Antikörper mit Lichtschalter

(05.02.2020) Mit optogenetisch gesteuerten Intrabodies lassen sich Proteine in der Zelle präzise an einen gewünschten Ort verschieben.
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Editorial

Methoden zur gezielten Kontrolle der Proteinaktivität oder von Protein-Wechsel­wirkungen sollen so genau wie möglich sein. Bei den gängigen Genregulations-Techniken, wie zum Beispiel konditionelle Genexpression, RNA-Interferenz oder Knock-in-/Knock-out-Systeme, hapert es aber sowohl an der räumlichen wie auch an der zeitlichen Genauigkeit. Eine akzeptable Auflösung in Raum und Zeit ist nur mit optogenetischen Werkzeugen zu erreichen. Diese wiederum haben ein anderes Manko: Die Zielproteine müssen überexprimiert werden, was zu unnatürlichen Signalen führen kann.

Der Biophysiker Vladislav Verkhusha von der Universität Helsinki fand einen interessanten Weg aus diesem Dilemma. Er kombinierte mit seinem Team sogenannte Intrabodies mit optogenetischen Elementen und erreichte hierdurch sowohl eine präzise räumliche und zeitliche Auflösung als auch eine hohe Spezifität.

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Gezieltes An- und Abschalten

Intrabodies sind rekombinante Antikörper-Fragmente, die in der Zelle exprimiert werden und mit hoher Affinität an darin enthaltene Zielproteine binden. Das I-Tüpfelchen wäre aber, wenn man sie gezielt an- und abschalten könnte. Verkhushas Gruppe verband hierzu verschiedene Intrabody-Typen mit licht-aktivierbaren optogenetischen Werkzeugen.

Zunächst fusionierte die Gruppe das bakterielle Photorezeptor-Protein Phytochrom (BphP1) mit einem GFP-markierten Intrabody (iB-GFP) und erhielt so einen mit Licht aktivierbaren Intrabody. iB-GFP bindet GFP-Proteine mit sehr hoher Affinität, jedoch nicht das Fluoreszenzprotein mCherry. BphP1 ist die lichtempfindliche Komponente eines optogenetischen Systems, das nach Aktivierung mit Nah-Infrarotem (NIR) Licht von 740 bis 780 Nanometern das Protein QPAS1 bindet.

Die finnischen Forscher beobachteten diese Wechselwirkung in HeLa-Zellen, die BphP1-iB(GFP), das membrangebundene gelbe Fluoreszenzprotein mVenus-CAAX sowie mCherry-QPAS1 coexprimierten. Im Dunkeln war das Fluoreszenz-Signal des mCherry-QPAS1-Konstrukts überwiegend im Cytoplasma nachweisbar. Nach dreiminütiger Belichtung von HeLa-Zellen mit NIR-Licht ging die Intensität des Signals im Cytoplasma jedoch um 25 Prozent zurück.

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Zur Membran gelotst

Was war passiert? Durch die Belichtung wurde BphP1-iB-GFP aktiviert und schnappte sich mCherry-QPAS1. Anschließend band der iB-GFP-Teil der Fusion an das membrangebundene mVenus-CAAX, wodurch mCherry-QPAS1 aus dem Cytoplasma an die Plasmamembran gezogen wurde. Mit dem lichtgesteuerten Intrabody war es also prinzipiell möglich, Proteine an ausgesuchte Stellen innerhalb der Zelle zu lotsen.

Um dies mit einem weiteren Protein zu testen, versahen die Forscher die Puro­mycin-N-Acetyl­transferase (PAC) mit einem EGFP-Tag (EGFP-PAC) und exprimierten das getaggte Protein in HeLa-Zellen. In diesen exprimierten sie zudem eine mCherry-QPAS1-Fusion mit einem Kernexport (NES)- und einem Kernimport (NLS)-Signal (NES-mCherry-QPAS1-NLS) sowie die Intrabody-GFP-Fusion BphP1-iB(GFP). NES und NLS sollten den Transport von mCherry zwischen Kern und Cytoplasma unterstützen, wobei das Gleichgewicht durch ein stärkeres NLS-Signal zum Kern hin verschoben war.

Wie erwartet verteilte sich EGFP-PAC mit dem daran gebundenen BphP1-iB(GFP) im Dunkeln gleichmäßig in Kern und Cytoplasma. Nach Belichtung führte die Wechselwirkung von BphP1-iB(GFP) mit NES-mCherry-QPAS1-NLS aber zu einem deutlichen Anstieg der EGFP-PAC-Konzentration im Kern. Durch die Interaktion der Moleküle war EGFP-PAC so schwer geworden, dass das stärkere NLS-Signal überwog und das Konstrukt im Kern gefangen war.

Blaulicht-Shuttle

Dieses Prinzip sollte aber nicht nur in eine Richtung funktionieren. Verkhusha und seine Mitarbeiter erweiterten ihr Intrabody-Konstrukt deshalb mit einem sogenannten iRIS-Shuttle, das sich mit zwei verschiedenen Lichtwellenlängen steuern lässt: iRIS reagiert sowohl auf Nah-Infrarot- als auch Blaulicht.

In diesem System ist QPAS1 an eine Blaulicht-empfindliche sogenannte Light-Oxygen-Voltage-Sensing Domain (LOV2-Domäne) mit NLS-Signal gebunden. Im Dunkeln ist die NLS-Sequenz hierdurch gesperrt und wird erst durch blaues Licht (aufgrund der Strukturveränderung der LOV2-Domäne) aktiviert, worauf sich iRIS im Kern ansammelt. NIR-Licht triggert die Wechselwirkung von QPAS1 mit dem membrangebundenen BphP1-Protein, wodurch das iRIS-Konstrukt aus dem Kern heraus, zur Membran gezogen wird.

Die Forscher kombinierten das iRIS-System mit einem GFP-markierten Intrabody gegen beta-Aktin (iB-actin). Mit dem Konstrukt (iRIS-B) gelang es den Finnen die Lokalisation und damit auch die Funktion von beta-Aktin gezielt zu beeinflussen. Im Dunkeln beobachteten sie überwiegend iB(actin)-Signale von cortikalem Aktin und Stressfasern, die unterhalb der Plasmamembran liegen. Nach Belichtung mit blauem Licht nahm das iB(actin)-Signal deutlich im Zellkern zu. Belichteten die Forscher dagegen mit NIR-Licht, verschwand das grüne Licht von den Stressfasern und war mehrheitlich an der Plasmamembran zu sehen. Mit dem iRIS-B-Intrabody konnte die Gruppe beta-Aktin also nach belieben in drei verschiedene Richtungen lenken: zur Plasmamembran, ins Cytoplasma oder in den Kern.

Miriam Colindres

Redchuk T. et al. (2020): Optogenetic regulation of endogenous proteins. Nature Communications, 11:605

Foto: Wikimedia/Mikewarbz (CC-BY-SA-3.0)