Editorial

Doppel-Diagnostik
mit Bakterienvirus

(07.09.2022) Ein Reporter-Phage detektiert nicht nur Klebsiella pneumoniae in Blutproben, er identifiziert gleichzeitig wirksame Antibiotika gegen das Bakterium.
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Klebsiella pneumoniae (Kp) ist ein Bakterium mit vielen Gesichtern. Das nette zeigt es als Stickstoff­fixierer in der Landwirtschaft, das böse als Auslöser von Lungen­entzündungen. Je nach Region und Klima kursieren verschiedene Stämme des Pathogens – bis dato sind 80 K-Serotypen bekannt, die sich durch ihre Kapsel-Polysaccharide (CPS) voneinander unterscheiden. Die Kapsel-Polysaccharide schützen K. pneumoniae gegen die Abwehr­mechanismen der infizierten Wirtszellen, etwa Phagocytose, und erschweren zudem die Diffusion von Antibiotika in die Bakterien-Zelle. Es gibt jedoch Phagen, die spezifisch an die Polysaccharide binden und danach den Schutzwall überwinden, um Klebsiella zu infizieren. Simone Eckstein und ihre Kollegen vom Bundes­wehrinstitut für Mikrobiologie in München nahmen sich einen davon vor und modelten ihn zu einem diagnostischen Reporter-Phagen um.

Editorial

Luciferase zwischen Kapsid-Genen

Als Chassis für ihr Konstrukt verwendete die Gruppe den Phagen vB-PkP_Tun1 (Tun1), der spezifisch an die Kapsel-Polysaccharide des in Tunesien vorherrschenden Kp-Serotyps K64 bindet. Tun1 hatte Ecksteins Team 2021 aus K64-Proben von tunesischen Kliniken isoliert (BMC Microbiol, 21(1):186). Mittels Gibson-Assembly fügten die Münchener den Reporter-Phagen aus fünf überlappenden DNA-Fragmenten zusammen. Eines davon enthielt die Sequenz einer Luciferase (nLuc), die mit einer Ribosomen-Bindestelle fusioniert war. Die Gruppe positionierte dieses Fragment im zirkula­risierten Konstrukt zwischen den Kapsid-Genen, um eine möglichst hohe Expression zu erzielen.

Infizierte sie K64 mit dem rekombinanten Phagen, verursachte dieser jedoch keine Plaques in ausplattierten Bakterien. Die Forschenden vermuteten, dass das Konstrukt zu groß war und entfernten deshalb schrittweise alle unnötigen Sequenzen des Phagen-Genoms. Erst nachdem das Team das Genom des Reporter-Virus um 1,8 kb abgespeckt hatte, bildeten sich nach der Infektion mit dem Phagen Plaques auf dem Bakterien­rasen, die nach der Zugabe des Luciferase-Substrats Furimazin leuchteten.

Verzögertes Erscheinen

Das Detektions-System funktionierte also prinzipiell, die Bedingungen waren aber eher künstlich – in der klinischen Diagnostik geht es nicht darum, Nährmedien zu untersuchen, sondern Blut, Urin oder andere Proben. Dass Stoffe, die in diesen Proben enthalten sind, den Test nicht beeinträchtigen, zeigten Kp-spike-in-Experimente. Zwar tauchte das Lumineszenz-Signal im Fall von Blutproben verzögert auf, aber es erschien.

Der Phagen-Reporter ist sehr spezifisch – auf fünf getestete alternative K-Serotypen reagierte er nicht. Sein volles Potenzial zeigte er jedoch bei der Suche nach Antibiotika-Resistenzen. Dazu führte Ecksteins Mannschaft den Reporter-Phagen-Assay mit dem gegen Standard-Antibiotika (First-Line-Antibiotika) resistenten Stamm Kp 7984 durch.

Die Forschenden kultivierten Kp 7984 in Mikrotiter­platten in Gegenwart verschiedener Antibiotika-Klassen und beobachteten anschließend das Lumineszenz-Signal des Reporter-Phagen. Tatsächlich tauchte dieses nur in Wells mit Standard-Antibiotika auf, die Kp 7984 nicht am Wachstum hinderten. Mit dem Reporter-Phagen lässt sich also nicht nur K. pneumoniae nachweisen – er ermöglicht auch innerhalb von drei Stunden die Auswahl von wirksamen Antibiotika gegen das Bakterium.

Andrea Pitzschke

Braun P. et al. (2022): Recombinant reporter phage rTUN1::nLuc enables rapid detection and real-time antibiotic susceptibility testing of Klebsiella pneumoniae K64 strains. BioRxiv, DOI: 10.1101/2022.08.19.504497

Bild: Pixabay/neotam (Phage) & Pixabay/Clker-Free-Vector-Images (Stethoskop)





Letzte Änderungen: 07.09.2022