Editorial

Schavan kippt die Zwölfender-Regelung!

Die Zwölfender-Regelung bestimmte, dass wissenschaftliche Mitarbeiter ab Diplom nur zwölf Jahre befristet beschäftigt werden dürfen. Schon bei der Einführung hatte es Proteste gehagelt. Im Frühjahr 2008 soll diese Regelung nun verschwinden.

(20.09.2006) Schavan kippt die Zwölfender-Regelung, und alles jubelt. Die Postdocs jubeln, weil sie ihre Tarzan-Existenz weiterführen und von Drittmittel- zu Drittmittel-Vertrag hüpfen können bis zum seligen Ende beziehungsweise zur Rente. Die Arbeitsgruppenleiter jubeln, weil sie eingearbeitete Postdocs, von denen sie sich etwas versprechen, weiterbeschäftigen können, bis sie sich nichts mehr von ihnen versprechen.

Wir jubeln nicht. Die Zwölfender-Regelung, das heißt die Bestimmung, dass wissenschaftliche Mitarbeiter ab Diplom nur zwölf Jahre befristet beschäftigt werden dürfen, war gut gemeint. Sie zwang Hochschulen und Nachwuchswissenschaftler dazu, die Qualifizierungsphase zügig voranzutreiben (...) Ferner verhindert die Regelung, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über unvertretbare Zeiträume in befristeten Beschäftigungsverhältnissen gehalten werden (Gesetzesbegründung Deutscher Bundestag).

In der Tat, das war der Vorteil der Zwölfender-Regelung: Sie zwang die Postdocs, sich beizeiten nach einer Alternative zum akademischen Betrieb umzusehen. Jetzt häufen sich an den Universitäten wiederum Massen von Messknechten an, deren Chancen auf eine feste oder wenigstens unabhängige Stelle bei zehn Prozent liegen, Tendenz sinkend. Und täuschen Sie sich nicht: Sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag zu hangeln, alle paar Jahre umzuziehen, alle paar Jahre das Arbeitsgebiet wechseln, ohne Aussicht auf Unabhängigkeit, aber mit dem Alter sinkenden Aussichten selbst im akademischen Betrieb - von der freien Wirtschaft ganz zu schweigen -, das geht auf die Nerven und belastet das Gemüt.

Gut, die Zwölfender-Regelung war nicht das Gelbe vom Ei: Eine bürokratische Einrichtung ersonnen von den Bürokraten des BMBF, die das Leben des Postdocs und der Universitätsverwaltungen noch schwieriger machte, deren rechtliche Konsequenzen unklar waren, und die zudem schlecht verkauft wurde.

Jedoch: Den Postdocs ging es vor der Zwölfender-Regelung nicht gut, es ging ihnen während dieser Regelung nicht gut (aber sie wurden wenigstens dauernd daran erinnert) und es wird ihnen auch nach dem Kippen der Zwölfender-Regelung nicht gut gehen: Es gibt zu viele Postdocs und es gibt zu wenige unabhängige und feste Stellen. Und weil sich die Finanzlage der Staates tendenziell immer mehr verschlechtert, wird sich diese Schere immer weiter öffnen.

Den einzigen Ausweg sehe ich in einem Vorschlag, den ich schon 1992 in "Forschen auf Deutsch" gemacht habe. Postdocstellen werden auf fünf Jahre vergeben. Sie sind unabhängig, das heißt der Postdoc kann forschen was er will und eigenständig publizieren. Der Institutsdirektor hält nur die Infrastruktur des Instituts am Leben. Vergeben werden die Postdocstellen allein nach den zuvor erbrachten Publikationen. Alter, Geschlecht etc. zählen nicht. (Details in "Forschen auf Deutsch", 4. Auflage, 2002).

Dieses System klingt brutal, aber es ist berechenbar, gerechter und vor allem: Es spornt an! Im übrigen ist das heutige System noch brutaler, man merkt es nur nicht gleich, und dazu bürokratisch, ungerecht und unberechenbar. Ob mit oder ohne Zwölfender-Regelung.

Siegfried Bär



Letzte Änderungen: 20.09.2006