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Meganuklease statt Toxin

(10.11.2021) Die Gateway-Klonierung nutzt ein toxisches Gen für die Selektion intakter Klone. Mit einem kleinen Trick funktioniert sie – besser – auch ohne Toxin.
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Um ein Wunsch-Gen oder sonstiges Insert in einen linearisierten Zielvektor zu klonieren, stattet man beide mit kompatiblen Enden aus und ligiert sie miteinander. Hantiert man mit einer ganzen Handvoll Zielvektoren sind flexible Strategien wie die Gateway-Klonierung willkommen, mit denen man Gen-Kassetten zwischen Vektoren geschickt hin und her jonglieren kann – etwa um einen Promotor auszutauschen, einen Tag zu ersetzen oder die Position von Fusions­proteinen an N- oder C-Terminus zu wechseln.

Bei der Gateway-Klonierung präpariert man die Enden des gewünschten Inserts mit den Attachment-Motiven attL1 und attL2 und kloniert es dann zunächst in einen Entry-Vektor mit Kanamycin­resistenz-Kassette. Der hieraus resultierende Vektor wird anschließend mit einem beliebigen Zielvektor inkubiert, der immer gleich aufgebaut ist: Zwischen den Rekombinations-Stellen attR1 und attR2 enthält er eine Ampicillin­resistenz-Kassette, alle gewünschten Sequenz-Komponenten sowie das für ein toxisches Genprodukt codierende ccdb-Gen.

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Ein kleiner Unterschied

Versetzt man den Ansatz mit dem Enzym Lambda-Rekombinase rekombinieren attL1 und attL2 mit den dazu passenden Sequenzen attR1 beziehungsweise attR2 des Zielvektors. Hierdurch wechselt das toxische ccdb-Gen in den Entry-Vektor, während das Insert in den Zielvektor integriert wird. Schleust man den rekombinanten Zielvektor anschließend in ccdb-sensitive Bakterien ein, können nur Klone mit korrekt eingesetztem Insert überleben.

Allzu oft liefert die Gateway-Klonierung jedoch ernüchternd wenige Kolonien. George Churchs Gruppe von der Harvard University in Boston dachte sich deshalb eine optimierte Toxin-freie Gateway-Klonierung aus, die sich MegaGate nennt und Teil eines größeren genetischen Screening-Protokolls von Churchs Team ist (Cell Rep Methods, 1(6):100082 & Pressemitteilung).

Routine-Anwender des Gateway-Systems müssen sich nicht vollends umstellen – an den Entry-Vektoren sowie der Sequenz und Positionierung der vier Rekombinations-Stellen (attL1, attL2, attR1, attR2) ändert sich nichts. Der entscheidende Unterschied ist der Sequenz-Abschnitt zwischen den Rekombinations-Stellen attR1 und attR2 der Zielvektoren. Statt des ccdb-Gens enthält dieser bei MegaGate eine nicht-codierende Spacer-Sequenz mit zwei Erkennungs­stellen für die Meganukleasen  I-SceI und I-CeuI.

Bewusst gewählt

Inkubiert man Entry- und Destinations­vektoren mit der Rekombinase, landet das Insert des Entry-Vektors analog zum klassischen Gateway-Verfahren im Destina­tionsvektor und ersetzt die Spacer-Sequenz. Mit Letzterer gehen automatisch auch die Meganuklease-Restriktions­stellen verloren, korrekt rekombinierte Destinations­vektoren bleiben deshalb beim anschließenden Verdau mit I-SceI und I-CeuI intakt. Alle anderen werden in zwei Teile aus linarisiertem Vektor und Spacer-Abschnitt zerschnitten. Transformiert man E. coli mit den rekombinanten Zielvektoren wachsen auf einem entsprechenden Selektions­medium nur Kolonien mit korrekt eingebautem Insert.

I-SceI und I-CeuI wählte Churchs Team ganz bewusst aus. Ihre langen Restrik­tionsmotive kommen in natürlichen Genen nur sehr selten vor und im Doppelpack schon gar nicht. Sollte das Wunsch-Gen tatsächlich ein ISceI-Motiv tragen, verzichtet man auf dieses Enzym und nimmt die doppelte Menge I-CeuI.

Fast 100 % Effizienz

Die US-amerikanischen Forscher optimierten MegaGate mit Enzymen und Puffern von New England Biolabs. Sie sehen aber keinen Grund, warum die Technik nicht auch mit Konkurrenz­produkten funktionieren sollte. Alle Komponenten für die Reaktion werden zusammen in ein Gefäß pipettiert, das man in einem Thermocycler platziert. Zunächst erwärmt man die Probe eine Stunde auf 25°C, um die Rekombination in Gang zu setzen, erhöht danach die Temperatur für eine weitere Stunde auf 37°C für den Meganuklease-Verdau und erhitzt den Ansatz schließlich zwanzig Minuten auf 65°C, um die Enzyme zu inaktivieren.

Die Klonierungs-Effizienz von 99,8 Prozent kann sich sehen lassen. Bei einem 1 kB großen Gen sollten zwei Mikroliter des Transformations-Ansatzes zu etwa hundert bis dreihundert Kolonien führen. MegaGate ist mit den klassischen Entry-Vektoren der Gateway-Klonierung kompatibel und somit auch mit bestehenden pENTR-Bibliotheken. Eine ausführliche Anleitung zum Bau weiterer Destinations­vektoren inklusive Primer-Sequenzen für das Gibson-Assembly findet sich im Protokoll. Zur Spacer-Sequenz gibt es passende Primer, mit denen sich Destinations­vektoren in beiden Richtungen sequenzieren lassen.

Andrea Pitzschke

Kramme C. et al. (2021): MegaGate: A toxin-less gateway molecular cloning tool. STAR Protocols, 2(4):100907

Bild: Wyss Institute at Harvard University




Letzte Änderungen: 10.11.2021