Editorial

Max-Planck-Gesellschaft will kein Promotionsrecht!

Die Universitäten fürchten um ihr "Alleinstellungsmerkmal" Promotionsrecht. Siegfried Bär versteht die Aufregung nicht.

(11.01.2008) Was macht eine Universität aus? Lehre auf hohem Niveau? Das leisten auch andere Institutionen: Die Leibniz-Institute, das DKFZ Heidelberg, die Max-Planck-Institute... Die Forschung? Geforscht wird von den erwähnten Einrichtungen in noch größerem Maßstab. Was also ist das Alleinstellungsmerkmal der Universität?

Es gibt drei und sie reichen zurück in die Anfänge der Universität im 12. Jahrhundert:

- Die Universität ist eine Zunft, sie besitzt zum Beispiel das Recht der Kooptation (die Zuwahl von Mitgliedern durch die übrigen Mitglieder einer Gemeinschaft).

- Die Universität verkauft Grade.

- Die Universität hat das Monopol auf die Grade.

Grade verkaufen natürlich auch andere Organisationen. Private "Business"-Schulen vergeben beispielsweise den Titel MBA. Bei den Scientologen kann man die zweifelhaften Grade "clear" und "thetan" erwerben. Die Grade der Universität sind der Doktor und die Habilitation, wobei letztere – Gott sei's gedankt! – vom Aussterben bedroht ist. Der wichtigste Grad der Universität ist also der Doktorgrad. Er ist auch ihr wichtigster Verkaufsartikel. Die danach Strebenden bezahlen mit mindestens drei Jahren schlecht entlohnter Arbeit und erhalten dafür Prestige. Letzteres hängt von der Doktorendichte ab, denn wertvoll ist nur, was selten ist. So hat das Prestige des Doktorgrades über die Jahrhunderte abgenommen, obwohl die Anforderungen eher zugenommen haben.

Der Doktorgrad soll zwar, so steht es in den Promotionsordnungen, die Fähigkeit zu selbstständigem wissenschaftlichen Arbeiten bescheinigen, im Grunde ist er jedoch nichts anderes als der "thetan" der Scientologen: Er verschafft in gewissen Kreisen Prestige. Deswegen wird der Doktorgrad den Medizinern ja auch nachgeworfen.

Der Doktorgrad ist also eine Einrichtung, die es erlaubt, aus Eitelkeit Münze zu schlagen beziehungsweise fleißige Arbeiter für wenig Geld zu bekommen. Verständlich daher, dass die Universitäten eifersüchtig über ihr Monopol auf den Doktorgrad wachen.

Weniger verständlich ist die Aufregung die sich kürzlich um die "MPG Research School" erhob, eine gemeinsame GmbH der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und der Universität Mainz. Grund des Anstoßes: Die "MPG Research School" soll das Promotionsrecht erhalten. Mehrere Zeitungen (zum Beispiel Forschung&Lehre!) und die Deutsche Physikalische Gesellschaft fürchten anscheinend, es sei der Anfang vom Ende des Promotionsmonopols der Universitäten, wenn das Promotionsrecht an eine Einrichtung außerhalb der Universität übertragen werde. Forschung&Lehre titelte sogar "MPG will eigenes Promotionsrecht" (Heft 1/08, S.5).

"Die MPG will kein Promotionsrecht!", behauptet der MPG-Pressesprecher dagegen – und vermutlich stimmt das auch. Einfach deswegen, weil die MPG keinen Vorteil von einem eigenen Promotionsrecht hätte: Auch ohne Promotionsrecht laufen die Doktoranden lieber zu den MPIs, als an den Universitäten zu bleiben. Die formale Promotion dieser Leute übernimmt ein Universitätsprofessor. Probleme gab es mit dieser Regelung selten und die MPG sparte sich die anfallende Bürokratie. Warum sollte sie das ändern wollen?

Zudem wird die geplante "MPG Research School" zwar aus der Universität ausgegliedert, aber sie ist dennoch mit der Universität verbunden. Die Universität Mainz ist ja einer der zwei Partner der GmbH. Die Mainzer Uni wurde auch nicht zu der GmbH gezwungen, sondern die Vereinbarung kam im Einvernehmen mit der MPG zustande.

Warum also soviel Geschrei um Nichts?

Mit der W-Besoldung ging es dem Professorenstand an das Einkommen. An Prestige wollen sie jetzt nicht auch noch verlieren. Der Verlust des Promotionsmonopols wäre ein Prestigeverlust, und daher liegen schon beim geringsten Anschein eines Vorstoßes in dieser Richtung bei den Standesvertretern die Nerven blank.



Siegfried Bär



Letzte Änderungen: 18.01.2008