protein und RBD mit einem His-Tag und klonierten die Konstrukte in ein Expressions-Plasmid für Säugerzellen. Nach der Transfektion von HEK293F-Zellen mit dem Plasmid und einigen Tagen Kultivierung erntete die Gruppe die His-getaggten Proteine aus dem Zellüberstand und reinigte sie mithilfe von Nickel-Säulchen. Die Ausbeute für RBD war hierbei wesentlich höher als die für das vollständige Spike-Protein. Aufgrund der Abbaugefahr rät Krammers Team, die exprimierten Proteine innerhalb eines Tages zu verwenden oder bei -80 °C einzufrieren.

Zwei ELISAs nacheinander

Für einen sicheren Nachweis sollte man für den SARS-2-ELISA nicht nur die exprimierte Rezeptor-Bindedomäne als Antigen einsetzen, sondern danach in einem zweiten ELISA auch das vollständige Spike-Protein.

Für den ELISA-Assay mit RBD beschichtet man eine 96-Well-ELISA-Platte mit etwa 0,1 Mikrogramm des RBD-Proteinpräparats pro Well, blockiert mit PBS/Milchpulver und inkubiert danach für zwei Stunden mit dem aus Sicherheitsgründen bei 56 °C hitzeinaktivierten Serum oder Plasma der Testpersonen.

Nach dem Waschen wird zunächst ein mit Meerrettich-Peroxidase gelabelter Sekundär­antikörper (anti-Human-IgG-HRP) und nach einer weiteren Inkubationszeit und etlichen Waschschritten das übliche HRP-Substrat OPD (o-Phenylen­diamin­dihydrochlorid) zugegeben. Anschließend misst man die Signalstärke in den Wells. Eine Probe ist positiv, wenn das Signal eine anhand der Negativkontrollen und deren Standard­abweichungen festgelegte OD überschreitet.

Mit diesen als vorläufig positiv eingestuften Proben wird ein zweiter Bestätigungs-ELISA-Assay mit dem vollständigen Spike-Protein als Antigen durchgeführt. Zunächst beschichtet man die Platte mit dem Spike-Protein. Die weiteren Schritte laufen wie beim ersten ELISA ab, die Proben werden jedoch in mehreren Verdünnungs­stufen getestet. Insgesamt finden neben Positiv- und Negativkontrollen vierzehn Proben auf der Platte Platz. Von diesen wird vorab in einer separaten 96-Well-Platte eine stufenweise Verdünnungs­reihe angelegt. Anschließend überträgt man Aliquots der Verdünnung auf die ELISA-Platte. Inkubation, Waschen und Detektion laufen dann genau wie beim ersten ELISA-Test mit RBD als Antigen ab. Verdünnte Proben, die ein Signal über einem festgelegten Schwellenwert liefern, gelten endgültig als positiv.

Hoher Durchsatz

Krammers SARS-2-ELISA dauert zwar seine Zeit, der Durchsatz kann sich aber sehen lassen. Zudem können die nötigen Antigene effizient im größeren Maßstab hergestellt werden. Eine Einzelperson schafft den ersten ELISA mit zehn Mikrotiterplatten (760 Proben mit RBD als Antigen) vormittags und den zweiten mit wiederum zehn Platten (140 Proben in fünf Verdünnungsstufen mit dem Spike-Protein als Antigen) nachmittags. Die Gruppe verwendete für den Test nur ein übliches Plattenwaschgerät sowie einen Mikroplatten-Reader. Das Protokoll kann aber auch an einen automatisierten Arbeitsablauf angepasst werden.

Ein detailliertes Protokoll des SARS-2-ELISA-Assays stellt die Gruppe auf ihrer Webseite zur Verfügung.

Andrea Pitzschke

Amanat F. et al. (2020): A serological assay to detect SARS-CoV-2 seroconversion in humans. medRxiv, DOI: 10.1101/2020.03.17.20037713

Foto: Pixabay/AhmadArdity




Letzte Änderungen: 01.04.2020