Wer darf ins Labor?
(28.09.2020) Auch Heilpraktiker dürfen Laboranalysen machen und die Ergebnisse bewerten, so steht es im MTA-Gesetz – das soll jedoch bald reformiert werden.
Seit 1993 regelt das „Gesetz über technische Assistenten in der Medizin“, kurz MTA-Gesetz, die Ausbildung und Zuständigkeiten der medizinisch-technischen Assistentinnen und Assistenten und damit auch, wer ihre Arbeit, also Laboranalysen, durchführen darf. Was viele jedoch überraschen dürfte: auch Heilpraktiker dürfen laut Gesetz Blut und Urin ihrer Patienten im Labor unter die Lupe nehmen. Verständlicherweise ist Ärzteverbänden dieser Ausnahme-Paragraph schon lange ein Dorn im Auge.
Im Detail geht es um Laboranalysen zur Diagnostik von Krankheiten, die laut MTA-Gesetz nur von ausgebildeten MTA durchgeführt werden dürfen. Aber was wäre eine Regel ohne eine Ausnahme? Rein ins Analyselabor dürfen nämlich auch Heilpraktiker und Zahnärzte. Michael Heins vom Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) sagt dazu, dass diese Privilegien für Heilpraktiker im Zuge der Gesetzesreform jetzt endlich abgeschafft werden müssen. „Für den Berufsverband Deutscher Laborärzte ist klar: Heilpraktiker verfügen über keine den MTA vergleichbare Qualifikation. Es gibt keinen rationalen Grund für diese Sonderrechte“. Das schreibt sein Berufsverband auch in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf des MTA-Reformgesetzes.
Kaum im Labor zu finden
Allerdings fügt Heins hinzu, verschlägt es wohl kaum einen Heilpraktiker ins Labor: „Heilpraktiker können nicht Seite an Seite mit den medizinisch-technischen Mitarbeitern im medizinischen Labor arbeiten. Kein Laborarzt wird sie dafür einstellen“, so Vorstandsmitglied Heins.
Ins Labor wollen sie auch gar nicht, sagt Siegfried Kämper, Vizepräsident des Bundes Deutscher Heilpraktiker. „Die meisten Heilpraktiker schicken ihre Proben an Zentrallabore für klinische Diagnostik und lassen sie dort analysieren“, erklärt er.
Die Interpretation der Laborergebnisse obliegt dann aber wieder den Heilpraktikern. „Ich bekomme vom Zentrallabor die Analyseergebnisse zugeschickt und interpretiere sie dann selbst,“ bestätigt Kämper. Bei Fragen kontaktiere er aber auch schon mal die Laborärzte des Zentrallabors. BDL-Vorstand Heins sieht das generell kritisch und erklärt: „Theoretische Qualifikation und praktisches Wissen der Heilpraktiker reichen nicht aus, um Leistungen im medizinischen Labor anzuordnen und mit den Arbeitsergebnissen umzugehen.“
Unzulässig benachteiligt?
Kämper jedoch beteuert, dass alle künftigen Heilpraktiker sowohl die Methoden der Labordiagnostik kennen wie auch Ergebnisse interpretieren können müssen. Labordiagnostik stehe ganz oben im Curriculum sowie im Katalog für die bundeseinheitliche Prüfung für Heilpraktiker.
Ob das vergleichbar ist mit der Ausbildung, die eine MTA absolvieren muss? Eher nicht. In seiner Stellungnahme schreibt der BDL sogar von einer „unzulässigen Benachteiligung“ von MTA gegenüber Heilpraktikern aufgrund ihrer „mehrjährigen, spezialisierten Ausbildung in Verbindung mit vergleichsweise hohen Prüfungsanforderungen“.
Im Gegensatz dazu ist die Ausbildung von Heilpraktikern nämlich überhaupt nicht geregelt. Von Vollzeit-Präsenz- bis Teilzeitkurse an einer Fernschule, von vier bis 30 Monaten – alles ist möglich. Die Abschlussprüfung beim örtlichen Gesundheitsamt beinhaltet einen Multiple-Choice-Test, bei dem mindestens 45 von 60 Fragen richtig beantwortet werden müssen, und ein 30- bis 60-minütiges Gespräch mit einem Amtsarzt. In Österreich ist die Ausübung des Heilpraktikerberufs übrigens gesetzlich verboten.
Von Assistent zu Technologe
Die angepeilte Reform des MTA-Gesetzes könnte aber auch echte Neuerungen mit sich bringen. So sollen die MTA in Zukunft „Medizinische Technologinnen/Technologen“ heißen. Das trägt dem immer größeren Technologie-Anspruch Rechnung – schließlich führen MTA ihre durchaus komplexe Arbeit ja auch selbstständig durch und assistieren nicht, wie es die Bezeichnung „Assistent(in)“ vermuten lässt. Noch mehr Grund zur Freude dürfte die geplante Befreiung vom Schulgeld geben. Außerdem sollen die vier Fachrichtungen Laboranalyse, Radiologie, Funktionsdiagnostik (Untersuchen von Patienten mit medizinischen Geräten) und Veterinärmedizin weiterhin Bestand haben. Die Ausbildung soll also besser werden, dem Fachkräftemangel entgegenwirken und den MTA bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt geben.
Kathleen Gransalke
Foto: Pixabay/DarkoStojanovic