Editorial

Hydrophilophob

Mehr Vesikel-Transport, wenn Fett und Wasser sich anziehen

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Transportvesikel

(26. Januar 2012) Bisher stellte man sich das wasserabstoßende Innere biologischer Membranen wie ein Öl vor, in dem die Membranproteine herumschwimmen. Biochemiker der Uni Heidelberg um Britta Brügger und Felix Wieland konnten zusammen mit Bioinformatikern der Uni Stockholm zeigen, dass ein bestimmtes Membranlipid spezifisch an ein Protein bindet. Das Lipid lagert sich dabei mit seinen hydrophilen und hydrophoben Abschnitten an das Protein an.

„In Säugermembranen können schätzungsweise 1.000 verschiedene Lipidspezies vorkommen“, erklärt Seniorautorin Britta Brügger. „Die Hauptlipidklassen sind Phosphoglycerolipide, Sphingolipide und Cholesterin.” Möglicherweise ist die Zusammensetzung der Lipidmembranen so komplex, weil die darin enthaltenen Proteine und Lipide spezifische Interaktionen mit unterschiedlichen Funktionen eingehen. Aus früheren Untersuchungen weiß man, dass in Membran-Transportbläschen zum Beispiel das Sphingomyelin 18 angereichert ist (J Cell Biol 2000, 151(3): 507-18). „Doch zu spezifischen Funktionen einzelner Sphingomyelin-Spezies gab es bisher keine Erkenntnisse”, ergänzt Brügger. „Das ist das Neue an unserer Arbeit.“

Membranbläschen oder Vesikel befördern in der Zelle Proteine und Lipide. Brügger und ihr Team fanden jetzt heraus, dass der Transport von sogenannten COPI-Vesikeln zwischen Golgi-Apparat und Endoplasmatischem Retikulum verstärkt wurde, wenn Sphingomyelin 18 an das Transportprotein p24  gebunden hatte (Contreras et al., Nature 2012, online vorab veröffentlicht, doi:10.1038/nature10742). Das Besondere an dieser Bindung ist, dass „elektrostatische und Van-der-Waals/hydrophobe Interaktionen beteiligt sind”, erläutert Brügger.

In der Transmembrandomäne des Proteins entdeckten die Forscher ein neues Bindemotiv, das eine Sphingolipid-bindende Tasche formt. Es kommt in ähnlicher Form in knapp 50 weiteren Membranproteinen von Säugern vor. Drei dieser Proteine, unter anderem die α-Kette des menschlichen Interferon γ-Rezeptors, interagierten in vivo tatsächlich mit einem Sphingolipid. Wurde die Bindedomäne von p24 in die Transmembrandomäne eines anderen Proteins verpflanzt, konnte es dadurch an Sphingomyeline binden. Interessanterweise ist die Transmembrandomäne von p24 in höheren Eukaryonten konserviert, nicht jedoch in Hefe, die kein Sphingomyelin herstellt.

Auf die Frage, in welche Richtung die Forschungsarbeiten weitergehen werden, antwortete Brügger: „Wir haben eine Reihe interessanter Proteinkandidaten zur spezifischen Bindung von Sphingolipiden identifiziert, unter anderem Proteine, die eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr spielen. Nun wollen wir verstehen, welche Konsequenz die Bindung einzelner Lipidspezies für die Funktion dieser Proteine hat.”

 

 

Bettina Dupont
Bild: zettberlin / photocase.com



Letzte Änderungen: 01.02.2012
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